Axel Dornemann aus Sachsenheim Buch über Bürokratiegeschichten

Von Sandra Bildmann
Axel Dornemann zeigt sein neues Buch „Sie sind noch weit entfernt vom Verständnis für die Behörde – unversöhnliche Bürokratiegeschichten von Comenius bis Stephen King“. ⇥ Foto: Oliver Bürkle

Axel Dornemann hat ein Buch mit „Unversöhnlichen Bürokratiegeschichten“ herausgegeben. „Ich werbe für Verständnis, was da abgeht“, sagt er.

Ich hoffe, Beamte werden es auch lesen“, sagt Axel Dornemann und schmunzelt. Der Sachsenheimer ist Herausgeber des Buchs „Sie sind noch weit entfernt vom Verständnis für die Behörde – unversöhnliche Bürokratiegeschichten von Comenius bis Stephen King“, das kürzlich erschienen ist. Das Buch richte sich an die breite Öffentlichkeit, insbesondere an alle, die sich für soziale Probleme und Fragestellungen in der Literatur interessieren und der Frage nachgehen wollen, wie Beamte und Bürokratie in der Literatur dargestellt werden, sagt Dornemann.

„Meist wird der Beamte gescholten, ist Opfer oder Tyrann“, meint der Herausgeber. Er mag einerseits der Bürokratie zu ihrem Recht verhelfen. Andererseits geht es auch um eine Richtigstellung, wie er sagt. Dieses Buch sei kein Loblied, weder auf die Beamten noch auf die Bürokratie, „aber ich werbe für Verständnis, was da abgeht“.

Auch internationale Texte

33 Texte, die bis auf den von Johann Comenius alle im 19. oder 20. Jahrhundert verfasst wurden, hat Axel Dornemann hierfür zusammengetragen. Er habe sich nicht auf den deutschsprachigen Raum beschränken wollen; die Internationalität sei ihm wichtig, betont er. Und so finden sich deutsche Übersetzungen von Texten beispielsweise von Honoré de Balzac und Charles Dickens ebenso wie Fjodor Dostojewski und José Ortega y Gasset.

„Jede gute Bürokratiegeschichte ist mit ihren thematisierten Konflikten immer auch eine Seelenstudie und voller Schmerz und Mitleid, und zwar von Seiten des Dichters und des Lesers“, formuliert Dornemann in der Einleitung zum Buch. In seiner Zusammenstellung hat er drei „Gesichter der Bürokratie“ ausgemacht und in ein Dreiecksverhältnis nebeneinander gestellt: die reale Bürokratie, ein streng wissenschaftlich begründeter Idealtypus von ihr sowie ihre künstlerische Aufarbeitung. Dem Herausgeber geht es hierbei um das besondere Verhältnis zwischen der realen Wirklichkeit und der Wirklichkeit in der Literatur, die zwischen einer nüchternen Beschreibung von Erkenntnissen und Übertreibung oszilliert.

Diese Unterscheidung sei ein maßgeblicher Anreiz für ihn gewesen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, erzählt Dornemann. Nachdem er sich bereits in seiner Dissertation mit Bürokratie beschäftigte, hegte der studierte Germanist schon seit Jahrzehnten den Wunsch zu dieser Buchveröffentlichung. Durch pandemiebedingte Freizeit ließ sich dies nun in die Tat umsetzen.

Ein repräsentativer Querschnitt der damaligen Erkenntnisse und Funde könne diese Zusammenstellung freilich nicht sein, betont Dornemann: „Man könnte zehn solche Bücher füllen.“ Bisher veröffentlichte Bürokratie-Anthologien seien ihm zu „harmlos“ gewesen, weswegen er „die große Literatur auf ihre Reaktion auf die immer enger werdende staatliche Zwangsjacke“ abklopfen und in nachdrücklichen Beispielen bündeln mochte.

Lernen beim Lesen

Dornemann rät dem Leser zum Prinzip „Learning by reading“. Es empfehle sich die chronologische Lesart des Buchs, doch könnten die einzelnen Beiträge auch für sich stehen. Einer seiner Lieblingsbeiträge sei „Der Injektor“ von Warlam Schalamow aus dem Jahr 1956: „Diese kleine Episode ist so vielsagend: hanebüchen und fürchterlich zugleich.“

Info Die Anthologie ist bei Edition Noëma erschienen und für 24,90 Euro ab sofort im Handel erhältlich.

 
 
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