Ausgrabungen beim Burghof in Bietigheim Erkenntnisse zur Geschichte von Burg und Stadt erwartet

Von Uwe Mollenkopf
Die Grafik zeigt die heutige Bebauung auf dem Areal, auf dem in etwa im Mittelalter die Bietigheimer Burg stand. Das Gelände beim Gebäude „Burghof“ (Pfeil), das nach den Abrissarbeiten archäologisch untersucht wird, gehörte damals zum Burggraben. Foto: Werner Kuhnle

Bei der Sondage des Bauareals „An der Kelter“ kam laut Landesdenkmalamt der Graben der ehemaligen Burg zum Vorschein.

Am 22. August 1291 herrschten Angst und Schrecken im Dorf Bietigheim. Ein großes Heer unter Graf Eberhard I. von Württemberg rückte an und verwüstete den Ort samt den Weinbergen. Möglicherweise ging damals auch die Bietigheimer Burg in Flammen auf, vielleicht fiel sie auch schon etwas früher einer Fehde zum Opfer. Jedenfalls blieben von der mittelalterlichen Anlage laut einer Quelle nur der halbe Turm und die Kapelle übrig. Später wurde das Areal überbaut.

Ausgrabungen in den 80ern

In den 1980er-Jahren gelang es bei Ausgrabungen, vieles aus der Geschichte der Burg wieder zum Vorschein zu bringen. Ganz aktuell könnten jetzt neue Erkenntnisse hinzukommen. Denn wie berichtet sind nach Abrissarbeiten hinter der ehemaligen Weinstube „Burghof“, wo ein Mehrfamilienhaus entstehen soll, Funde zutage gekommen. „Bei der nun notwendig gewordenen archäologischen Rettungsgrabung können weitere Aussagen zur Geschichte der Burg sowie zur Entwicklung des Dorfes Bietigheim zur Stadt erwartet werden“, teilt Dr. Dorothee Brenner, die zuständige Gebietsreferentin im Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, auf BZ-Anfrage mit.

Bislang wurde zur Voruntersuchung ein archäologischer Probeschnitt („Sondage“) durchgeführt, da das Baugrundstück im Bereich des archäologischen Kulturdenkmals „Abgegangene Burg Bietigheim und abgegangene Burgkapelle, evangelische Stadtkirche St. Georg, (abgegangene) Kelter“ liegt. „Da mit dem Bau die sich im Boden befindliche Kulturdenkmalsubstanz zerstört würde, wurde diese Maßnahme notwendig, um Qualität und Quantität dieser Kulturdenkmalsubstanz festzustellen“, sagt die Archäologin. Mit den Ergebnissen einer solchen Sondage könne der Umfang einer archäologischen Rettungsgrabung besser eingeschätzt werden.

Zerstörung dokumentiert

Zu den bisher gewonnenen Erkenntnissen erklärt Brenner, dass der verfüllte Burggraben wohl in ganzer Breite zum Vorschein kam, wobei die oberen Verfüllschichten ins 13. beziehungsweise Anfang des 14. Jahrhunderts datieren. Somit werde die Zerstörung der Burg Ende des 13. Jahrhunderts dokumentiert.

Weiterhin befänden sich dort ein ofenartiger Befund und vier Keller als Reste der Bebauung des Areals vor der modernen abgebrochenen Bebauung. „Zumindest bei einem der Keller fanden sich auch Strukturen, die zu dem dazugehörigen Gebäude gehörten“, so die Archäologin. Teilweise seien die Keller in die Grabenverfüllung eingetieft. „Hier wurde die zur Burg gehörige außerhalb dieser liegende Bebauung des Dorfes Bietigheim nach der Aufgabe der Burg erweitert“, erläutert Brenner.

Die Ausgrabungen 1984 und 1985 waren ebenfalls Notgrabungen gewesen. Sie fanden statt, weil die Bietigheimer Kelter umgebaut und baulich gesichert werden sollte. Sie begannen im Innenraum des Gebäudes und wurden später auf den Umgehungsbereich ausgedehnt. Neben Mauerresten kamen auch zahlreiche Funde wie Keramik, Eisen, Münzen und Tierknochen zutage.

Turmrest stürzte 1542 ein

Wie Tanja Woebs in ihrer Dokumentation zur Bietigheimer Burg aus dem Jahr 2000 feststellt, wurde die Anlage der Herren von Bietigheim in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts gebaut. Sie diente zum Schutz der Enzfurt. Letzter bekannte Besitzer war Konrad von Schmiedelfeld. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts sei das Gebiet drumherum im Bereich der Turm-, Kelter-, Schieringerbrunnen- und Schieringerstraße bebaut worden. Die heutige Stadtkirche (Bauzeit 1400 bis 1411) steht dort, wo sich zuvor der Altar der Burgkapelle befand. Der Burgturm stand nördlich davon, wo sich die Kelter befindet. Die Hälfte des Turms, die die Zerstörung überstanden hatte, stürzte am 1. März 1542 ein, wobei neun Menschen ums Leben kamen und die damalige Kelter und Kirche beschädigt wurden.

Die archäologische Rettungsgrabung, die weitere Erkenntnisse verspricht, wird laut Landesdenkmalamt voraussichtlich noch diesen Herbst begonnen werden.

 
 
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