Baugewerbe im Kreis Ludwigsburg tut sich schwer mit Kalkulation Die Baupreise steigen und steigen

Von Michael Soltys
Das Lothar-Späth-Carré in Bietigheim. Die gesamte Branche hat mit steigenden Preisen für Material zu kämpfen. ⇥ Foto: Martin kalb

Preisentwicklung und Lieferprobleme setzen dem Baugewerbe zu. Neue Projekte sind nur schwer zu kalkulieren. Die Bietigheimer Wohnbau erwartet bald 7000 Euro Kaufpreis pro Quadratmeter.

Carsten Schüler, der Geschäftsführer der Bietigheimer Wohnbau, kann sich nicht erinnern, in den Jahrzehnten seines Berufslebens eine solche Entwicklung im Baugewerbe erlebt zu haben: Die Preise in der Branche steigen und steigen, und ein Ende ist nicht abzusehen, machte er im Gespräch mit der BZ deutlich. Angefangen hat es mit Holz, das vor etwa einem Jahr immer teurer wurde. Es folgten das Material für die Dämmung und die Kunststoffe. Insgesamt, so stellt Schüler fest, summieren sich die Preissteigerungen auf einen „hohen zweistelligen Prozentbereich“.

Doch das ist nicht das einzige Problem, das den Wohnbau-Chef drückt. Die Handwerker können nicht pünktlich arbeiten, weil sie selbst nicht pünktlich beliefert werden. Es ist kein Einzelfall mehr, dass die Bietigheimer Wohnbau sieben Monate auf eine Wohnungs-Eingangstür warten musste, die bei einem deutschen Lieferanten bestellt war. Selbst Standard-Parkett sei nicht lieferbar gewesen. Verschärft wird die Problematik durch den Personalmangel bei Handwerkern und Sub-Unternehmern. Ganze Kolonnen seien ausgefallen, weil die Mitarbeiter wegen Corona zu Hause bleiben mussten. „Das ist bis jetzt immer noch so“, sagt Schüler.

Wer trägt die Mehrkosten?

In terminliche Schwierigkeiten mit laufenden Projekten sei die Wohnbau bisher noch nicht gekommen. Doch die Kalkulation kommt durcheinander: Da die Wohnungen zu Festpreisen an die Kunden und Investoren verkauft werden, gingen Mehrkosten, die im Laufe der Fertigstellung entstehen, zu Lasten der Wohnbau. Oder auch zu Lasten der Handwerker, denen die Wohnbau nach Ausschreibungen Aufträge erteilt habe.

Die Preisspirale wird sich weiter drehen, ist Schüler überzeugt. Für ihn stelle sich die Frage, ob neue Projekte, beispielsweise im Lothar-Späth-Carré am Bietigheimer Bahnhof, noch zu marktgerechten Preisen erstellt werden können. Dort ist die Grenze von 6000 Euro pro Quadratmeter für Wohnbau-Projekte bereits jetzt überschritten. Schüler erwartet, das der Quadratmeter Mitte oder Ende nächsten Jahren auch 7000 Euro kosten werde, eine Grenze, die Konkurrenten auf dem Markt längst erreicht haben.

Gleichzeitig steigen die Zinsen für Baudarlehen, die Wohnung verteuert sich weiter. „Das geht dann gar nicht mehr“, sagt der Wohnbau-Chef. Der Krieg in der Ukraine habe bis jetzt noch keine erkennbaren Auswirkungen auf das Geschäft gehabt, allenfalls sei eine gewisse Verunsicherung bei der Kundschaft spürbar.

Hans-Martin Jäger sieht sich als freier Architekt mit einer ganz ähnlichen Problematik konfrontiert. Er betreibt in Bönnigheim mit seiner Frau und drei Angestellten ein Architekturbüro mit einem Schwerpunkt auf Ein- und Mehrfamilienhäuser.

Naturgemäß spielt die Diskussion über den Preis mit dem Bauherren immer eine große Rolle bei den Planungen. „Aber im Moment ist es sehr schwer, den Bau kostenmäßig zu fixieren“, sagt Jäger. Baukostenindex und Listen mit Durchschnitts-Preisen im Baugewerbe seien schon nach kurzer Zeit hinfällig. Handwerker begrenzten die Gültigkeit ihres Angebots auf 14 Tage und vermerken ausdrücklich, dass die Preise freibleibend seien, sich also schnell wieder ändern können. Schließlich dauert es oft Wochen, bis der Auftrag realisiert werden kann. Und das gesamte Projekt kann sich über anderthalb Jahre hinziehen.

Keine Gewähr für Preise

„Als Architekt fahre ich auf Sicht“, sagt Jäger deshalb, „eine Gewähr für die Preise kann ich nicht übernehmen“. Nach seinen Informationen sind seit September 2020 die Preise für Bauholz um das Dreifache gestiegen, von 350 Euro pro Quadratmeter auf etwa 1000 Euro. Baustahl kostet seitdem etwa 50 Prozent mehr, Betonmauerwerk etwa 25 Prozent und Isolierstoffe 40 Prozent. Sind die Projekte auf Seiten des Bauherren solide finanziert, ist das zwar ärgerlich, aber nach den Erfahrungen Jägers selten ein Problem. „Stand heute ist bisher alles sauber durchgelaufen“, stellt er für sich und seine Kundschaft fest. Vorsichtig wird er in der Beratung, wenn der Eigenanteil des Bauherren gering ist und die gesamte Finanzierung spitz gerechnet sei.

Die nächsten Wochen werden spannend, was die Preisentwicklung angeht, fürchtet der Bönnigheimer Architekt. Jäger hat vor allem die Preise für Gas und Öl im Blick. Denn Baustoffe wie Zement, Beton, Isoliermaterial oder Kunststoff haben einen hohen Energiebedarf, erläutert er. Seine Prognose deshalb: „Es wird ganz, ganz deutlich nach oben gehen.“

 
 
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