Seit vielen Jahren machen die Anwohner der Turmstraße Druck, das Steilstück hoch zur Wartturmsiedlung, die „Alte Steige“, für den Durchgangsverkehr zu sperren. Jetzt endlich, nach mehreren vergeblichen Anläufen, haben sie Erfolg. Zuletzt war ihr Wunsch im Jahr 2020 abgelehnt worden. Mit elf zu sechs Stimmen beschloss der Gemeinderat am Dienstag jedoch die Sperrung der Straße. Konkret bedeutet dies: Ab dem Abzweig der Turmstraße in die Landesstraße ist die „Alte Steig“ nur noch für Anlieger frei. Ab dem Abzweig zum Häslachrain ist sie in Richtung Wartturmsiedlung ganz gesperrt, also auch für die Anlieger. Sie müssen das Wohngebiet über den Häslachrain verlassen.
Besigheim „Alte Steig“ wird gesperrt
Autofahrer sind künftig gezwungen, statt dem Steilstück der Turmstraße die Landesstraße zu nehmen. Sorge um Sicherheit der Kinder gibt den Ausschlag.
Teil einer reinen Wohnstraße
So umstritten die Sperrung nach wie vor ist, so klar sind die Fakten. Die Turmstraße ist in diesem Teil eine reine Wohnstraße. Die Autofahrer könnten das Wohngebiet auf der gut ausgebauten Landesstraße umfahren, tun dies aber nicht – aus Gewohnheit oder um ein wenig Zeit zu sparen. Zählungen des Ordnungsamtes haben ergeben: Doppelt so viele Autofahrer benutzen die geradlinige Turmstraße statt der Landesstraße mit ihrer Kurve, morgens sind es sogar drei Mal so viele. Dabei beträgt der tatsächliche Zeitgewinn nur wenige Sekunden, um ihn auszuweiten, fahren viele Autofahrer zu schnell. Tempo 60 und mehr in der Tempo-30-Zone sind keine Seltenheit, wurde bei Messungen festgestellt, mehr als ein Viertel aller Autofahrer ist dort regelmäßig deutlich zu schnell unterwegs. In der Bürgerfragestunde machten zwei Familienväter aus dem nahen Wohngebiet noch auf einen anderen Punkt aufmerksam: Viele Kinder nutzen die Turmstraße als Schulweg, zu Fuß oder mit dem Rad, sie seien durch den Autoverkehr gefährdet. Für Bürgermeister Florian Bargmann ist die Sperrung deshalb die einzig mögliche Konsequenz aus der Situation. Das erhöhe die Wohnqualität und verbessere die Verkehrssituation und die Sicherheit. „Tagtäglich“ schlage die Problematik bei der Stadt auf, ergänzte Hauptamtsleiter Mahmoud Qasem.
„Kein Nachteil für die Autofahrer“
Die Mehrheit des Gemeinderates sieht dies ähnlich. Thomas Pulli von der BMU-Fraktion verwies darauf, dass die Landesstraße gut ausgebaut und leistungsfähig sei. Die Sperrung sei „kein Nachteil für die Autofahrer“, sagte er. Ähnlich sieht es Christian Herbst von der SPD. Wenn sich die Autofahrer an die Tempobeschränkungen halten, betrage der Zeitvorteil nur wenige Sekunden. Die Sicherheit der Kinder hat für ihn absoluten Vorrang. Er hält es für wünschenswert, Barrieren in der Straße zu errichten, um das Durchfahrtsverbot abzusichern. Marianne Pop von der Liste „Stadtimpulse“ hält es für gut, „proaktiv“ die Straße zu sperren, bevor tatsächlich Kinder in einen Unfall verwickelt werden. Katrin Hopf von der CDU verwies darauf, dass die Turmstraße der einzige barrierefreie Weg von der Wartturmsiedlung hinab in die Stadt sei.
Bedenken und Gegenstimmen kamen aus den Reihen der Freien Wähler und der CDU. Einige Stadträte befürchten, dass die Sperrung der „Alten Steig“ zum Präzedenzfall wird, wie es Jochen Roth von den Freien Wählern ausdrückte. Anwohner der Bügelestorstraße oder der Christophstraße könnten sich ermutigt fühlen, ähnliche Forderungen zu stellen. Roth regte an, die Geschwindigkeit stärker zu überwachen und eventuell einen Zebrastreifen anzulegen. Doch das sei aus rechtlichen Gründen in der Turmstraße nicht möglich, entgegnete Gebhard Woll vom Ordnungsamt der Stadt. Für Bürgermeister Bargmann gibt es in Besigheim keine vergleichbare Verkehrssituation.
Ulrich Gerstetter von der CDU bemängelte, dass die Stadt in ihrer Vorlage an den Gemeinderat keine Aussage darüber treffe, dass durch die Verlagerung andere Anwohner belastet werden. Einige Grundstücke in der Richard-Duschek-Straße reichen mit ihren Gärten nahe an die Landesstraße heran. Deren Bewohner haben sich bei früheren Diskussionen über zusätzlichen Lärm beklagt, sollte die Alte Steig gesperrt werden. Um die Bedenken von Anwohnern in der Bügelestorstraße, Christophstraße, Seitenstraße und an der Querung Luisenstraße/Marienstraße, wo viele Kinder unterwegs sind, „müssen wir uns künftig genauso kümmern“, sagte er.