Drei Mal im Jahr finden bei der Christoph Gärtner GmbH in Bietigheim-Bissingen internationale Auktionen von Briefmarken, Briefen und Karten, sogenannte Ganzsachen, sowie Banknoten und Münzen statt. Vom 14. bis 18. Oktober steht mit der 60. Versteigerung ein besonderes Datum im Terminkalender, die erste Auktion fand 2006 statt. Hinzu kommt das 40-jährige Bestehen des Handelshauses.
Auktionshaus Gärtner in Bietigheim-Bissingen „In China ist eine Briefmarke ein Luxusartikel“
Das Auktionshaus Christoph Gärtner feiert 40-jähriges Bestehen und bereitet sich auf die 60. Auktion vor.
Inzwischen musste sich das Unternehmen dem veränderten Markt anpassen, der Briefmarkenmarkt hat sich verkleinert. „Vor Corona hatten wir 40.000 Artikel pro Auktion, jetzt sind es noch 10.000. Was die Lose angeht, ist Gärtner aber immer noch eines der größten Auktionshäuser weltweit“, sagt Regina Gärtner in Vertretung der Geschäftsführung. Am Standort Bietigheim-Bissingen hat Gärtner 30 Beschäftigte, zur CG-Unternehmensgruppe zählen auch die Auction Galleries in Hamburg.
Es warten Überraschungen
Inzwischen richtet sich der Blick im Unternehmen auf die 60. Jubiläumsauktion. Zur Versteigerung kommt im Oktober die Auflösung eines Händlerlagers, das aus insgesamt 160 Kisten mit Briefen und Karten besteht. Darunter dürften viele postgeschichtlich und thematisch interessante Stücke sein, die erst auf den „zweiten Blick“ ihre Besonderheiten preisgeben.
Da aus Zeitgründen eine genaue Vorsortierung nur zum Teil erfolgen konnte, warten in manchen Kisten auch Überraschungen. Die Preise für die einzelnen Positionen sind mit jeweils 100 Euro Ausruf pro Kiste moderat gestaltet. Die 160 Kisten werden am 18. Oktober online live und im Auktionssaal versteigert, ab dem 30. September sind vorab Besichtigungen möglich.
Mehr als 11.000 Lose
Es gibt mehr als 11.000 Lose zu vielen Schwerpunkten, darunter zahlreiche Sammlungen aus Familienbesitz, so Regina Gärtner. Der Katalog mit Münzen und Banknoten (225 Seiten) liegt für die Jubiläumsauktion bereits vor.
Ebenso der 270-seitige Katalog mit Briefmarken und Ganzsachen. Darin gibt es auch die Auktionslose der „Katastrophenpost“. Erhalten geblieben sind unter anderem zwei Briefe, die am 20. November 1884 bei einem Brand eines Postwagons im Bietigheimer Bahnhof beschädigt wurden. Der Aufruf für den Brief liegt bei 250 Euro. Ein weiterer Brief stammt von 1918. Am 6. Februar nach Zittau abgeschickt, aber, so verrät es ein Stempel, am 7. Februar „in Bietigheim unter Zug geraten.“ Der Aufruf liegt bei 150 Euro. In Deutschland lasse das Interesse an der Philatelie nach, erklärt Regina Gärtner, „in China ist eine Briefmarke ein Luxusartikel“. Dort gehöre es zum guten Ton, Briefmarken zu haben, und man werde mit einer eigenen Sammlung ganz anders wahrgenommen als hierzulande. Gärtner ist seit 35 Jahren am asiatischen Markt aktiv, auch dazu gibt es für die Kunden regelmäßig einen neuen Katalog. Trotzdem habe man die Bieterzahlen wie vor Corona immer noch nicht erreicht, dies gelte auch für den amerikanischen Markt.
Aktuell gibt es für die Auktion eine Briefmarkensammlung zum Thema Golf, für Regina Gärtner eine „der schönsten Sammlungen der Welt.“ Asiaten sammeln gerne Briefmarken mit Orchideen, die Amerikaner Briefmarken mit Pfadfindern. Ein Sammler hat sich auf das Rote Kreuz spezialisiert und betreibt mit seinen Briefmarken auch Forschungen zum Thema. Wie hat sich das Rote Kreuz gegründet, was sind die Aufgaben und wo sind die unterschiedlichen Stationen. „Alles ist mit Briefen hinterlegt, es ist eine wissenschaftliche Arbeit auf hohem Niveau“, berichtet Regina Gärtner.
Briefmarken als Reiseersatz
Ein Arzt hat alles zum Thema Diabetes gesammelt und mit den Briefmarken darüber eine Arbeit geschrieben, und es gibt Sammler, die sich für Briefmarken über die Deutschen Kolonien interessieren. Ein älterer Herr mit über 90 Jahren habe sich immer gewünscht, einmal nach Neuguinea zu reisen, habe es aber gesundheitlich nicht geschafft.
„Er ist mit seinen Briefmarken und seinen Atlanten glücklich – und so in Neuguinea unterwegs.“ So etwas könne man heute nicht mehr nachvollziehen, aber in den 1960er-Jahren habe man eben nicht einfach so reisen können wie heute.
Was nach der Jubiläumsauktion zur 61. Auktion angeboten wird, steht noch nicht fest. „Was uns an Briefmarken erwartet, wissen wir nie“, sagt Regina Gärtner. Vorab werden jedoch schon Kunden angeschrieben, um Ware zu akquirieren, frühestens Anfang Dezember könnte es eine Vorschau für die nächste Auktion vom 17. bis 21. Februar geben.