Mit steigenden Temperaturen wächst auch die Vorfreude auf die Badesaison. Am 1. Mai öffnen viele Freibäder im Kreis, und sobald es immer heißer wird und die Schwimmbecken voller, sind denjenigen, die nach einer Abkühlung suchen, auch andere Gewässer recht. Der Neckar beispielsweise. Doch eignet sich der überhaupt zum Baden?
Abkühlung im Fluss Ist der Neckar ein Badegewässer?
Ist der Neckar ein sicheres Badegewässer? Spätestens im Sommer, wenn die Freibäder im Landkreis Ludwigsburg überfüllt sind, ist die Verlockung groß, sich im Fluss abzukühlen. Was sagt die Landesanstalt für Umwelt, welche Erfahrungen haben Sportler gemacht?
„In den trockenen Sommermonaten nehmen die natürlichen Zuflüsse zum Neckar ab, besonders bei längeren Regenpausen“, sagt eine Sprecherin der Stadt Ludwigsburg. Währenddessen würden die Abläufe der Kläranlagen konstant bleiben, sodass ihr Anteil am Neckarfluss bis zu 50 Prozent betragen könne.
Gesundheitsrisiken durch Keime im Wasser
„Es ist wichtig zu wissen, dass die Kläranlagen keine 100-prozentige Reinigungsleistung erbringen“, sagt die Sprecherin. Die Keime, die im Ablauf verbleiben, seien für die Tier- und Pflanzenwelt unbedenklich. Beim Menschen könnten sie jedoch Durchfall verursachen, wenn sie aufgenommen werden. „Besonders in den wärmeren Sommermonaten vermehren sich Keime schneller und bauen sich langsamer ab als bei kühleren Temperaturen.“ Der Neckar wird vor allem auf seine chemische und biologische Zusammensetzung untersucht und nicht darauf, ob das Wasser für Badende schädliche Stoffe enthält.
Nachricht an den Schwimmverein Ludwigsburg (SVL), Antwort von Sprecher Martin Tschepe – einem Mann, der fast das ganze Jahr über im Neckar schwimmt. 2015 ist er von Sulz nach Mannheim geschwommen und war dabei täglich mehr als neun Stunden im Wasser. Hatten Sportler des SVL schon einmal gesundheitliche Probleme nach dem Schwimmen? „Ich weiß nur von einem einzigen Fall in rund 20 Jahren, bei dem ein Schwimmer von uns Probleme mit dem Magen hatte“, sagt der Sportler. „Ob das Problem wirklich vom Wasser verursacht wurde? Wissen wir nicht, kann sein, muss nicht.“ Er und die anderen Neckarschwimmer würden speziell im Sommer bei Rekordhitze den Neckar bevorzugen. Er wage zu bezweifeln, dass das Wasser im Freibadbecken abends nach zig Tausend Badegästen sauberer sei als der Fluss.
Sichere Schwimmtipps für den Neckar
Einfach so im Neckar zu schwimmen, empfiehlt der Schwimmverein Ludwigsburg trotzdem nicht. „Wer unbedingt will, darf mal mit uns mitschwimmen: nur nah am Ufer schwimmen, besser nicht allein und unbedingt immer mit Schwimm-Boje“, sagt Tschepe. Die Schwimmer sind fast täglich im Neckar, bei starker Strömung schwimmen sie auf der Stelle, bei einer Wassertemperatur knapp über null Grad maximal eine Viertelstunde lang. Nur wenn sehr viel Holz im Fluss treibe, würden sie nicht schwimmen. „Ungeklärtes Abwasser im Neckar haben wir bis dato nicht bemerkt beziehungsweise hatte man deshalb keine Probleme. Aber wir duschen unmittelbar nach dem Training“, sagt der Sportler.
Gefahren durch Binnenschifffahrt und Strömungen
Laut der Landesanstalt für Umwelt gibt es einen zweiten Grund, weshalb sich der Neckar nicht zum Baden eignet. „In schiffbaren Streckenabschnitt gibt es Gefahren durch die Binnenschifffahrt“, sagt ein Sprecher. Das Wasserschifffahrtsamt (WSA) gibt bekannt, dass das Baden im Neckar zwar grundsätzlich geduldet wird, aber in bestimmten Bereichen grundsätzlich verboten ist: 100 Meter ober- und unterhalb von Brücken und Anlegestellen, in Bereich von Wehren, Hafenanlagen, Schleusen und schwimmenden Geräten wie Schwimmkränen. „In Vorhäfen von Schleusen und im Bereich von Wehren entsteht eine erhebliche Sogwirkung beziehungsweise Strömungen, denen sich selbst geübte Schwimmer nicht entziehen können“, so das WSA.
Initiativen und Projekte tragen seit Jahren dazu bei, den Fluss ökologisch aufzuwerten und für die Bevölkerung erlebbarer zu machen. Ein Beispiel: das seit den 1990er Jahren entwickelte Konzept „Grünzug Ludwigsburger Neckar“. Dazu gehören zahlreiche realisierte Projekte wie die Uferwiesen und die Grünanlage Hungerberg in Hoheneck, das Neckarbiotop Zugwiesen in Oßweil und der Zipfelbach in Poppenweiler.
Die Gesundheitsämter haben Martin Tschepe und Volker Heyn von ihrer Tour 2015 übrigens abgeraten – gerade von dem Abschnitt durch den Stuttgarter Hafen. Der Neckar sei kein Badegewässer. Das hat die beiden Männer nicht abgehalten: Sie schwimmen immer noch durch den Neckar – und schlucken dabei vermutlich immer wieder Wasser.
Überwachung des Neckars
Belastung
Nach dem Zweiten Weltkrieg bestand die wesentliche Aufgabe der Gewässer nicht darin, Lebensraum zu sein, sondern im Abtransport von Abwässern aus Industrie und Haushalten.
Verschmutzung
Weniger als die Hälfte der Gewässer in Baden-Württemberg waren im Jahr 1974 nicht oder nur gering belastet. 13,1 Prozent waren „sehr stark verschmutzt“, betroffen war in erster Linie der mittlere Neckar. Mit der Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Gemeinschaft, die 2000 beschlossen wurde, änderte sich das Ziel „sauberes Wasser“ zu „guter ökologischer Zustand“.