Gleich zweimal schlägt die Besigheimer Studiobühne in diesem Sommer dem antiquierten Tragödien-König Sophokles ein Schnippchen. Die Laienschauspieler um Armin Gosch blasen den Staub aus den Klassikern „Ödipus“ und „Antigone“.
Besigheim Entstaubte Tragödien von Sophokles
Die Studiobühne zeigt in ihrer Freiluftsaison an den nächsten vier Wochenenden „König Ödipus“ und „Antigone“, beide in der modernen Version mit Musik von Bodo Wartke.
In einer kabarettistischen Fassung von Liedermacher und Schauspieler Bodo Wartke hört sich das alles nach leichtem Stoff für einen unterhaltsamen Sommerabend an. Ein Kabarett in Versen. Wo gibt es denn so etwas und das gleich zweimal? Wartke, der charmante Conférencier weiß, wie man Wort und Ton verbindet, sodass die Musik die Sprache beflügelt und eine faszinierende Melange aus beidem eine neuen kulturellen Leckerbissen formt.
Rasante Rollenwechsel
Den hoch motivierten Schauspielern von der Studiobühne sind ihre frechen Rollen wie auf den Leib geschrieben. Das Puzzle aus Charakteren im Ganzen beerdigt Dramenqueens und Dramenkings, die jeweils das Original dominieren und kreiert stattdessen neuzeitlich wache Geister in intelligenten Rollen. Was einer Aufführung auf der Sommerbühne in Besigheim neben dem Steinhaus entgegenkommt: Die Schauspieler brauchen nur wenige Requisiten. Rasante Rollenwechsel werden zum Markenzeichen und bringen Aufwind, wo sonst in der Tragödie oft die Luft steht.
Die Studiobühne in Besigheim setzt darauf, dass viele der Zuschauer in ihrer Schulzeit oder auch darüber hinaus schon Erfahrungen mit Sophokles’ schwerer Kost in der Literatur der Antike gesammelt haben und deshalb die Neufassung wohl umso mehr genießen können. Die Sehnsucht nach einer Entschlackung des schweren Stoffes scheint groß zu sein. Immerhin haben schon mehr als 50 Bühnen im Land die beiden Fassungen von „König Ödipus“ und „Antigone“ gewählt für bizarre Theaterabende.
Vor zehn Jahren schon brachte die neu gegründete Jugendgruppe „König Ödipus“ in der Version von Bodo Wartke und identifizierte sich so sehr mit dem Stoff, dass sie den Lamathea-Landesamateurschauspielpreis für „Theater mit Jugendlichen“ gewann.
„König Ödipus“ und „Antigone“ führen die Schauspieler der Besigheimer Studiobühne im Wechsel auf. Beide kann man ohne Vorkenntnisse genießen, verspricht das Programmheft. Armin Gosch der Vorsitzende des Theatervereins empfiehlt zuerst „König Ödipus“ anzusehen und im zweiten Durchgang „Antigone“ das Geleit zu geben. Anklänge zweier weiterer Dramen von Sophokles sind ebenfalls Teil des Programms bei „Antigone“ – eine heiter bunte und von viel geistigem Zündstoff inspirierte Fassung und eine Alternative zu dem, was die klassische Antike heute in ihrer Literaturform heute so hölzern macht.
Im Verbund mit zwei weiteren Autoren entstand auch die Neufassung von Antigone. Außer Bodo Wartke tragen als Autoren auch Carmen Kalisch und Sven Schütze zu dem zündenden Konglomerat aus Musik und Wortwitz bei. Wer bei der Generalprobe die verschmitzten Gesichter langgedienter Schauspieler wie Emely Zundel in der Rolle der Sphinx sah, weiß schon jetzt das die Wahl dieser modernen Ausgabe beider Werke ein echter Hingucker ist. Nun braucht nur noch das Wetter mitzuspielen, wenn am kommenden Freitag, 12. Juli, der imaginäre Vorhang für „König Ödipus“ aufgeht.