Amphibien in Sachsenheim Immer weniger Kröten unterwegs

Von Martin Hein
Hochzeitsreise: Ein Erdkrötenpaar auf dem Weg zum Laichgewässer in Sachsenheim. ⇥ Foto: Alois Danner

Eine ernüchternde Bilanz zogen die Amphibienhelfer: Nur 774 Erdkröten wurden bei der diesjährigen Krötenwanderung beim Langmantel in Sachsenheim gezählt, so wenige wie noch nie. 

Jedes Frühjahr machen sich die Kröten auf die Wanderschaft zu ihren Laichgewässern. In Sachsenheim sind sie vor allem im Bereich des Promille-Sträßles bei entsprechend günstigen Temperaturen unterwegs. Bevorzugte Laichgewässer sind dort die Fischteiche beim Langmantel und die Tümpel im Kleinsachsenheimer Wald. Alois Danner, Umweltbeauftragter der Stadt Sachsenheim und zugleich Nabu-Mitglied, führt seit Jahren eine Statistik, wie viele Kröten die Amphibienschützer beim Langmantel über die Straße getragen haben.

Rückgang in den letzten Jahren

Diese Zahl ist nach Auskunft von Alois Danner für Sachsenheim die maßgebliche Kenngröße, um über die Jahre hinweg die Entwicklung der dortigen Amphibienpopulationen einzuschätzen.

Leider gehe diese Zahl seit 2016, als immerhin 5552 Exemplare gezählt wurden, stark zurück. 2017 waren es noch 4842 Stück. 2019 zählten die Nabu-Amphibienschützer noch 2032 Erdkröten. 2020 fiel die Zahl der gezählten Kröten mit 1664 erstmals unter 2000. Im letzten Jahr zählten die Amphibienhelfer noch 843 Exemplare. In diesem Jahr waren es gerademal noch 774 Exemplare.

Eine nicht nur aus Sicht der Nabu-Amphibienschützer alarmierende Zahl. Früher trugen die Amphibienschützer bei guten Bedingungen schon mal 500 bis 600 Tiere über die Straße – und das an einem einzigen Tag.

Zu kalt und zu trocken

Nach der verkehrsrechtlichen Anordnung für die Amphibienwanderstellen an Straßen wurden in diesem Jahr am 23. März die Krötenfangzäune und Schranken aufgebaut (die BZ berichtete). Nicht gerade ideale Witterungsbedingungen sehen die Amphibienhelfer als Ursache für die in diesem Jahr sehr verhaltene Krötenwanderung. Bis auf wenige Exemplare waren dann bis Mitte März keine Kröten, Frösche und Molche unterwegs. Es war nach Auskunft der Amphibienschützer während der mit der Dämmerung beginnenden Wanderzeit zu kalt und insgesamt viel zu trocken.

Nur wenige ideale Wandertage

Regen und wärmere Nächte und somit ideale Wanderbedingungen gab es lediglich vom 16. bis 19. März. In dieser kurzen Zeitspanne wanderten in diesem Jahr über 80 Prozent der laichwilligen Erdkröten zum Laichgewässer. Durch den anschließenden Kälteeinbruch mit Schneefall waren bis zum Ende der Wanderzeit kaum noch wandernde Kröten anzutreffen. Nur gesunde Kröten begeben sich überhaupt auf die Wanderung, so Danner.

Amphibien lassen sich nach Auskunft der Experten von unpassender Witterung recht schnell „frustrieren“, soll heißen, wenn es beispielsweise von den Temperaturen her nicht passt, wird eben nicht abgelaicht.

Klima macht zu schaffen

Zwei längere Kälteperioden würden mitunter bereits ausreichen, damit Kröten gar nicht ablaichen. Mit schlimmen Folgen für die Gesamtpopulation, die dann insgesamt noch weiter zurückgeht. Insgesamt war 2022 ein Jahr, in dem Wetterkapriolen mit Kälteperioden und Trockenheit während der Wanderzeit aus Sicht der Amphibienhelfer des Nabu alles andere als für die Laichwanderung förderlich war und damit die Vermehrung der Amphibien wieder weit unterm langjährigen Durchschnitt lag. Die Klimaerwärmung führe über diese, in den letzten Jahren immer häufiger vorkommenden, langanhaltenden stabilen Tiefdruck- und Hochdruckwetterlagen nicht nur während der Amphibienlaichzeit zu Trocken- und Kälteperioden, sondern auch zu trockenheißen Wärmeperioden im Frühjahr und Sommer, die den Amphibienpopulationen dann zusätzlich zu schaffen machen, so der Nabu.

Neben den seltenen Arten gehen inzwischen sogar die hier bisher am häufigsten vorkommenden Arten wie Grasfrosch und Erdkröten bedenklich zurück.

Kaum noch Wechselkröten

Die selteneren Arten Gelbbauchunke und Wechselkröte trifft es nach Auskunft der Nabu-Amphibienschützer besonders hart, weil diese auf kleinere Gewässer angewiesen sind, die wegen der trockenen Jahre vielerorts ausgetrocknet sind. Die letzte Wechselkröte an den Wanderstellen des Kirbachtals wurde im Jahr 2020 gefunden.

Schranke umgeworfen

Manche Autofahrer machen scheinbar vor nichts halt und haben auch in diesem Jahr die verkehrsrechtliche Anordnung ingoriert. Die Schranke im Heinzenberger Weg wurde in diesem Jahr zwei Mal umgeworfen.

Das Promille-Sträßle war übrigens nicht jeden Tag gesperrt. Nur wenn die Temperaturen so waren, dass wanderwillige Amphibien unterwegs waren, haben die Nabu-Mitglieder die Straße gesperrt. Einige sind sogar über die angrenzenden Äcker um die Schranke herumgefahren.

 
 
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