Die Bietigheim-Bissinger Tafel sucht Mitarbeiter Unterwegs mit den Montagsfahrern

Von Frank Ruppert
Friedrich Dürr (links) und Wolfgang Hofmann fahren ehrenamtlich für die Bietigheim-Bissinger Tafel. Sie steuern die Supermärkte in der Region an und sortieren schon vor Ort die Waren für den Tafelladen.⇥ Foto: Oliver Bürkle

Die Bietigheim-Bissinger Tafel sucht Ehrenamtliche, die im Laden helfen und die Touren (mit-)fahren. Die BZ hat zwei Mitarbeiter bei ihrer Arbeit mit dem Kühlfahrzeug begleitet.

Corona hat die Bietigheim-Bissinger Tafel gehörig durcheinander gewirbelt. Wegen der Enge im alten Tafelladen wurde der Mietvertrag gekündigt, derzeit ist der Laden in der Aula der Bissinger Jahnhalle beheimatet. Aber auch bei den ehrenamtlichen Mitarbeitern hat Corona nachhaltige Auswirkungen gehabt. „In der Regel haben wir ältere Mitarbeiter, die schon in Rente sind“, erklärt die Tafelleiterin Ingrid Brandl. Das führte bei Ausbruch der Pandemie erstmal dazu, dass die Mitarbeiter als Angehörige der Risikogruppe daheim blieben und jetzt wo sich die Lage etwas entspannt, kommen viele nicht mehr wieder. „Wir haben ein großes Personalproblem“, sagt Brandl.

Abfahrt um viertel nach Sieben

Neben dem Einsortieren, Herrichten und Verkaufen von Waren betrifft das auch die Fahrer und Beifahrer, die drei Mal die Woche die Supermärkte abklappern, um aussortierte Waren zur Tafel zu transportieren. Die BZ ist bei einer Tour mitgefahren:

Los geht es um 7.15 Uhr. Zwei Fahrer und zwei Beifahrer treffen sich auf dem Parkplatz der Jahnhalle in Bissingen. Dort werden zwei Kühlfahrzeuge bestiegen. Wolfgang Hofmann aus Besigheim und Friedrich Dürr aus Ingersheim bilden an diesem Tag ein Team. „Wir sind alle flexibel, gerade in der Ferienzeit wechseln die Teams durch“, sagt Hofmann. Er ist Frührentner und der Fahrer. Sein Beifahrer an diesem Tag ist Dürr, der eines der Gründungsmitglieder der Tafel ist. Dürr arbeitet auch im Tafelladen mit und springt dort ein, wo Not am Mann ist. Er ist Methodist und über die Schiene Teil der Tafel-Organisation geworden.

Mehrere Touren pro Tag

20 Fahrer und Beifahrer hat die Tafel derzeit. Drei Mal die Woche fahren zwei Fahrzeuge auf mehreren Touren durch die Umgebung von Bietigheim-Bissingen. Nach einer kurzen Begrüßung wird das Auto gecheckt, dann geht es schon los. Die erste Station ist der Hit in Bietigheim. „Die sind sehr vorbildlich und stellen uns die Sachen schon seperat an eine Ecke des Parkplatzes“, sagt Hofmann. Und tatsächlich steht ein großer Stapel an Kisten mit verderblicher Ware auf dem Parkplatz bereit.

Ein freundlicher Gruß an den Hit-Mitarbeiter und los geht es: Hofmann und Dürr müssen die Ware kontrollieren. „Wir haben auch unsere Vorschriften und dürfen bestimmte Sachen, die über das Verbrauchsdatum hinaus sind, nicht mitnehmen“, so Hofmann. Auch faules Obst sortieren die beiden schon vor Ort aus. „Wenn wir das mitnehmen, müssen es die Kolleginnen in der Tafel bei uns in den Müll schmeißen und das kostet die Tafel dann wieder Geld“, so der Besigheimer. Obwohl die beiden nicht immer zusammenfahren, klappt die Absprache gut und schnell ergänzen sich die Ehrenamtlichen wie eine geölte Maschine. Viele Trauben und sogar Baumkuchen hat der Hit der Tafel an diesem Tag zur Verfügung gestellt. Die beiden Ehrenamtler kommen bei der morgendlichen Arbeit schon ins Schwitzen. „Da ist man gleich warm geschafft“, lacht Hofmann.

Montags gibt es mehr Ware

Weiter geht es zum Aldi. Hier muss Dürr erst durch den Laden gehen und einen Ansprechpartner finden, während Hofmann routiniert die Laderampe ansteuert. Auch hier stehen wieder viele Kisten mit verderblicher Ware. Ebenso geht wieder viel mit. Einiges landet aber auch gleich im Mülleimer. „Am Montag sind es meist mehr Kisten als an anderen Tagen“, verrät Hofmann.

Er hatte sich nach seiner Frühverrentung dazu entschlossen, bei der Tafel mitzumachen, nachdem er eine Anzeige in der Rundschau gesehen hatte. Heute gehört es für ihn schon zum Alltag. „Anfangs wollte ich gar nicht montags, aber jetzt bin ich so was wie der Montagsfahrer“, erzählt er. Brandl erklärt, dass sich die Ehrenamtlichen ihre Zeit selbst einteilen können. Jeder könne sich so einbringen, wie es für ihn am besten ist. „Manche können nur ein paar Mal im Monat. Das ist auch okay“, sagt sie.

Der letzte Stopp der ersten Tour an diesem  Tag führt zum Rewe in Bietigheim. Dort warten sogar Molkereiprodukte auf die Mitnahme. Die Tafel-Mitarbeiter kontrollieren auch dort die Ware und wissen, dass sie manches gar nicht mitnehmen dürfen, weil es ihnen  nicht erlaubt ist, Sachen zu verwerten die das Datum „zu verbrauchen bis“ überschritten haben. Dennoch wandert eine Reihe an Molkereiprodukten und auch wieder Obst, Gemüse und Salate in das Kühlfahrzeug der Tafel. Ein neues übrigens. „Der Komfort ist schon größer jetzt, weil wir hier auch eine Klimaanlage drin haben“, so Hofmann. Um die Fahrzeuge zu fahren, genüge der herkömmliche Autoführerschein.

Kundenzahl hat sich verdoppelt

Nachdem alles bei Rewe eingeladen wurde, geht es zum ersten Mal zurück zur Tafel nach Bissingen. Auf der Fahrt dorthin, verraten Dürr und Hofmann, wie toll der Zusammenhalt bei den Ehrenamtlichen der Tafel funktioniert. „Ich habe dort nur nette Menschen kennengelernt“, sagt Hofmann als er langsam einparkt. In Bissingen warten schon andere Ehrenamtliche, die die Ware weiterverarbeiten und schließlich verkaufen. Die Stimmung ist gut, alle haben Spaß an der Arbeit, die so wichtig ist für etwa 150 Kunden, die die Tafel nutzen, weil das Geld nicht für einen Großeinkauf in einem Supermarkt reicht. „Im Vergleich zu meiner Anfangszeit vor siebeneinhalb Jahren hat sich die Kundenzahl verdoppelt. Damals kamen 60 bis 80 Kunden“, sagt Brandl.

Info Wer Interesse hat, bei der Tafel mitzuarbeiten, kann einfach vorbeikommen und sich das Arbeiten anschauen, ganz unverbindlich. Infos gibt es auch telefonisch unter der (07142) 7 78 58 95. Die Tafel hat in den letzten beiden Ferienwochen geschlossen, ansonsten ist sie montags, mittwochs und freitags von 10.30 bis 16 Uhr geöffnet.

 
 
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