Katerina Mavromichali macht auf Autismus aufmerksam Zu Fuß von London nach Souroti

Von Rena Weiss
Katerina Mavromichali (rechts) wandert von England nach Griechenland, um auf Autismus aufmerksam zu machen. Aktuell ist sie bei Anthi Melakis, die sich ebenfalls für „Future for Autism“ einsetzt, in Bietigheim-Bissingen zu Gast. Foto: Martin Kalb

Um Autismus in all seinen Facetten in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken, wandert Katerina Mavromichali von England nach Griechenland. Aktuell ist sie in Bietigheim-Bissingen.

Schritt für Schritt geht Katerina Mavromichali voran, in ihrem Leben, in ihrem Wunsch nach einer Organisation für Autisten und Angehörige, aber vor allem bei ihrer Spendenkampagne. Denn die 39-Jährige wandert von London, England, nach Souroti, Griechenland – rund 2500 Kilometer. Seit 26. August ist sie unterwegs und verbringt aktuell ein paar Tage in Bietigheim-Bissingen.

„Ich bin Mutter von vier Kindern und meine beiden ältesten Kinder sind autistisch.“ Die in London lebende Griechin habe dadurch erlebt, wie viele unterschiedliche medizinische Ansichten es zu Autismus gebe und weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig das für Familien sein könne. „Es wird alles in einen Topf geworfen, aber jedes Kind ist unterschiedlich“, das merke sie bei ihren eigenen Kindern, deren Autismus sich ganz unterschiedlich zeige. Was ihr half, waren Gespräche und Treffen mit anderen betroffenen Eltern. „Das gab mir viel Kraft und Mut.“

Kritik an Engstirnigkeit

Was sie jedoch kritisiere, sei die Engstirnigkeit mancher Mediziner, die sich schwertun, andere Meinungen und andere Herangehensweisen zu akzeptieren, sagt Katerina Mavromichali. Viele Eltern forschten selbst nach und seien frustriert, wenn diese Meinungen beim behandelnden Arzt kein Gehör finden. „Das zerstörte meine Familie“, sagt sie ganz offen. Denn während sie nach einer Behandlung, ja gar nach einer Heilung suchte, sei ihr Mann davon überzeugt, dass sich die Familie mit der Diagnose abfinden müsse. „Denn das ist es, was die meisten Ärzte sagen werden“, schildert die 39-Jährige ihre Erfahrung. „Sie sagten mir, meine Kinder werden nie reden und nie laufen, aber ich wollte nicht aufgeben und Antworten finden.“ So begann ihr langer Weg.

Das Ziel ist „Future for Autism“. „Diese Organisation soll erforschen, was wir bereits über Autismus wissen, was Autisten helfe und was nicht.“ Einen Namen mit passender Homepage gibt es bereits: ,,Future for Autism‘‘. Damit die Organisation wachsen kann, helfe ihr der Spendenlauf. Über eine Online-Plattform sammelt Katerina Mavromichali Gelder, um ihren Traum zu verwirklichen. „Ich fand es jedoch nicht fair, einfach so Geld anzunehmen“, sagt sie selbst und kam auf die Idee, von London nach Souroti zu laufen.

Kontakte knüpfen

Dabei nutze sie ihren Lauf von England nach Griechenland, um mit anderen Menschen und Autismus-Spezialisten in Kontakt zu kommen. Doch: „Viele Eltern sprechen nicht über Autismus, sie wollen nicht mal das Wort aussprechen und isolieren sich dadurch.“ Autismus sei jedoch nicht immer so, wie es im Fernsehen und in Filmen dargestellt wird. „Ich hatte bereits abgebrochene Zähne, kaputte Brillen, Kratzer am ganzen Körper“, erzählt die Londonerin ganz offen, wie ihre neunjährige Tochter und ihr siebenjähriger Sohn durch ihre Erkrankung ihr gegenüber gewalttätig wurden. Sie habe von jungen Erwachsenen gehört, die an der Entwicklungsstörung leiden, die mit 20 Jahren noch eine Windel tragen müssen. „Das ist keine andere Art und Weise, die Welt zu betrachten, wie uns oft eingeredet wird, das ist eine Behinderung und Entwicklungsstörung.“ Aber, und das betone sie, das sei es eben nicht für jeden Autisten und daher könne auch der Umgang nicht mit allen gleich ablaufen. Dafür kämpfe sie und dafür soll „Future for Autism“ stehen.

Kinder sollen selbstständig sein

„Der Autismus meiner Kinder ist ein Segen und Fluch zugleich“, findet Katerina Mavromichali. Sie habe dadurch viel über sich selbst erfahren und auch über ihre Kinder. „Meine Kinder sind fantastisch! Und wenn ich sage, ich möchte ihnen helfen, dann meine ich damit, dass ich Autismus heilen möchte.“ Doch dafür werde sie oft kritisiert. Ihr werde vorgeworfen, sie habe ihre Kinder nicht akzeptiert und wolle sie verändern. „Ich möchte sie in keiner Weise verändern“, sagt die 39-Jährige, „sie sind kreativ, sensibel, liebevoll, haben wundervolle Eigenschaften und kommunizieren ohne Worte – was magisch ist.“ Doch sie möchte für ihre Kinder, dass sie alleine auf die Toilette gehen können, alleine essen können, Freunde finden können, sie für sich selbst sorgen können und damit unabhängig sind. „Viele Eltern fragen sich, was passiert mit meinen Kindern, wenn ich sterbe?“ Diese Frage sei es, was Katerina Mavromichali antreibe.

Hilfe erhalte sie dabei von zwei Frauen: Evi Sepetsidou und Anthi Melakis. Evi Sepetsidou ist Deutschlehrerin und Sonderpädagogin aus Griechenland. Sie ist Mutter von zwei Kindern, eines davon ist Autist. Das war auch der Grund für sie, sich mit der Sonderpädagogik zu befassen und Vorstandsmitglied bei „Future for Autism“ zu werdem. Ihr Ziel ist es, durch die Organisation Kindern und Jugendlichen im Spektrum die Möglichkeit zu bieten, ihren Alltag zu verbessern, ihre Fertigkeiten und Fähigkeiten zu entfalten und dadurch einen Beruf zu erlernen und ausüben zu können. Prägende Jahre ihrer Kindheit habe sie in Bietigheim-Bissingen verbracht. Die Hälfte ihrer Familie lebt in der Stadt und im Umkreis und sie komme immer wieder gern zu Besuch.

Waffelverkauf für Wohnmobil

Die dritte Frau im Bunde, Anthi Melakis, lebt in Bietigheim-Bissingen. Sie besitzt ein Nagelstudio in der Bietigheimer Altstadt, dort findet am Samstag auch ein Waffelverkauf für „Walking for Autism“ statt. Mit diesem Waffelverkauf möchten Melakis und Mavromichali Geld, für einen Wohnwagen und Fahrer sammeln. Während Mavromichali die Strecke weiterhin läuft, trifft sie jeden Abend den Fahrer am Wohnwagen und kann dort ihre Sachen trocknen und schlafen und am nächsten Tag weiterziehen. Der Waffelverkauf findet an diesem Samstag, 10. Oktober, von 9 bis 13 Uhr im Nagelstudio „Be Happy“ von Anthi Melakis statt, Neue Straße 1 in Bietigheim.

Melakis arbeitet außerdem als städtische Kinderbetreuerin für die Grundschule im Buch und in der Mensa der Gustav-Schön-Leber Schule. Dadurch hat sie Erfahrungen im Umgang mit Inklusionskindern. „Kinder sind unsere Zukunft, ich möchte sie gerne glücklich sehen, egal welcher Herkunft, Nationalität oder Krankheit. Alle haben ein Recht darauf, glücklich zu sein“, sagt Melakis.

Mit ihrer Hilfe hofft Mavromichali in Bietigheim-Bissingen Spenden für einen Mietwohnwagen zu sammeln. Damit könne sie schnell weiter nach Österreich, in die Slowakei, Serbien, Bulgarien und letztlich nach Griechenland, wo sie im Dezember ihren Spendenlauf beenden möchte. Denn Weihnachten möchte die Londonerin gerne mit ihren Kindern verbringen, die aktuell beim Vater leben, und für die sie diese Strapazen überhaupt auf sich nimmt.

www.futureforautism.org

 
 
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