In den vergangenen Monaten ließen Kurt Sartorius, Museumsgründer und Vorsitzender der Historischen Gesellschaft, sowie Autorin Ann Marie Ackermann ihre Kontakte spielen, um die Sonderausstellung im Bönnigheimer Museum im Steinhaus zum Bürgermeistermord im Jahr 1835 noch interessanter zu machen als sie ohnehin schon ist.
Ausstellung im Steinhaus Geburtsstunde der Kriminalballistik
Mit der Sonderausstellung zum Bönnigheimer Bürgermeistermord im Museum im Steinhaus soll die Kriminalgeschichte neu geschrieben werden. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren.
Es geht um den spektakulären Mordfall am Bönnigheimer Schultes Johann Heinrich Rieber und die für das 19. Jahrhundert neuartigen Ermittlungsmethoden, die erstmals angewendet wurden. Der Mord am früheren Bönnigheimer Bürgermeister ist Thema des Buches der Deutsch-Amerikanerin, die die spannende Geschichte zunächst auf Englisch veröffentlichte, damit in den USA Aufmerksamkeit erregte und einen Festivalpreis bekam (die BZ berichtete). Ins Deutsche übersetzt ist das Buch seit dem vergangenen Herbst, und es hat hier ein neues Cover. Zu sehen ist darauf ein Gewehr, das den Mörder entlarvte, weil es einen fein gezogenen Lauf hatte. Und es unterschied sich darin von den 47 Gewehren, die damals Untersuchungsrichter Eduard Hammer vom Besigheimer Oberamt im Zuge seiner Ermittlungen einsammeln und unter die Lupe nehmen ließ. Sie hinterließ auf den gefundenen Schrotkugeln genau die Spuren, die nur zu einer Waffe passten, der eines abgelehnten Forstamtsbewerbers, der sich am Schultes im Oktober 1835 blutig rächte.
„Der Untersuchungsbericht hat immerhin 800 Seiten“, so Kurt Sartorius, „und er wird im Original vom Stuttgarter Staatsarchiv zur Verfügung gestellt“. In dem Bericht sind die Tatumstände, die Zeugenaussagen und die Ergebnisse der wohl ersten ballistischen Untersuchung, die den Mörder schließlich überführte. Vom Ursprung der Kriminalballististik überzeugt sind auch die Beamten des Landeskriminalamts in Stuttgart, wo die Autorin Unterstützung bei ihren Recherchen bekam.
Der Leiter des Landeskriminalamts (LKA), Stefan Michelfelder, wird die Ausstellung im Steinhaus am 5. April eröffnen und hat auch den Einleitungstext zum Buch geschrieben, bei dessen Recherchen sich die Geschichte um den gerichtsfesten Waffenvergleich ergab. Bislang wurde die forensische Ballistik dem berühmten Lyoner Arzt und Kriminologen Alexandre Lacassagne zugeschrieben, der sie erst 1889 veröffentlichte. Die hiesigen Ermittler waren damit viele Jahre vorher dran und so wird der Fall zur Geburtsstunde der frühen Kriminalballistik.
Für die Ausstellung gab es auch Unterstützung aus Österreich: Vom dortigen Kriminalmuseum habe man die Kopie eines „Tatortkoffers“, wie er damals verwendet wurde, bekommen, so Kurt Sartorius. Maßband, Hammer, Zange, Skalpell, Farbe und Pinsel waren damals bei Ermittlungen wichtig, aber auch ein Kruzifix, auf das die Zeugen früher schwören mussten. Zu sehen sein werden auch großkalibrige Gewehre aus der Zeit, die auch Schrot abfeuern konnten. Solche Schrotkugeln waren es, die den Bürgermeister abends nach dem Kneipenbesuch an seiner Wohnungstür trafen und denen er nach langer Qual schließlich erlag.
Auch filmisch wolle man das Thema beleuchten, verrät der Leiter der Historischen Gesellschaft. Ein eigens produzierter Film zeigt den Lebenslauf des Opfers sowie die Grabrede des damaligen Pfarrers, der den Mörder verfluchte. Ein weiterer Film der Heilbronner Kolpingschule zeigt die letzte Zeit vor dem Mord und die Flucht des Täters, die diesen schließlich als Auswanderer bis in die USA in den amerikanisch-mexikanischen Krieg führte, wo er als Soldat auf dem Feld starb. Erst 37 Jahre später kam seine Identität als Täter ans Licht und die Behörden konnten den Fall abschließen.
Hammermörder ein Thema
Zwei weitere prominente Fälle der forensischen Ballistik werden in der Sonderausstellung ebenfalls beleuchtet: Zum einen die Geschichte des Hammermörders, der im Südwesten 1984 und 1985 von der größten Sonderkommission nach Kriegsende gesucht wurde (die BZ berichtetete), zunächst aber lange nicht in den Reihen der Polizei. Helmut Fischer, heute stellvertretender Bürgermeister in Besigheim, wird als Ermittler von damals auch für Fragen zur Verfügung stehen. Zum anderen wird auf einer Infotafel der Kennedy-Mord dokumentiert, der als weltweit wichtiger Fall der forensischen Ballistik gilt. In beiden Fällen führte die Einzigartigkeit der Tatwaffe mit ihrem individuellen Lauf die Kriminalisten letztlich zum Täter.
„Die Ausstellung wird sicher überregionale Resonanz haben, weil sie die Geschichte der Kriminalballistik nachschreibt“, ist sich Sartorius sicher. Möglicherweise wird der Fall auch in das Guinessbuch der Rekorde kommen, als erster, der mit den Mitteln der forensischen Ballistik aufgeklärt wurde.
Info Eröffnet wird die Ausstellung zum Bönnigheimer Bürgermeistermord im Museum im Steinhaus (Schwäbisches Schnapsmuseum) am Sonntag, 5. April, um 15 Uhr. Zu sehen ist sie dann von April bis Oktober immer sonntags von 14 bis 17 Uhr und auf Anfrage.