Berufliches Schulzentrum Hat die Menschheit eine Zukunft?

Von Dietmar Bastian
Zukunftsforscher Rolf Kreibich referierte vor 200 Schülern. Foto: /Werner Kuhnle

Zukunftsforscher Rolf Kreibich hält einen Vortrag vor 200 Schülern und Lehrern und macht Hoffnung.

Werden die Kinder und Enkel der Jetztgeneration noch lebenswerte Bedingungen für ihr Leben vorfinden? Dieser und weiteren existenziellen Fragen ging ein Vortrag von Prof. Dr. Rolf Kreibich vor rund 200 Oberstufenschülern im Beruflichen Schulzentrum in Bietigheim nach. Was sagte der renommierte, hoch dekorierte Soziologe, Physiker und Zukunftsforscher Kreibich (Jahrgang 1938) den aufmerksam zuhörenden Schülerinnen und Schülern? Seine Antworten, kurz auf einen Nenner gebracht: Wenn wir weitermachen wie bisher und der Erde fortgesetzt mehr Ressourcen entziehen und sie höheren Belastungen aussetzen als sie kompensieren kann, sei das Projekt Mensch gescheitert und dessen Fortbestand gefährdet. Wenn wir aber umdenken und einen radikalen Wandel bei einigen Lebensbereichen und Wertmaßstäben vollziehen, bestehe durchaus Grund zur Hoffnung.

Warnung vor Selbstzerstörung

Kreibich erläuterte den Schülerinnen und Schülern, der „Club of Rome“ habe bereits 1972 die Menschheit mit dem Bericht „Grenzen des Wachstums“ wachzurütteln versucht, und 1992 sei er als Mitglied der Deutschen Delegation bei der weltweit ersten Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro dabei gewesen. Geschehen sei seitdem nicht viel oder gar nichts. Inzwischen nähere sich die Menschheit mit immer größerer Geschwindigkeit sogenannten Kipppunkten („Tipping Points“), die, würden sie tatsächlich erreicht, in eine Selbstzerstörung des Menschen münden könnten: die Gefahren eines Nuklearkrieges, das „Kippen“ der Gewässer der Erde, der Klimawandel beziehungsweise die fortschreitende Erderwärmung, die Zerstörung der Biodiversität, die fortgesetzte Abholzung der Regenwälder, und – schließlich – die Überlastung der Meere.

In seinem neu erschienenen Buch „Die Menschheit zukunftsfähig machen. Plädoyer für eine Zweite Aufklärung und Nachhaltige Entwicklung“ setzt er sich kritisch mit dem „alten Weltbild“ auseinander, das Produktivität, eine immer höhere Lebenserwartung, unbegrenzte Mobilität und immer größeren Wohlstand zu den anstrebenswertesten Zielen der Menschheit erklärt hätte, auseinander. In der Euphorie des ständigen Wachstums von Produktion und Konsum seien die Schattenseiten dieser Maxime, der fortdauernden Steigerung des Bruttosozialprodukts, ausgeblendet worden. Nicht weniger als ein Paradigmenwechsel, ein Weg heraus aus der Sackgasse, sei notwendig, um den Fortbestand des Lebens auf der Erde zu sichern, so Kreibichs Fazit.

Kernaufgabe der Zukunft

In seinem Buch fordert Kreibich eine Entwicklung hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft, die den Erhalt der Natur und der natürlichen Lebensgrundlagen zur Kernaufgabe der Zukunft erhebt. Konkret gehe es dabei um einen intuitiven und kreativen Prozess, der am Ende zu einem 100-prozentigen Verzicht auf Energie aus fossilen Stoffen und hin zu rein regenerativen Energien und damit zur Unabhängigkeit von Schurkenstaaten führen müsse. Der Ausbau der Windkraft und der Sonnenenergie müsse dringend vorangetrieben werden, ebenso Technologien zur Rückgewinnung von Rohstoffen in einer Kreislaufwirtschaft.

Kreibich, dem 2012 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen wurde, ließ keinen Zweifel daran, dass das Leben auf der Erde ohne neue Lebensstile, Lebensweisen, neue Wohlstandsmodelle und Lebensqualitätsorientierungen der Menschen keine längerfristige Überlebenschance hätte.

  Dietmar Bastian

 
 
- Anzeige -