Besigheim Angeklagter spricht von Notwehr

Von Bernd Winckler
Vor dem Landgericht Heilbronn muss sich ein 74-Jähriger verantworten, der einen Mitarbeiter mit einem Stuhlbein erschlagen haben soll. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Im Prozess wegen des Stuhlbein-Totschlags in Besigheim wurde der Anruf des 74-jährigen Ukrainers bei der Polizei abgespielt

Er sieht sich absolut unschuldig auf der Anklagebank. Der 74-jährige Mann, der aus der Ukraine stammt und der einen zehn Jahre jüngeren Mitbewohner in Besigheim getötet haben soll, macht in seinem Prozess vor dem Heilbronner Landgericht weiterhin Notwehr geltend. Nach der Tat hatte er die Polizei angerufen.

Eineinhalb Monate lang schon verhandelt die Erste Große Schwurgerichtskammer des Landgerichts in Heilbronn. Und erst am zweiten Verhandlungstag hatte der Angeklagte ausgesagt, dass er von dem 64-Jährigen, den er mit einem Stuhlbein regelrecht erschlagen haben soll, beleidigt und dann zuerst angegriffen worden sei. Das Opfer habe sogar eine Pistole (Schreckschusswaffe) benutzt, um ihm damit Schläge auf den Kopf zu verpassen. Doch was hat es mit dem Messer auf sich, welches die Polizei am Tatort auf einem Tisch liegend sichergestellt hat?

Am gestrigen Prozesstag wurde der Anruf des Angeklagten nach der Tat bei der Polizei im Gerichtssaal abgespielt. Dabei erklärt der 74-Jährige in gebrochenem Englisch, dass der andere Mann ihn angegriffen hätte. Der sei in sein Zimmer gekommen und habe geschlagen. Dann hört man bei dem Abspielen des Audio, wie der Angeklagte von Blut am Kopf berichtet. Zuletzt sagt er: „Der ist fertig“. Er sei „kalt“.

Nach Zeugenaussagen soll ein Messer bei dem Kampf zwischen den beiden Männern eingesetzt worden sein. Doch wer hat damit wen gestochen und verletzt? Der Angeklagte sagt, das Opfer hätte ihm mit dem Messer gedroht und dann auch angegriffen. Verletzungen, die von einem Messer herstammen könnten, wurden aber bei dem Angeklagten nach dessen Festnahme nicht entdeckt.

Mit Stuhlbein schwer verletzt

Demnach soll der 64-Jährige, wie die Staatsanwaltschaft in der Anklage festhält, mit dem Stuhlbein am Kopf und Hals so schwer verletzt worden sein, dass er erstickte. Zuhörer in dem Verfahren rätseln immer noch, wie der sehr schmächtige Angeklagte es schaffen konnte, seinen Gegenüber, der kräftiger als er gewesen sein soll, mit einem Stuhlbein zu töten. Der Angeklagte selbst wird von der Staatsanwaltschaft dennoch als gefährlich eingestuft, da nicht auszuschließen ist, dass er die Tat in einem psychischen Ausnahmezustand verübt habe und die Gefahr weiterer Aggressionen bestände. Deshalb wird der 74-Jährige jeweils nicht nur an Händen, sondern auch an den Füßen gefesselt in den Gerichtssaal gebracht.

Eine Entscheidung ob der Angeklagte in eine geschlossene Klinik kommt, will das Gericht nach drei weiteren Prozesstagen am 13. September verkünden.

 Bernd Winckler

 
 
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