35:24-Sieg bei Ferencvaros Budapest Bietigheimer Überraschungscoup in Ungarn

Von Andreas Eberle
Sieben Würfe, sieben Treffer: Rückraumspielerin Julia Maidhof war am Samstag beim 35:24-Sieg der SG BBM Bietigheim in Erd bei Budapest besonders effektiv. ⇥ Foto: Marco Wolf

Die SG BBM feiert mit dem 35:24 beim FTC-Rail Cargo Hungaria den ersten Sieg in der Champions League seit 363 Tagen. Maidhof und Lauenroth treffen am besten. Trainer Gaugisch ist stolz auf sein Team.

Die letzte Aktion in den letzten Sekunden war das Sahnehäubchen und krönte am Samstag die Handball-Gala der SG BBM Bietigheim beim Ferencvaros TC (FTC) Rail Cargo Hungaria: Kapitänin Kim Naidzinavicius schaufelte den Ball aus dem Handgelenk von unten in den Kreis, und Antje Lauenroth veredelte das geniale Zuspiel per Kempa zum 35:24-Endstand. Nach sechs Pleiten in Serie haben die Bietigheimerinnen zum Abschluss der Hinrunde den ersten Erfolg in der Gruppenphase eingetütet und so ihre Chance aufs Weiterkommen gewahrt. Es war der erste Triumph in der Königsklasse seit 363 Tagen.

„Heute ist ein guter Tag für uns. Endlich hat sich mein Team auch in der Champions League für seinen Aufwand belohnt“, sagte Trainer Markus Gaugisch nach dem Überraschungscoup in Erd nahe Budapest. Mit 2:12 Punkten steht der Bundesliga-Zweite allerdings nach wie vor auf dem letzten Platz der Gruppe A. Um in die K.o.-Runde einzuziehen, muss die SG in dem Achterfeld zumindest zwei Klubs hinter sich lassen.

Zuschauer in Ungarn erlaubt

Im Gegensatz zum Profisport in Deutschland, der im November ohne Publikum auskommen muss, sind in Ungarn Zuschauer bereits wieder erlaubt. 700 Fans verfolgten in der 2200 Besucher fassenden Halle in Erd die Begegnung. Zumindest in der ersten Hälfte unterstützten die Ferencvaros- Anhänger ihre Mannschaft noch mit Sprechchören und aufmunterndem Klatschen. In der zweiten Hälfte, als die Dominanz der SG BBM immer größer wurde, stellten sie ihre Unterstützung ein – und die Stimmung war dann tatsächlich wieder so wie bei einem Geisterspiel. Umso euphorischer fiel nach der Schlusssirene der Bietigheimer Jubel aus.

In den 60 Minuten stellte die Spielgemeinschaft die europäische Handball-Welt ein Stück weit auf den Kopf. Nicht der Favorit aus Ungarn präsentierte sich wie eine internationale Spitzenmannschaft, sondern der Außenseiter von der Enz. Mit einer aggressiven Deckung nahm die Gaugisch-Sieben, die erneut ohne die angeschlagene Rechtsaußen Amelie Berger auskommen musste, dem FTC die Lust am Spielen. Für viel Entlastung im Innenblock sorgte Neuzugang Danick Snelder, die in der Defensive eine bockstarke Leistung ablieferte – genauso wie ihre Pendants Naidzinavicius, Xenia Smits und Luisa Schulze. Hinter der kompakten Deckung blühte auch Torfrau Emily Sando auf: Die Norwegerin parierte 41 Prozent der Würfe, die ihr entgegenflogen. Von solchen Werten konnten ihre Kolleginnen Blanka Biro (20 Prozent) und Kinga Janurik (22) auf der Gegenseite nur träumen.

Die Ungarinnen fanden überhaupt keinen Zugriff aufs Spiel, agierten pomadig und ließen in der Abwehr jegliche Ordnung vermissen. Offensichtlich hatten die Schützlinge von Coach Gabor Elek den bis dahin punktlosen Gegner aus Deutschland unterschätzt. Auch das deutsche FTC-Trio Alicia Stolle, Emily Bölk und Julia Behnke erwischte einen gebrauchten Tag, ebenso die Ex-Bietigheimerin Angela Malestein: Die niederländische Rechtsaußen scheiterte in der zweiten Minute gleich mit einem Siebenmeter an Sando und musste sich am Ende mit einem Tor begnügen.

In puncto Effektivität stach Bietigheim mit einer Trefferquote von 69 Prozent den Gegner (45 Prozent) klar aus. Julia Maidhof verwandelte sogar alle ihre Würfe – so wie auch die dreimalige Torschützin Anna Loerper – und teilte sich mit Lauenroth die Rolle der Topscorerin: Beide waren siebenmal erfolgreich.

Nur zweimal, in der Anfangsviertelstunde, lag Bietigheim hinten – beim 6:5 und 7:6. Bis zur Pause erkämpfte sich die SG BBM eine 14:11-Führung, im zweiten Durchgang führte sie Ungarns Vizemeister dann nach allen Regeln der Handball-Kunst vor. Ein Aufbäumen von Ferencvaros? Fehlanzeige. Unterm Strich stand der bisher höchste Sieg der SG in ihrer Champions-League-Geschichte und der erst zweite Auswärtserfolg in der Königsklasse überhaupt.

„Wenn wir unser Level abrufen, spielen wir auch international eine gute Rolle. Das ist uns heute gelungen. Ich bin sehr zufrieden, wie wir gespielt haben, und bin stolz auf meine Mannschaft“, sagte Gaugisch. Am Sonntag (14 Uhr) bekommen es seine Schützlinge erneut mit dem FTC zu tun. Zuvor steht am Mittwoch (19.30 Uhr) noch das Bundesliga-Duell bei der HSG Bensheim-Auerbach auf dem Plan.

 
 
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