Mit einer Vernissage ist am Wochenende die Ausstellung „Singen! Lied und Literatur“ des Deutschen Literaturarchivs Marbach im Literaturmuseum der Moderne auf der Schillerhöhe eröffnet worden. Die rund 50 Exponate sind in fünf große Themenbereiche gegliedert.
Ausstellung in Marbach Schätze der Notenkunst
Die Ausstellung „Singen! Lied und Literatur“ des Deutschen Literaturarchivs ist eröffnet worden. Rund 7900 Notenhandschriften und -drucke befinden sich in den Sammlungen.
Silbern glänzende Notenständer, auf denen jeweils ein Blatt Papier mit einem Buchstaben steht, ergeben das Wort „Singen“ und weisen den Weg die Treppe hinunter zur Ausstellungsfläche. Fünf große Tafeln mit Notentexten sind dort im Kreis arrangiert und widmen sich den fünf großen Themenkomplexen: Geburt, Natur, Liebe, Politik und Tod. Knapp 50 Exponate hat Kuratorin Dr. Gunilla Eschenbach dazu passend ausgewählt. Unter ihnen wahre Schätze der Notenkunst, erklärt sie und zeigt auf das originale Autograf der Lorelei von Heinrich Heine in der Vertonung von Friedrich Silcher: „Das ist uns vor Kurzem geschenkt worden vom Schwäbischen Chorverband zusammen mit dem Friedrich-Silcher-Archiv“.
Ersteinspielung in der Ausstellung
Da Lieder sich erst richtig entfalten können, wenn sie erklingen, gibt es zu fast allen Exponaten Einspielungen von jungen Sängerinnen und Sängern der Musikhochschulen Frankfurt am Main, Mannheim und Stuttgart sowie vom Kammerchor Stuttgart unter der Leitung von Frieder Bernius. In der Lied-Lounge in der linken Ecke des Ausstellungsraums laden Plätze mit Kopfhörern zum entspannten Nachhören ein. Ein wenig Stolz schwingt in Eschenbachs Stimme mit, wenn sie sagt, dass es sich bei den Einspielungen teils um Ersteinspielungen von Liedern handelt, die nur hier im Literaturarchiv vorhanden sind und damit meint sie vor allem „Dioras Klage“ aus der Feder des böhmischen Komponisten und Klaviervirtuosen Ignaz Moscheles mit dem Text von August von Platen. Gewidmet ist es der Sopranistin Marie Sachs, verheiratete Reclam. Sie war im 19. Jahrhundert eine sehr bekannte Konzertsängerin und in ihrem Nachlass, eingeklebt in einem Album, befand sich das Lied, berichtet Gunilla Eschenbach: „Ich freue mich über den Fund, denn das ist der einzige Überlieferungsträger dieses Liedes“. Zu finden ist der Notentext im Themenkomplex Tod, da es sich um ein Stück voller Trauer und Abschiedsschmerz handelt.
Nachdem in der letzten Ausstellung der Blick auf dem Bereich Film lag, steht im vierten Teil der Reihe #Literaturbewegt des Deutschen Literaturarchivs Marbach das gesungene Wort im Mittelpunkt. Verändert sich ein Gedicht, wenn es gesungen wird und wie wiederum beeinflusst der Text die Musik. Das sind die essenziellen Fragen, denen in der Ausstellung nachgegangen wird. Das Spannungsfeld von Sprache, Musik und Alltagskultur des Singens gilt es zu erkunden. Denn am Anfang war das Lied, so beschreibt es Gunilla Eschenbach und das Lied bildet auch die dominante Gattung im Musikalienbestand des Deutschen Literaturarchivs Marbach: Rund 7900 Notenhandschriften und Notendrucke vom 18. Jahrhundert bis heute befinden sich in den Sammlungen, wie zum Beispiel auch ein kleines Notizbuch, eine Schenkung vom Bassisten der Rockband „Ton Steine Scherben“, Kai Sichtermann. Hinter Glas liegt es in der Vitrine in der Mitte des Raums, zeigt eine eingeklebte Tarotkarte sowie handgeschriebene Vermerke und verdeutlicht dadurch die Arbeit am sogenannten schwarzen Album.
Karaoke als Mitmachstation
Ein wenig abseits der restlichen Ausstellungsexponate steht die interaktive „SongToolBox“. Sie fordert jeden und jede auf, selbst zum Mikrofon zu greifen: „Da kann man eigene Liedvideos kreieren. Man kann auswählen aus Stücken, die einerseits in der Ausstellung liegen, andererseits aber auch als bekannt vorausgesetzt werden dürfen, wie zum Beispiel „Schlaf, Kindlein, schlaf“, erläutert Eschenbach und führt weiter aus, dass durch eine kleine Auswahl an Beats die Lieder auch als Remix-Versionen gerappt werden können.
Mutige stellen das gesungene Ergebnis als Video der Ausstellung zur Verfügung. Per QR-Code wird es außerdem aufs eigene Smartphone heruntergeladen und kann geteilt werden – was den Bogen schlägt von der Lied-Rezeption vergangener Tage zu unserem zeitgemäßen Umgang mit Songs.