Hochaltar in der Besigheimer Stadtkirche wird 500 Jahre alt „Das Irdische wird unbedeutend“

Von bz
Der Hochaltar in der Besigheimer Stadtkirche wird 500 Jahre alt. Mit mehreren Veranstaltung feiert die Kirchengemeinde das Jubiläum.⇥ Foto: Helmut Pangerl

Der spätgotische Hochaltar in der Stadtkirche wird 500 Jahre alt. Ein Blick in die Gesichter der Figuren zeigt die Aktualität der Darstellung.

In der Spätgotik entstand der filigrane Schnitzaltar, der heute noch ein Magnet in der Besigheimer Stadtkirche ist. 500 Jahre wird er alt in diesem Jahr. Dieser Geburtstag wird gleich mehrmals mit Aktionen und Veranstaltungen gefeiert, die den Altar ins Zentrum nehmen.

Leider ist der Künstler nicht bekannt, der einst den filigranen Schnitzaltar geschaffen hat, doch Vergleiche mit anderen Hochaltären, Kreuzigungsgruppen und anderen Vollplastiken lassen Rückschlüsse zu: Der Besigheimer Hochaltar ist sicher nicht einer unbekannten Werkstatt zuzuschreiben. Er ist das Wahrzeichen der Stadtkirche, Sinnbild für christliches Leben bis heute und ein Repräsentant dafür aus einer anderen Zeit. „Schaut man in die Gesichter der Figuren, dann wird gleich klar, dass die Gesten und Gedanken so aktuell sind wie eh und je“, macht Dekan Eberhard Feucht klar.

Ein Altar wie ein Buch

Das Thema des Altars hat Seltenheitswert bei den gotischen Hochaltären: Es handelt sich um eine Szene aus dem Leben des Heiligen Cyriakus. Die Predella, der Unterbau, zeigt die Vorfahren Jesu, David und Bathseba, als leibliche Vorfahren, Salomo und die Königin von Saba als geistliche Vorfahren. Auf den Flügeln spielt sich Jesu Leben ab, beispielhaft symbolisiert durch die Geburt als Ankunft und Aufbruch. „Man kann diesen Altar lesen wie ein Buch. Erst wenn man davor steht, werden Bilder mit Inhalt gefüllt und man sieht direkt, welche caritativen Momente sich hier abspielen“, erklärt Dekan Feucht.

Seit 500 Jahren schauen sich Menschen, die die Stadtkirche besuchen, vor allem aber den Mittelschrein an mit Arthemia, Cyriakus und den beiden Johannes. Dargestellt ist, was Kirche eigentlich ausmacht: helfen und heilen. Im Mittelfeld bleibt der Blick automatisch am Kopf der Kaisertochter hängen. Die Hybris des Vaters, der Hochmut und der Größenwahn, übertragen sich auf sie.

Kunstvoll drapiert

Was die Plastiken so wertvoll macht, ist schon allein die Drapierung der Gewänder. Die Art und Weise, wie hier die Falten fallen, zeigt dem Experten, aber auch dem interessierten Laien die Qualität dieses Hochaltars. Das gotische Kunstwerk aus Holz verschmilzt mit der gotischen Stadtkirche zu einer Einheit, die bis heute den Geist der Gotik verkörpert mit feingliedrigem Gesprenge – so heisst der Holzaufbau, der wie Äste in den Himmel übergeht. „Das Irdische löst sich auf, wird unbedeutend beim Blick zum Himmel“, bringt Eberhard Feucht in Erinnerung, was die Gotik ausmacht.

Weil die evangelische Kirchengemeinde diesen Hochaltar liebt und schätzt, feiert sie seinen besonderen Geburtstag gleich mit mehreren Aktionen, die sich über das Jahr verteilen. Im Januar fand bereits eine musikalisch geführte Ausstellung statt. Der Maler Wolfgang Kern aus Ludwigsburg zeigte seine Arbeiten anlässlich des 500-jährigen Geburtstags, musikalisch begleitet von Tobias Horn, Bezirkskantor des Evangelischen Kirchenbezirks Besigheim und Dirigent der Kantorei der Karlshöhe.

Weitere Feierlichkeiten soll es in den kommenden Monaten geben. Ganz nah an den Hochaltar können Neugierige im August rücken, wenn der Altar im Mittelpunkt einer Sommerpredigtreihe steht. Das Thema lautet: Der Altar und seine Botschaft – theologische Aspekte. Die Bevölkerung hat am Sonntag, 25. Oktober, 19 Uhr, Gelegenheit zur Information, wenn der Besigheimer Altar aus der Sicht eines Sachverständigen erläutert wird. Kirchenrat Reinhard Lambert Auerr stellt Szenen auf dem Altar vor. Er ist Landeskirchlicher Kunstbeauftragter.

Historische Eindordnung

Im November geht es gleich zweimal hinein in die Geschichte des Besigheimer Hochaltars: Am Dienstag, 17. November, 19.30 Uhr, wird Dr. Erwin Frauenknecht vom Landesarchiv Baden-Württemberg den Hochaltar zeitgeschichtlich einordnen. Der Titel des Abends, der um 19. Uhr beginnt „...zwischen Baden, Habsburg und Württemberg – Besigheim um 1520.“

Lyrik, kräftige Prosa und ein Ausflug in die Manuale der Kirchenorgel erwartet die Besucher am Sonntag, 29. November, 19 Uhr, in der Stadtkirche unter dem Motto „...und wohnte unter uns – 500 Jahre Besigheimer Hochaltar“. Pfarrer Dr. Peter Haigis ist für Texte zum Thema zuständig. Peter Schleicher von der Musikhochschule Stuttgart und Rottenburg spielt dazu an der Orgel.

 
 
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