Absage Eigentlich wäre jetzt Pferdemarkt

Von Martin Hein
Nach 10 Jahren Pause fand 1949 der erste Pferdemarkt nach dem Krieg wieder statt. ⇥ Foto: Stadtarchiv Bietigheim-Bissingen

Zehnmal ist der Pferdemarkt seit 1925 ausgefallen. Von 1939 bis 1947 war der Krieg schuld. 1948 musste der Pferdemarkt zuletzt wegen der Maul- und Klauenseuche abgesagt werden.

Eigentlich wäre jetzt Pferdemarkt. Am Freitag wäre der Fassanstich gewesen, das Reitturnier hätte die Zuschauer in seinen Bann gezogen. Ein farbenprächtiger Festzug hätte sich durch die Altstadt zum Festgelände bewegt. Dort hätten viele Fahrgeschäfte für allerlei Spaß und Kurzweil gesorgt, und im Festzelt hätte man sich leckere Hähnchen munden lassen können. Auf dem Krämermarkt hätte man Gemüsehobel, Autopolitur und dergleichen kaufen können. In diesem Jahr ist alles anders. Der Corona-Pandemie geschuldet, fällt der Pferdemarkt, wie so vieles in diesem  Jahr 2020, komplett aus.

Seit 1925 findet der Bietigheimer Pferdemarkt im Herbst statt. Nach BZ-Recherchen hat der Pferdemarkt in der Summe zehnmal nicht stattgefunden.

 Am 19. August 1939 lud der Pferdemarktausschuss zum regen Besuch des Marktes und der übrigen Veranstaltungen auf dem Festplatz beim Enzviadukt  ein. Am Sonntag, den 3. September, sollten nachmittags, ab zwei Uhr die Händlerpferde prämiert werden. Am Montag sollte bereits um 7.30 Uhr der Marktbeginn sein, zeitgleich wäre auch die Bewertung der Zuchtpferde, Fohlen, Gebrauchs- und Luxuspferde gewesen. Im Programm fehlte nicht der Hinweis, dass die Preisträger Geldpreise und Diplome erhalten sollten.

Absage wegen Krieg und Seuche

Dann spitzte sich die politische Situation zwischen Polen und Deutschland immer weiter zu. Am 28. August 1939 war dann in der Zeitung die lapidare Meldung zu lesen: Der Bietigheimer Pferdemarkt am 3. Und 4. September 1939 findet nicht statt.

Daneben erschien eine Anzeige der Stadt Bietigheim, dort war unter dem zweiten Punkt zu lesen, dass der Pferdemarkt mit seinen Nebenveranstaltungen der besonderen Verhältnisse halber, nicht abgehalten wird. So wurde die Öffentlichkeit informiert, dass die große Bietigheimer Traditionsveranstaltung zum ersten Mal seit 1925 schlichtweg ausfällt.

Wenige Tage später, am 1. September 1939 fielen die ersten Schüsse, der Zweite Weltkrieg begann. Es sollte viele Jahre dauern bis man in Bietigheim wieder daran denken konnte, einen Pferdemarkt abzuhalten. 1948 war es wieder soweit. Nach langen entbehrungsreichen Jahren sollte der Pferdemarkt ein Stück liebgewordene Tradition zurückbringen – aber es kam anders. Eine Seuche, genauer die Maul- und Klauenseuche verhinderte den Neubeginn nach der langen Zwangspause. Kurz vor Festbeginn kam die überraschende Absage. Dass diese Absage nur als einmalige Angelegenheit betrachtet wurde, demonstrierte die Stadt Bietigheim bereits im Februar 1949. Am 19. Februar 1949 war in unserem Enz- und Metter-Boten zu lesen, dass die Stadt den Pferdemarkt bis 1954 genehmigt hat.

Umso zünftiger feierten die Menschen aus der Gegend ausgelassen im September 1949 nach einer bis dahin rund zehnjährigen Zwangspause. Endlich konnten die Bietigheimer ihren geliebten Pferdemarkt wieder abhalten. Ein großer Rummelplatz wurde wieder unter dem Viadukt aufgebaut und ein Stück Normalität kehrte wieder ein. Normalität auch deshalb, weil Ende August 1949, sozusagen zum ersten Pferdemarkt nach dem Krieg, der Viadukt nach der teilweisen Zerstörung wieder eingeweiht werden konnte. Beim Pferdemarkt 1949 sah die Stadt an Enz und Metter den bis dahin größten Pferdeauftrieb in der Geschichte des Pferdemarkts.

Seit 1949 erste Absage

Seither fand der Bietigheimer Pferdemarkt jedes Jahr statt.  Nun wird 2020 das erste Mal seit 1949 wieder der Pferdemarkt ausfallen. Kein Reitturnier wird stattfinden, es werden unterm Viadukt keine Pferde prämiert, kein Rummelplatz wird jung und alt erfreuen und kein bunter Festzug durch die Altstadt zum Festplatz ziehen. Bleibt zu hoffen, dass im nächsten Jahr wieder Normalität einkehrt.

 
 
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