Ich wollte schon immer mal zu Bares für Rares“, freute sich eine der Interessentinnen, die am vergangenen Samstagnachmittag auf dem Ludwigsburger Marktplatz in der Schlange stand: alle mit von daheim mitgebrachten Antiquitäten, ganz wie in der Fernsehserie. Andere hatten auch nur ein Foto der Schätze dabei, die sie noch zuhause hatten. Sie alle wollten die an diesem Wochenende stattfindende Antikmeile nutzen, um die Objekte schätzen zu lassen – oder überhaupt erstmal rauszufinden, was sie da hatten.
Antikmeile Ludwigsburg Ein Marktplatz voller Objekte zum Schätzen und Stöbern
Die Ludwigsburger Antikmeile zog ein großes Publikum an – viele kamen auch, um sich bei Experten ihre Antiquitäten schätzen zu lassen.
Vertrauen ist wichtig
„Das wichtigste ist, dass die Leute Vertrauen haben“, wissen Siegfried Beil und Jürgen Löfke, die seit 50 Jahren als Sammler und Restauratoren mit Antiquitäten arbeiten und seit 35 Jahren auf zahlreichen Antikmessen in Deutschland als Experten zugegen sind. So wie seit 20 Jahren auch bei der Antikmeile in Ludwigsburg – nun aber ist Schluss, eine neue Generation soll übernehmen. Die beiden werden aber nach wie vor auf vielen anderen Messen aktiv ihre Tätigkeit ausüben.
Eine Damentaschenuhr, die aber zu einer Armbanduhr umgebaut wurde, halte sie da in Händen, erfährt so eine Besitzerin. 800er Silber, um 1900 gefertigt – kein schlechter Fund. Durch Zufall hat auch die nächste eine so umgebaute Taschenuhr dabei, an der ein Lederarmband befestigt wurde. Um den Expertenstand herum war der Marktplatz dicht gefüllt mit Verkaufsständen: Von historischen Fotoapparaten, Telefonen, Schreib-, Rechen- und Nähmaschinen bis Jugendstil-Leuchtern und Biedermeier-Rahmen, von böhmischen Glaswaren und französischer Keramik bis zu alten Reklametafeln, antiken Lampen, Schiffsantiquitäten und historische Eisenbahnen, Steiff-Tieren und Puppenstubenzubehör war alles dabei. Das Publikum, das an den durchmischten Ständen ins Stöbern kam, war am Samstagnachmittag, als sich der Regen vom Vormittag verzog und der Himmel aufriss, zahlreich und setzte sich aus allen Altersklassen zusammen.
„Wenn ich Händler wäre, würde ich jeden Preis akzeptieren“, muss der Experte Beil derweil einem anderen Besitzer erklären, der ein unsigniertes religiöses Gemälde von Jesus mitgebracht hat: er müsse mit 50 bis 100 Euro zufrieden sein. Eine Steiff-Schildkröte wurde dem Schätzer dann ebenso vorgelegt wie Ludwigsburger Porzellan, das Gemälde eines weinseligen Mönchs, eine goldene Kaminuhr und eine Reiseschreibmaschine: Mit dieser solle der Besitzer zu spezialisierten Auktionshäusern gehen, riet Beils Kollege Löfke, und nannte ein paar Namen.
Den gleichen Rat erhielt auch eine andere Besitzerin, deren kolumbianische Vase sage und schreibe 350 vor Christus getöpfert wurde. Eine ganz spezielle Kundschaft müsse hier erreicht werden, die sich auch nicht auf Online-Auktionsplattformen herumtreibe, wo sie den Artikel schon einmal eingestellt hatte. Die Fotos eines alten Kaufladens will Beil dann an ein Museum weiterleiten, dort könnten die Stücke unterkommen – nicht für einen hohen Preis, aber dafür sicher verwahrt.
Viele kommen nach Ludwigsburg
„In Ludwigsburg kommen immer viele“, erinnert sich Siegfried Beil, die Schlange an seinem Stand sei immer ähnlich lang gewesen. Leider müssen sie öfters Leute enttäuschen, ihnen klar machen, dass die Fund- oder Erbstücke gar nicht so wertvoll seien wie gedacht, gestehen die Experten, öfters, als dass sie wirkliche Schätze offenbaren können.
Das Feld der Antiquitäten sei so groß, geben sie auch zu, „da kann man nicht alles wissen“, da verwiesen sie an Experten weiter. Das meiste, was ihnen gebracht würde, seien dabei Bilder – die vereinzelt schon auf vier- bis fünfstellig geschätzt wurden.
Während bei ihnen am späten Nachmittag langsam der Andrang nachließ, war an den anderen Ständen noch lange nicht Schluss: bis zum Abend wurde hier noch entdeckt und gestöbert.