Auf der Suche nach Überresten Relikte der alten Sachsenheimer

Von Martin Hein
Auf diesem Areal beim Egartenhof suchen Archäologen nach Überresten von Gräbern aus dem Frühmittelalter. Bisher wurde nichts gefunden.⇥ Foto: Terranets BW

Beim Egartenhof suchen Experten nach Überresten aus dem Frühmittelalter. Bis jetzt noch ohne Erfolg.

Die Anhöhe über dem Enztal beim Egartenhof scheint schon seit Jahrtausenden bei den Menschen ein beliebter Flecken Erde zu sein. Bereits in den 1890er-Jahren wurden dort Reste frühmittelalterlicher Gräber gefunden. Bemerkenswert war der Fund einer Halskette, die die Archäologen der Jungsteinzeit aus der sogenannten Schussenrieder Kultur zuordnen konnten. Diese Halskette gehört zu den besonderen Ausstellungsstücken im Württembergischen Landesmuseum.

Im Vorfeld der Arbeiten für die Neckartenztal-Ferngasleitung müssen archäologische Voruntersuchungen durchgeführt werden. Durch solche Verlegearbeiten sind Kulturdenkmale von der Zerstörung bedroht und müssen daher zuvor fachgerecht dokumentiert und gegebenenfalls ausgegraben werden.

Trasse quert 14 Kulturdenkmale

Für die Trasse der Neckarenztalleitung wurde nach Auskunft der zuständigen Archäologin Dr. Andrea Neth durch das Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart eine sogenannte Betroffenheit für insgesamt 14 Kulturdenkmale festgestellt. Die Standorte dieser Kulturdenkmale werden bereits seit Herbst 2020 durch eine private Grabungsfirma aus Tübingen untersucht. Dies geschieht entweder durch das Erkunden der entsprechenden Stellen mittels Baggerschnitten oder durch flächige Ausgrabungen. Die Arbeiten müssen spätestens zu Beginn der Bauarbeiten für die Gasleitung abgeschlossen sein. Die Tübinger Grabungsfirma arbeitet je nach Befunddichte mit ein bis zwei Teams mit zwei bis sechs Personen vor Ort.

Die von der geplanten Gasleitung betroffenen Fundstellen auf den Gemarkungen Oberriexingen, Großsachsenheim, Nussdorf, Enzweihingen, Riet und Metterzimmern stammen, wie es für diese fruchtbare Altsiedellandschaft typisch sei, aus unterschiedlichen Epochen. Im Einzelnen handele es sich um jungsteinzeitliche und bronzezeitliche Siedlungen, provinzialrömische Gutshöfe, das frühmittelalterliche Gräberfeld und das Schussenrieder Grab beim Egartenhof, so Neth. Zudem wird die genaue Lage von zwei zur Neckar-Enz-Stellung gehörenden Bunkern untersucht. Ein Großteil der Sondagen wurde inzwischen abgeschlossen. Die Ergebnisberichte liegen nach Aussage von Andrea Neth, jedoch noch nicht vor.

Spannend könnte es auf der Großsachsenheimer Gemarkung beim Egartenhof werden. Seit dem späten 19. Jahrhundert sind westlich und östlich des Egartenhofs frühmittelalterliche Gräberfelder bekannt. Die geplante Gasleitung quert die Denkmalfläche des westlichen Gräberfelds nach bisherigem Kenntnisstand in ihrem westlichen Drittel. Ein rund 30 Meter breiter Streifen wurde zu einem großen Teil bereits vor Weihnachten aufgedeckt, ohne dass sich, so Neth, bisher Hinweise auf das Vorliegen von Gräbern oder anderen archäologischen Befunden ergaben.

Relikte wurden 1896 gefunden

Dr. Georg Kokkotidis, beim Landesmuseum Stuttgart für das Mittelalter zuständig, bestätigt, dass 1896/1897 Funde vom Egartenhof in die Staatssammlung in Stuttgart eingeliefert wurden. Zu den damaligen Fundstücken gehört eine rund elf Zentimeter große Bronzezierscheibe, Glassteine, ein silberner Ohrring, Riemenzungen und ein Kamm. Diese Funde lassen, so Kokkotidis, auf die Bestattung einer wohlhabenden Frau schließen. Solche Bronzescheiben haben Frauen vermutlich zur Zierde am Gürtel getragen. Aus weiteren Gräbern wurden damals zwei Schwerter und eine Lanzenspitze geborgen. Diese stammen mit Sicherheit aus einem Männergrab. Kokkotidis geht davon aus, dass die Fundstücke aus zwei Frauen- und zwei Männergräbern stammen. Ferner wurde eine Perlenkette gefunden, die zunächst fälschlicherweise dem Frühmittelalter zugerechnet wurde.

Erst später konnte diese Kette eindeutig der Schussenrieder Kultur, also dem späten 5. Jahrtausend oder frühen 4. Jahrtausend vor Christus zugeordnet werden. Der Referatsleiter Steinzeiten beim Landesmuseum Stuttgart, Dr. Fabian Haack, weist darauf hin, dass in unmittelbarer Nähe, beim Holderbüschle, ebenfalls Gegenstände aus der Schussenrieder Kultur gefunden wurden. Die Schussenrieder Kultur erstreckte sich nach Auskunft von Dr. Haack, vom Neckarraum bis nach Oberschwaben.

Sobald die Witterung es wieder zulässt, wird beim Egartenhof das Grabungsteam die verbliebene Restfläche untersuchen. Allerdings geht Andrea Neth davon, aus, dass dort nichts mehr gefunden wird, die Angaben zu den früheren Fundorten seien recht ungenau und liegen vermutlich eher außerhalb der künftigen Leitungstrasse.

 
 
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