5:4-Sieg im vierten Finalduell gegen die Huskies Schüle schießt Steelers nach Kassel

Von Andreas Eberle
Bietigheimer Jubel nach dem 5:4: Torschütze Tim Schüle (Mitte)  und seine Teamkollegen können ihr Glück kaum fassen. Foto: Avanti/Ralf Poller

1,5 Sekunden vor Schluss erzielt der Verteidiger im vierten Finalspiel das Siegtor zum 5:4 gegen die Huskies. Am Samstag (17 Uhr) kommt es nun in Nordhessen zum Showdown um Meisterschaft und Aufstieg.

Der Traum ist zum Greifen nah. Zusammen machen wir ihn wahr!“ Dieses Banner hatten Fans der Bietigheim Steelers in ihrer Kurve zum Playoff-Finale gegen die Kassel Huskies aufgehängt. Zum zweiten Heimspiel in der Best-of-Five-Serie legten sie noch mal nach. „Die Schlacht ist noch nicht zu Ende. Macht euch zur Legende!“, lautete die Aufforderung an ihre Lieblinge, nachdem die Mannschaft am Dienstag mit einem 3:2-Last-Minute-Sieg die Serie zurück ins Ellental geholt hatte. Und jetzt sind die Steelers tatsächlich auf dem besten Weg, ihren Aufstiegstraum wahrzumachen und zu Legenden zu werden. Mit 5:4 gewannen sie am Donnerstagabend das vierte Kräftemessen zwischen den beiden Aufstiegsanwärtern und schafften so im Finale nach einem 0:2-Rückstand den Ausgleich. Verteidiger Tim Schüle erzielte 1,5 Sekunden vor Spielende den Siegtreffer.

Wer wird der 15. DEL-Klub?

Am Samstag (17 Uhr/Live auf Sprade TV) kommt es nun in Kassel zum alles entscheidenden fünften Duell. Der Sieger dort ist nicht nur DEL2-Meister, sondern steht auch als sportlicher Aufsteiger fest und wird dann in der nächsten Saison als 15. Verein in der Eliteklasse antreten – sofern der Klub das Lizenzierungsverfahren erfolgreich hinter sich bringt. Für die Steelers wäre es der erstmalige Sprung ins Oberhaus und der größte Erfolg der Vereinsgeschichte.

Wie schon zwei Tage zuvor musste der SCB in seinem 71. Spiel seit Oktober 2020 (einschließlich Vorbereitung) erneut auf seinen am Kopf verletzten Topscorer Riley Sheen sowie den ebenfalls lädierten Kapitän Nikolai Goc verzichten. Stürmer Brett Breitkreuz, dessen Bruder Clarke bei den Huskies aufläuft, und Keeper Jimmy Hertel fehlten ohnehin wegen langwieriger Blessuren. Gästetrainer Tim Kehler hatte überraschend Michael Christ, ein Kasseler Urgestein, aus dem Kader gestrichen. Für Brett Cameron kehrte Ryan Olsen ins Team zurück. Der kanadische Star war in Spiel drei gesperrt und übernahm bei den Schlittenhunden nun gleich wieder eine tragende Rolle im Paradesturm.

Bietigheim legte einen Traumstart hin und lag schon nach fünf Minuten mit 2:0 vorne. Den ersten Treffer bereitete C.J. Stretch mit einer genialen Aktion vor. Seinen Schuss wehrte Huskies-Torhüter Gerald Kuhn zwar ab, aber der Bietigheimer Angreifer nahm den Abpraller mit, umkurvte blitzschnell den Kasten und bediente den am kurzen Pfosten lauernden Norman Hauner, der den Puck nur noch ins leere Tor drücken musste (4.). Und beim 2:0 setzte sich Benjamin Zientek energisch gegen Denis Shevyrin durch, spielte zu Stretch in den Slot, und der US-Amerikaner traf per Direktabnahme. Zum ersten Mal im Playoff-Finale hatten die Steelers einen Killerinstinkt an den Tag gelegt. Die Chancenverwertung war bisher immer das große Manko der Naud-Schützlinge gewesen.

Die Nordhessen waren angeknockt wie ein Boxer, der bei einem WM-Kampf gleich in der ersten Runde einen fiesen Tiefschlag einstecken muss. Doch die Huskies bewiesen Nehmerqualitäten und schlugen zurück. In der 19. Minute entwischte Olsen Max Prommersberger und scheiterte am Innenpfosten. René Schoofs, der als Retter herbeigeeilt war, bugsierte den Puck bei seinem Klärungsversuch ins eigene Netz.

Zum zweiten Durchgang erhöhte Kassel den Druck noch weiter. Nach einem Scheibenverlust in der neutralen Zone und einem Pass von Ryon Moser eilte Philippe Cornet allein auf Leon Doubrawa zu und überwand den 19-jährigen, der in der aktuellen Serie schon acht Alleingänge entschärft hatte, im zweiten Versuch – das 2:2 (25.). In der 36. Minute brachen die Huskies dann ihren Powerplay-Fluch und gingen mit ihrem ersten Überzahltor im Playoff-Finale erstmals in Führung. Torschütze war ihr Topscorer Moser.

Nur 68 Sekunden benötigte Evan Jasper im Schlussdrittel zum 3:3-Ausgleich – der 29-jährige Linksschütze, der immer mehr für den verletzten Sheen als Vollstrecker in die Bresche springt, war mit einem Bauerntrick erfolgreich. In der 45. Minute zeigte dann auch der dritte Sturm, was er kann: Nach Vorarbeit von Robin Just besorgte Yannick Wenzel das 4:3, das aber nicht lange Bestand hatte. Als Max Renner nach einem nicht geahndeten Foul von Vincent Saponari auf dem Eis lag und sogar blutete, nutzte Lukas Laub den Vorteil: Der Ex-Bietigheimer bezwang Doubrawa mit einem Schuss in den linken oberen Torwinkel (48.). Die Proteste der Steelers waren vergeblich.

Packend wie „Game-of-Thrones“

Die Spannung in der Endphase hätte wohl nicht die grausigste „Game-of-Thrones“-Folge toppen können. Als sich die wenigen Menschen in der Arena und die vielen Fans an den Bildschirmen schon auf eine Verlängerung einstellten, gelang den Schwaben doch noch das Siegtor: Nach einem weiteren Bauerntrick traf Jasper nur den Außenpfosten, doch Schüle war zur Stelle und knallte die Scheibe direkt zum 5:4 ins Netz. 1,5 Sekunden Spielzeit standen da noch auf der Uhr. Der Jubel beim SCB auf dem Eis war nun riesig. Die Steelers-Legende lebt also. Und auch der Traum vom Aufstieg. Die Fans haben mit ihren Sprüchen auf den Bannern scheinbar den richtigen Ton getroffen. Noch ein Sieg bis zum Titel.

Stimmen zum Spiel

Danny Naud, Trainer der Bietigheim Steelers: Es war wieder ein sehr gutes Spiel von beiden Mannschaften mit viel Tempo. Es ging hin und her, die Führung wechselte – das war nicht gut für mein Herz. Diese Mannschaft überrascht mich immer wieder. Wir haben eine unglaubliche Leistung gebracht, auch wenn das Duell wieder bis zum Schluss auf Messers Schneide stand. Wir haben den Fokus nicht verloren. Dieses fünfte Spiel haben wir uns verdient. Das wird am Samstag super, das ist der Wahnsinn und toll für die Zweite Liga – gerade auch, weil es um den Aufstieg geht.

Tim Kehler, Coach der Kassel Huskies: Es war ein Wahnsinnsspiel. Beide Mannschaften haben alles gegeben. Mein Respekt an Danny und sein Team. Die Steelers haben hart spielt und uns alles abverlangt. Wir haben das Spiel nicht in der letzten Sekunde verloren, sondern in der Anfangsphase des ersten und dritten Drittels. Da war Bietigheim vor unserem Tor sehr gut und effektiv. Die Niederlage ist ein Schlag in die Magengrube. Es ist schwer, sich davon zu erholen. Die ganze Saison haben wir für den Heimvorteil gespielt, den haben wir jetzt. Wir freuen uns auf dieses Duell.

 
 
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