Vor vielen Jahren waren die Abläufe auf Baustellen wenig organisiert. Material wie Schalungsholz, Baustahl und Zement in Säcken wurden oft in Hülle und Fülle angeliefert, der Rest am Ende wieder abgefahren. Bei der Besigheimer Baufirma läuft es planbar, seit die Digitalisierung Einzug gehalten hat. „Dieses Thema geht an uns nicht vorbei“, so Geschäftsführer Horst Köhler.
Besigheim Digitalisierung hält Einzug auf dem Bau
Das Besigheimer Unternehmen Karl Köhler arbeitet mit digitalen Zwillingen, Apps für Poliere und einer CNC-gesteuerten Schalungsplattenfräse.
Digitalisierung bis in Produktion
Mittlerweile zieht sich die Digitalisierung in der Baufirma durch alle Betriebsbereiche. Die Digitalisierung, so Köhler, gibt es in einer modellbasierten Kalkulation und bei der Bauausführung. So wird ein Gebäude zunächst virtuell modelliert, praktisch als Blaupause, wie es dann in der Wirklichkeit gebaut wird. Ein Grund für die Einführung der digitalen Umsetzung waren zum Teil komplizierte Vorhaben, wie etwa im Villen- und Ingenieurbau, besondere Formen beim Brückenbau oder Raketenprüfstände für das Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt in Lampoldhausen. Dabei hat sich die Digitalisierung bis in die Produktion durchgesetzt. Eine CNC-gesteuerte Schalungsplattenfräse ermöglicht es, komplexe Betonschalungen direkt in einer eigenen Halle zu realisieren. Köhler: „Den Trend und die Vorteile haben wir erkannt“, damit wolle man sich auch von Wettbewerbern absetzen.
Unkomplizierte Änderungen
Gleichwohl wolle man sich nicht zu viel anmaßen. Partnerschaftlich wird mit den Architekten, die oftmals ein 3D-Modell herstellen, und den Fachplanern im Idealfall gemeinsam am Modell gearbeitet, das allen zur Verfügung steht. „Bei uns spricht man jedoch von 5D, weil auch noch die Kosten und die Zeit im Modell hinterlegt sind“, erläutert Köhler. So könne man am Bildschirm jede Wand eines Bauprojektes anklicken und sagen, wie viel Kubikmeter Beton man dafür oder wie viel Farbe man für das Streichen einer Halle braucht. Dies ermöglicht dem Einkäufer nicht nur eine konkrete Mengen- und Kostenkalkulation, sondern dient auch einem reibungslosen Bauablauf. Durch einen „Digitalen Zwilling“, der über eine Planungssoftware erstellt wird, werden so nicht nur die relevanten Massen für ein Bauprojekt ermittelt. In dieser Phase ist es auch möglich, unkompliziert Änderungen am Modell vorzunehmen – die Massen ändern sich in allen Gewerken dann automatisch mit.
Die Digitalisierung setzt sich auf den Baustellen der Firma Karl Köhler fort. Die Lieferung – vom Hammer, Nägeln und Arbeitshandschuhe bis hin zu Mauersteinen und Schalungselementen – erfolgt über eine App auf dem Smartphone, Tablet oder PC. Eine solche Bedarfsmeldung ist wie eine „Buchung“ bei Amazon, so Marcel Erwerle, der bei Köhler für den Baunebenbetrieb zuständig ist. Die Daten werden von der Bestellung bis zur Anlieferung vereinheitlicht. Mit der Digitalisierung ist man einen großen Schritt gegangen, künftig könne man dann die KI anbinden. „An dem Punkt sind wir jetzt, das wird sich weiterentwickeln.“
Optimierung aller Prozesse
Der schrittweise Einsatz von digitalen Tools soll zur Optimierung aller Prozesse im Unternehmen führen, ergänzt Lea Köhler, zuständig für die Organisationsentwicklung und Digitalisierung. Die zentrale Intranet-Kommunikationsplattform „KKpedia“ informiert alle Poliere und Bauleiter live über Neuigkeiten. Durch den Einsatz der Cloud werden automatisch die Dokumente des Baustellenordners synchronisiert und bei Änderungen erhält der Polier eine Benachrichtigung. „Wir sorgen damit für mehr Transparenz und stellen sicher, dass jeder immer die aktuellen Pläne zu Verfügung hat“, so Lea Köhler.
125 Beschäftigte
Durch den Einsatz von Microsoft mit Power Apps und Power Automate werden Arbeitsabläufe optimiert. Ein Ziel ist das Erfassen von Fehlern und Herausforderungen von Bauprojekten, um daraus für zukünftige Projekte zu lernen. Einen Chatbot mit den eigenen Unternehmensdaten zu erstellen wird als Konzept entwickelt. Zum Beispiel könnte ein solcher Chatbot auch genutzt werden, um Vorlagen für entsprechende Anliegen schnell zu finden. Ein Ziel ist, durch Digitalisierung den administrativen und bürokratischen Aufwand zu reduzieren, um die Baubranche interessant zu gestalten. Auch macht sich der Fachkräftemangel schon lange bemerkbar. So ist die Baufirma Karl Köhler mit derzeit 125 Beschäftigten ständig auf der Suche nach Fachkräften, die Neues wagen wollen. „Digitalisierung endet nicht im Büro, sondern findet auch auf der Baustelle statt“, so Geschäftsführer Horst Köhler.