Andy Witzemann triumphiert beim Pferdemarkt-Reitturnier Nur Mister Bietigheim bleibt fehlerlos

Von Andreas Eberle
Aller guten Dinge sind drei: Andy Witzemann vom PS-Team Winterlingen gewann in Bietigheim auf Cassadero erneut die Qualifikation zum Hallenchampionat – so wie schon 2018 und 2019. ⇥Foto: Ralf Poller/Avanti Foto: Avanti

Ein Novum beim Pferdemarkt-Turnier: Zum ersten Mal geht das Qualifikationsspringen für das Hallenchampionat nicht ins Stechen. Andy Witzemann triumphiert zum dritten Mal in Folge. Von Andreas Eberle

Andy Witzemann hatte am Sonntagnachmittag schnell seinen Namen weg. „Glückwunsch Mister Bietigheim“, sagte Klaus Dieterich, der Vorsitzende des Reitervereins Bietigheim-Bissingen, als sich der 42-jährige Berufsreiter von den Organisatoren des 40. Pferdemarkt-Turniers verabschiedete. Kurz zuvor hatte Witzemann das S**-Springen, das als Qualifikation zum Hallenchampionat Mitte November in der Stuttgarter Schleyerhalle dient, auf Cassadero für sich entschieden – zum dritten Mal in Folge nach 2018 und 2019. Im Sommer 2020 war das Turnier Corona zum Opfer gefallen.

Ein Novum: Zum ersten Mal überhaupt kam es bei besagter Prüfung zu keinem Stechen. Der als Vierter in den Parcours gerittene Witzemann blieb als einziger der 28 Teilnehmer ohne Fehler, obwohl die Latte beim letzten Hindernis bedenklich gewackelt hatte. „Der Parcours war heute sehr schwer. Mein Vorteil war, dass ich ein routiniertes Pferd dabeihatte, das sich von der Kulisse nicht ablenken lassen hat – und das derzeit einfach einen guten Lauf hat“, sagte der Gewinner und rückte bescheiden den zwölfjährigen Cassadero in den Fokus: „Er ist ein Ausnahmepferd. Wir kennen uns in- und auswendig.“

In dieser Saison hatte ihn der Hannoveraner Wallach schon zu fünf weiteren Triumphen bei anspruchsvollen Springen getragen – zum Beispiel auch beim Auftakt der Qualifikationsserie im Juli in Waldachtal-Salzstetten. Der in Winterlingen (Zollernalbkreis) lebende Witzemann führt gemeinsam mit dem in Bietigheim zweitplatzierten Hans-Dieter Dreher das Gesamtklassement an. Beiden ist eines der 25 Starttickets für das Hallenchampionat in Stuttgart längst sicher, ganz egal, wie das Abschlussspringen am 9. und 10. Oktober in Bisingen-Hohenzoller ausgeht.

Dasselbe gilt für Lucas Wenz. Der 22-jährige Jungreiter startet inzwischen für den RV Sersheim und nahm darum während des dreitägigen Reitspektakels die Rolle des Lokalmatadors ein. Auf Chandon de Blue präsentierte sich Wenz einmal mehr in Topform. Mit nur einem Fehler und fünf Strafpunkten landete das Duo auf Platz sieben.

Dabei ist der neunjährige braune Wallach eigentlich gar nicht erste Wahl. Das Paradepferd im Stall ist Pokerface. Das Problem: die erfahrene 14-jährige Stute ist nach einer Verletzung noch nicht wieder einsatzbereit. Mit ihr hatte Wenz beim Mannheimer Maimarkt-Turnier auf der U25-Tour noch das S**-Springen gewonnen und so sein Goldenes Reitabzeichen perfekt gemacht.

Doch ihr Nachfolger sprang in den vergangenen Wochen buchstäblich in die Bresche. „Chandon ist topfit und hat eine unheimlich schnelle Entwicklung gemacht. Ich bin ganz begeistert von ihm“, schwärmt Wenz. Beim Pferdemarkt-Turnier hatte er gleich fünf Pferde bei den diversen Prüfungen am Start. Aufgrund der geografischen Nähe zwischen seinem Wohn- und dem Veranstaltungsort entschied sich Wenz fürs Pendeln, anstatt wie die Konkurrenz das Lager im Ellental aufzuschlagen.

Ihm selbst ist das Reit-Talent in die Wiege gelegt. Sein Vater Marcus ist mehrfacher Nationenpreisreiter – so wie auch Mutter Nicole –, seit 2010 luxemburgischer Nationaltrainer und betreibt in Sersheim den Reiterhof Wenz. Und Onkel Holger arbeitet für die deutsche Springreiter-Legende Ludger Beerbaum. „Von meiner Familie bekomme ich natürlich immer viele Tipps“, erzählt Wenz junior, der eigentlich in Wallau bei Wiesbaden geboren ist und darum viele Jahre auch für Hessen bei deutschen Meisterschaften antrat.

Erst nach seiner zweijährigen Ausbildung beim renommierten Reitsportzentrum Damme von Andreas Kreuzer in Niedersachsen wechselte er im Frühjahr 2020 in den väterlichen Stall nach Sersheim – und geht seitdem auch für Baden-Württemberg an den Start. Es sieht so aus, als ob der Reitsport im Südwesten mit ihm einen guten Fang gemacht hat.

 

Notiz vom Rande

Auch ohne den großen Rummel stieß das Pferdemarkt-Reitturnier auf große Resonanz. Klaus Dieterich schätzte, dass allein über den Sonntag verteilt 1500 Besucher die einzelnen Springprüfungen verfolgt haben. „Wir sind sehr glücklich, froh und zufrieden. Drei Tage haben wir schönen Reitsport auf Topniveau zu sehen bekommen“, resümierte der Vorsitzende des gastgebenden Reitervereins Bietigheim-Bissingen. Auch Oberbürgermeister Jürgen Kessing war angetan von der Veranstaltung: „Es war eine richtige Entscheidung, dieses Turnier zuzulassen und zu unterstützen. Es ging den Reitern um den sportlichen Wert und die Qualifikationspunkte – und nicht darum, irgendwelche Geldpreise mitzunehmen.“ ⇥ae

 
 
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