In Untermberg hat man Angst um ein historisches Haus. Untermberg ist ein kleiner Stadtteil der Großen Kreisstadt Bietigheim-Bissingen. Er liegt idyllisch an der Enz und ist seit den 1950er-Jahren erst Teil Bissingens und dann seit den 1970er-Jahren Teil Bietigheim-Bissingens. Noch heute hat der Ort einen dörflichen Charakter, viele Hinweise auf die lange Historie und die Entstehung im 14. Jahrhundert findet man dort nicht.
Altes Haus in Untermberg Wird ein fast 500 Jahre altes Haus abgerissen? Verein kämpft für Erhalt
Seit Jahrhunderten steht das „Große Haus“ in Untermberg. Nun überlegt die Stadt Bietigheim-Bissingen es abzureißen. Warum das überhaupt zur Debatte steht und wo es Widerstand gibt.
Auch dem wohl ältestes Gebäude im Dorf – dem „Großen Haus“ – ist seine historische Bedeutung dank des Putzes nicht anzusehen. Ein kleines Schild weist darauf hin, dass das Fachwerkhaus 1562 erbaut wurde. In Sichtweite der für den Ort namengebenden Burgruine Altsachsenheim mit ihrem Hügel hat das „Große Haus“ eine wechselvolle Geschichte.
Diese Geschichte könnte aber bald zu einem Ende kommen. „Wir haben vor Kurzem erfahren, dass es bei der Stadt als Eigentümer wohl Pläne gibt, das Haus abzureißen“, sagt Bernd Klein. Er ist Vorsitzender des Vereins Sympathie für Untermberg. Der Verein setzt sich laut Satzung für die „Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität in Untermberg“ ein, dazu gehöre auch die Pflege der Ortshistorie.
Klein kann durchaus verstehen, dass die Stadt angesichts des schlechten Zustands über den Abriss nachdenkt, setzt sich aber für eine ausführliche Prüfung ein, ob nicht doch ein Erhalt möglich sei. Deshalb hat er Bietigheim-Bissingens Oberbürgermeister Jürgen Kessing eine E-Mail geschrieben und seine Bitte darin formuliert.
Stadt prüft Abriss des Hauses
Die offizielle Position der Stadtverwaltung ist, dass derzeit noch „über die Möglichkeit eines Abrisses nachgedacht“ wird, wie die Leiterin des Presseamts Anette Hochmuth auf Nachfrage erklärt. Das Haus wurde in den vergangenen Jahren als Wohngebäude genutzt für „Personen, die nur wenig Miete zahlen konnten“, so Hochmuth weiter. Das Gebäude sei leider baulich sehr stark heruntergekommen, weshalb der Erhalt umfangreiche Sanierungsarbeiten erfordern würde, die eventuell nicht mehr vertretbar seien.
Hochmuth sagt aber auch: „Es gibt jedoch noch keine Entscheidung und keine Pläne. Das Gebäude ist nicht als Denkmal eingetragen, hat aber eine lange Geschichte. Daher wird das weitere Vorgehen sorgfältig abgewogen.“ Ein wenig andere Informationen hat Klein auf seine E-Mail an den OB bekommen. Danach hat die Verwaltung durchaus vor, das Gebäude wegen der großen Schäden abzureißen.
Modernisierung oder Abriss?
Klein wurde auch schon mitgeteilt, dass an der Stelle ein modernes Wohnhaus entstehen könne, das aber der bisherigen Situation vor Ort Rechnung trage. In der Antwortmail verweise die Verwaltung auf das Gebäude Hillerplatz 1 in Bietigheim als Vorbild. Dort wurden historische Elemente in der Neugestaltung der Fassade miteingeplant.
Für Klein und den Untermberger Verein ist die Sache damit noch nicht erledigt. Er erinnert an zahlreiche Gebäude in der Bietigheimer Innenstadt, deren Zustand einmal ähnlich gewesen sei, die aber saniert und liebevoll instand gesetzt wurden. Klein erinnert etwa an das Hornmoldhaus, das heute das Stadtmuseum beherbergt.
Einst eine Milchküche
Für Ur-Untermberger wie den 57-jährigen Klein geht es bei dem „Großen Haus“ auch um ein Stück Identität. Er erinnere sich noch daran, als in dem Haus eine Milchküche untergebracht war – eine Nasenschildvorrichtung erinnert noch heute daran. Klein hofft, dass die Stadt nun ernsthaft prüft, wie das Haus zu retten ist. Aus seiner Sicht würde Untermberg davon auf jeden Fall profitieren.
Geschichte des Großen Hauses
Der Anfang
Erbaut wurde das „Große Haus“ 1562 vermutlich von Schultheiß Jacob Wennagel. Dieser gehörte, wie Stadtarchivar Christoph Florian sagt, „gewissermaßen zur Spitze der Untermberger Oberschicht“. Das Gebäude war bis zum Dreißigjährigen Krieg fast durchgehend Wohnsitz des Schultheißen und damit wohl repräsentativstes Haus im Ort. Das blieb es wohl noch eine Zeit, so kaufte es etwa Rittmeister Lorentz Baußbach.
Der Niedergang
Ab dem 18. Jahrhundert verliert das Haus an Bedeutung, das Eigentum wird gesplittet und im 19. Jahrhundert herrscht „drangvolle Enge“ wie Ortshistoriker Hermann Luithle festhielt. In den 1950er-Jahren stürzte ein Teil der Nordwestwand ein und wurde notdürftig geflickt. In den 1980er-Jahren wurde das Haus zuletzt saniert.