Für die Betriebe im Landkreis Ludwigsburg ist es in diesem Jahr ausgesprochen schwierig, an Nachwuchs zu kommen. Zwei Jahre in Folge, in denen die Unternehmen während der Corona-Zeit immer weniger freie Ausbildungsstellen beim Arbeitsamt gemeldet haben, hat diese Zahl aktuell deutlich zugelegt. Das geht aus Statistiken der Ludwigsburger Agentur für Arbeit hervor.
Ausbildung im Landkreis Ludwigsburg Nachwuchsmangel aller Orten
Der Beginn des Ausbildungsjahres steht bevor, doch es fehlen Bewerber. Im Landkreis Ludwigsburg sind rund 1600 Ausbildungsstellen unbesetzt.
Der September ist für viele junge Menschen der Beginn ihrer Ausbildung. Aktuell sind im Landkreis Ludwigsburg noch rund 1600 Ausbildungsstellen unbesetzt. Etwa 660 junge Frauen und Männer, die einen Ausbildungsplatz suchen, sind noch unversorgt. Das entspricht dem bundesweiten Trend. Überall werden der Arbeitsagentur mehr Ausbildungsstellen als Bewerber gemeldet. Insgesamt waren der Ludwigsburger Agentur bis Ende Juli – aktuellere Zahlen liegen nicht vor – exakt 2001 Bewerber gemeldet. Zum Vergleich: Noch 2016/2017 waren zum gleichen Zeitpunkt rund 280 Bewerber gemeldet. Seitdem gehen die Bewerbungen kontinuierlich zurück.
Betriebe melden viele Stellen
Die Meldung von offenen Ausbildungsstellen ist genau gegenläufig. Die Betriebe aus Industrie, Handel, Handwerk und den freien Berufen hatten der Agentur zum Juli 3165 offene Lehrstellen gemeldet. Damit ist ein Höchststand der vergangenen zehn Jahre erreicht, erklärte eine Sprecherin der Arbeitsagentur. Betriebe seien nicht verpflichtet, ihre Ausbildungsstellen bei der Arbeitsagentur zu melden. Erfahrungsgemäß werden viele Lehrstellen über persönliche Kontakte oder direkte Bewerbungen besetzt. Der Anstieg der Meldungen an die Arbeitsagentur deute darauf hin, dass die Unternehmen alle Möglichkeiten ausschöpfen wollen, weil sie niemanden finden.
Allgemein mache sich der demografische Wandel bemerkbar: Die geburtenstarken Jahrgänge scheiden aus dem Berufsleben aus, ihre Stellen werden frei. Doch von unten rücken keine jungen Leute nach. Diejenigen jedoch, die nach einer Ausbildungsstelle suchen, haben gute Chancen, in ihrem Traumberuf unterzukommen.
Alle Branchen leiden
Der Nachwuchsmangel betrifft selbst Berufe, die früher einmal heiß begehrt waren, beispielsweise den Bereich der Versicherungs- und Finanzdienstleistungen. Selbst Arzthelferinnen, ein Beruf, der bisher kaum Nachwuchssorgen hatte, sind kaum noch zu finden. Das Hotel- und Gaststättengewerbe klagt schon seit langem über Mangel an Nachwuchs. Ganz besonders litten die Bereiche Pflege, Erziehung oder auch einige Bereiche im Handwerk, so die Sprecherin der Arbeitsagentur. Nahezu jede Branche des Handwerks suche händeringend nach motivierten Nachwuchskräften, äußerte sich ein Sprecher der Stuttgarter Handwerkskammer (siehe dazu den Infokasten).
Negative Vorzeichen
Eine Ausnahme von dieser ernüchternden Bilanz bilden lediglich die geisteswissenschaftlichen Berufe mit Nähe zur Kultur und Gestaltung. Auf die 38 angebotenen Ausbildungsstellen im Kreis Ludwigsburg entfallen immerhin 58 Bewerber. Doch überall sonst sind die Vorzeichen negativ. 434 Ausbildungsstellen werden in den Branchen Gesundheit, Lehre und Erziehung angeboten. Dafür gibt es laut den Statistiken der Arbeitsagentur lediglich 221 Bewerber. In der Konsequenz heißt das, dass vermutlich rund die Hälfte der Ausbildungsstellen unbesetzt bleibt. Ähnlich dürftig sieht es auf dem Bausektor aus und in den Berufen, die mit Vermessung und Gebäudetechnik zu tun haben. Für die 261 Ausbildungsstellen interessieren sich lediglich 132 junge Männer und Frauen. Ob einfache Berufe, in denen lediglich eine niedrige Qualifizierung gefordert ist, oder komplexe Ausbildungsstellen mit hohen Anforderungen: Die Azubis fehlen überall, machte die Sprecherin des Arbeitsamtes deutlich.
Überall im Handwerk fehlen die Lehrlinge
Der Nachwuchsmangel
beschäftigt Betriebe in der gesamten Handwerksbranche. Für nahezu jeden Ausbildungsberuf suchen Handwerksunternehmen für das bevorstehende Ausbildungsjahr noch händeringend nach motivierten Nachwuchskräften, teilt die Stuttgarter Handwerkskammer auf Nachfrage der BZ mit. Die Gründe dafür sind vielfältig: Zum einen gibt es durch den demografischen Wandel weniger Jugendliche, die sich für eine Ausbildung bewerben. Auf der anderen Seite ziehen noch immer viele junge Leute ein Studium einer Lehre vor.
Die Berufschancen
werden nach Ansicht der Kammer unterschätzt: Die großen Zukunftsaufgaben wie die Mobilitäts- und Energiewende, der Ausbau der Digitalisierung oder der Wohnungsbau werden von gut ausgebildeten Handwerkern vorangetrieben, die von den Betrieben dringend gesucht werden.
Beliebt sind
bei den jungen Menschen Handwerksberufe wie Kraftfahrzeugmechatroniker/-in, Anlagenmechaniker/-in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, Elektroniker/-in oder Friseur/-in. Allerdings suchen die Betriebe auch für diese Ausbildungsberufe intensiv nach Lehrlingen.
Einen großen Mangel
an Auszubildenden gibt es in Berufen wie Fleischer/in oder Bestatter/in. Zudem fehlen viele Lehrlinge in den Berufen des Lebensmittelhandwerks sowie in den Bauberufen.