Ukraine-Flüchtlinge Mutter flieht mit Kindern von Kiew nach Bietigheim

Von Petra Neset-Ruppert
Für Katja Dupletsa und ihre beiden Kinder Sascha und Anna ist noch nicht klar, wie es weitergeht. Doch die Ukrainerin weiß: Soll schnell wird sie in ihre Heimat nicht zurückkehren können. Sie möchte schnell Fuß fassen hier in Bietigheim.⇥ Foto: Martin Kalb

Immer mehr Geflüchtete aus der Ukraine kommen im Kreis an. Meistens kommen sie erst einmal Privat unter. So auch eine Mutter mit zwei Kindern, die nun in Bietigheim ist. Doch wie geht es dann weiter?

Wenige Stunden nach Kriegsbeginn sind wir aus Kiew geflohen und zu den Großeltern meines Mannes in die Karpaten gefahren“, erzählt Katja Dupletsa. Sie ist eine der Menschen aus der Ukraine, die jetzt im Kreis Ludwigsburg Zuflucht gefunden haben. Mit zwei kleinen Kindern kam sie mit dem Auto über Polen nach Deutschland. Ihre Freundin Liuba Smolska, die bereits wenige Tage nach Kriegsbeginn Spenden und Hilfsgüter für die Menschen in der Ukraine organisierte (die BZ berichtete), hat sie nun privat bei sich aufgenommen.

Das sei auch momentan der Standard, wie ukrainische Flüchtlinge im Kreis ankämen, sagt Dr. Andreas Fritz von der Pressestelle des Landratsamts. Deshalb würden die Geflüchteten direkt bei den Städten und Gemeinden angemeldet. Von rund 120 Fällen dieser privaten Unterbringungen im Kreis wisse das Landratsamt. „Doch nicht alle Fälle sind erfasst. Vermutlich sind schon mehr Menschen hier angekommen“, so Fritz.

In Bietigheim seien bis jetzt (Stand 9. März) 25 Personen registriert, die aus der Ukraine flüchteten. Bisher seien alle privat untergekommen. „Die Stadt hat in ihren Obdachlosenunterkünften entsprechende Kapazitäten. Allerdings gibt es auch zahlreiche Wohnungsangebote aus der Bürgerschaft, die wir vorrangig nutzen möchten“, erklärt Anette Hochmuth vom Presseamt der Stadt Bietigheim-Bissingen. Für die private Unterbringung übernimmt die Stadt jedoch keine Kosten. „Die Stadt bittet darum, keine Geflüchteten auf eigene Veranlassung nach Bietigheim-Bissingen zu bringen. Jede Aktion sollte im Voraus koordiniert werden, damit tatsächlich geeigneter Wohnraum zur Verfügung gestellt werden kann“, betont Hochmuth.

Unterbringung nicht nur privat

Auch in Sachsenheim sind bereits elf Geflüchtete privat untergekommen. Für elf weitere Personen bietet die Stadt nun eine kommunale Unterbringung an, dann seien aber nur noch wenige Einzelplätze in den städtischen Unterkünften in Sachsenheim verfügbar, erklärt Nicole Raichle von der Sachsenheimer Pressestelle. Auch in Sachsenheim übernimmt die Stadt „keine Haftung oder Entschädigung für entstehende Kosten“ bei der privaten Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine.

„Ich glaube, der Krieg in der Ukraine wird noch lange andauern. Deshalb muss ich jetzt sehen, wie es hier für mich in Deutschland weitergeht. Ich würde sehr gerne hier als Friseurin arbeiten. Das habe ich die vergangenen drei Jahre in der Ukraine gemacht“, erzählt die Geflüchtete Dupletsa. Doch ob und wie schnell sie arbeiten kann, hängt auch davon ab, wie schnell sie für ihren viereinhalbjährigen Sohn und ihre eineinhalbjährige Tochter einen Betreuungsplatz finden könne.

Anette Hochmuth erklärt dazu: „Im ersten Schritt sollen die Geflüchteten in Bietigheim-Bissingen ankommen und Ruhe finden. Dann werden wir den Bedarf abfragen. Und falls Eltern dies für ihre Kinder in Anspruch nehmen möchten, werden wir versuchen, dies zu ermöglichen.“ Die Stadt Sachsenheim hat bezüglich der Kinderbetreuung auch noch keine Anfragen von Geflüchteten erhalten.

Dupletsa berichtet, dass sie auf ihrer Flucht immer wieder davon überwältigt worden sei, wie hilfsbereit die Menschen in Deutschland seien. „Bevor wir nach Bietigheim kamen, haben wir eine Nacht in Leipzig bei Bekannten verbracht. Die haben nicht lange gefackelt und uns sofort mit allem Nötigen ausgestattet“, erzählt Dupletsa. Viel eingepackt habe sie nicht, als sie aus Kiew flohen, deshalb sei sie dankbar für die Kleiderspenden für ihre Kinder.

Viel Mitgefühl

Ein Moment auf der Flucht habe sich ihr besonders eingeprägt. „Ich war auf der Autobahn unterwegs und dort hingen an der Seite Plakate ‚We stand with the Ukraine’. Da musste ich weinen. Die Menschen haben uns wirklich so viel Mitgefühl entgegengebracht und waren immer freundlich zu uns“, sagt die 36-Jährige.

Mit ihrem Mann Vladimir, der in der Ukraine bleiben musste, ist sie in täglichem Kontakt. „Noch muss er nicht kämpfen, weil er keine militärische Ausbildung hat. Ich hoffe, dass er auch nicht in die Kampfzone muss“, erzählt sie unter Tränen. Die Flucht nach Deutschland sei ihr nicht leicht gefallen, doch weil sie um das Leben ihrer Kinder in Sorge war, habe sie sich auf den Weg gemacht. Ihren Mann zurückzulassen sei schwer für sie gewesen.

Unterstützung für Geflüchtete aus der Ukraine

Die Geflüchteten aus der Ukraine können über das Landratsamt Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beantragen, sofern sie über kein Einkommen und Vermögen verfügen. Die Ausländerbehörde entscheidet individuell, ob die Geflüchteten arbeiten dürfen. „Grundsätzlich dürfte eine Erwerbstätigkeit aber wohl erlaubt sein“, heißt es aus dem Landratsamt.Falls die Geflüchteten keine eigene Krankenversicherung haben, wird ihnen Krankenhilfe gewährt, auch wenn sie privat untergebracht wurden. Eine Haftpflichtversicherung besteht für Geflüchtete von Seiten des Landratsamts hingegen nicht.

 
 
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