Bei den Sitzungen des Verwaltungsausschusses sind die Stadträte häufig unter sich. Doch an diesem Dienstag war das anders: Im hinteren Teil des Ratssaales drängten sich die Zuschauer. Es waren junge Eltern, die verfolgen wollten, wie das Gremium über die Kernzeitbetreuung an der Grundschule entscheidet. Denn die Stadt hat große Probleme mit diesem Thema: Räume und Personal sind überlastet. Das Minus in der Kasse ist zu hoch angesichts der knappen Haushaltslage. Zugangsbeschränkungen und eine deutliche Gebührenerhöhung sollen für eine Lösung sorgen.
Besigheim Für die Eltern wird es wieder teurer
Die Stadt möchte die Zahl der Kinder begrenzen und wird die Gebühren für die Kernzeitbetreuung deutlich anheben.
225 Kinder sind angemeldet
Eindringlich schilderte Bürgermeister Florian Bargmann zu Beginn der Sitzung die Problematik. Aktuell hat die Stadt in Besigheim vier Räumlichkeiten für die Kernzeitbetreuung angemietet. Sie bieten Platz für 175 Kinder. Angemeldet jedoch sind 225 Kinder. Lärm und Enge machen Kindern und Personal zu schaffen. Krankheitsfälle häufen sich, ein Teil des Personals hat bereits gekündigt. Für das kommende Schuljahr ist die Kernzeitbetreuung in Besigheim erneut überbucht. In Ottmarsheim ist die Situation deutlich entspannter.
Eine qualitativ hochwertige Betreuung ist auf diese Weise nicht zu leisten, sagte der Bürgermeister: „Das kommt niemandem zugute.“ Als im vergangenen Jahr Eltern abgewiesen werden mussten, hatte es einen Aufschrei gegeben, es fehlte eine Begründung für die Absage. Auch kurz vor der Beratung im Ausschuss hatten sich Eltern protestierend an Stadt und Gemeinderat gewandt.
Die Stadt hat deshalb ein Punktesystem entwickelt, um die Vergabe gerecht, transparent und nach der Bedürftigkeit zu gestalten. Vor allem berufstätige Eltern und Alleinerziehende werden damit bevorzugt. Dieses Punktesystem traf bei den Stadträten auf große Zustimmung. Mit einer Einschränkung: Die SPD möchte Alleinerziehende noch stärker bevorzugen. Ganz anders jedoch sah es beim Thema der Gebührenerhöhung aus. Höhere Gebühren sind aus Sicht aller Beteiligten notwendig. „Wir können es uns nicht leisten, diese Betreuung zu finanzieren“, sagte Bargmann. Die jährlichen Kosten liegen bei 679.000 Euro, allein für das Personal werden 545.000 Euro fällig. Am Ende des Jahrs bleibe ein Defizit von 300.000 Euro bei der Stadt hängen.
Fünf Euro pro Stunde
Fünf Euro soll künftig eine Stunde in der Kernzeitbetreuung kosten, so der Vorschlag der Stadtverwaltung. Das soll auch für Ottmarsheim gelten, wo die Gebühren aktuell noch etwas niedriger sind als in Besigheim. Das allerdings bedeutet im Einzelfall eine Erhöhung um 100 bis 150 Prozent, rechnete Stadträtin Lena Ebert (BMU) vor, je nachdem wie oft und wie lange Eltern ihre Kinder in die Kernzeitbetreuung schicken.
Für unverhältnismäßig hält auch Marianne Pop (SIP, Stadtimpulse) die Erhöhung. Sie erinnerte an die gemeinsame Linie bei den Haushaltsberatungen, in allen Bereichen der Stadt rund zehn Prozent einzusparen oder die Gebühren in dieser Höhe anzuheben. Christian Herbst von der SPD verwies darauf, dass längere Schulzeiten künftig bereits für Einsparungen bei der Kernzeitbetreuung sorgen werden.
Friedrich Köhler (Freie Wähler) hält die Gebühr von fünf Euro pro Stunde dagegen für fair. Sie sei gerecht gegenüber denjenigen Eltern, die keinen Platz in der Kinderbetreuung bekommen werden. Katrin Hopf (CDU) kam auf einen Maximalbetrag von 450 Euro, wenn Eltern das komplette Angebot in Anspruch nehmen. Das sei immer noch günstiger als eine Kita oder eine Tagesmutter.
Für Bargmann hat die Erhöhung angesichts der Überlastung auch eine Steuerungsfunktion. Die Eltern sollen dazu gebracht werden, sich stärker selbst zu organisieren, sich untereinander zu vernetzen und das Angebot der Kernzeitbetreuung flexibler zu nutzen. Das mache es im Endeffekt auch günstiger für sie, argumentierte er.
Im Ergebnis einigte sich das Gremium auf Antrag des BMU auf einen Stundensatz von 4,50 Euro. Das sei immer noch eine deutliche Erhöhung und erfülle die Funktion als Steuerungsinstrument. Vorerst ist dies allerdings nur eine Empfehlung an den Gemeinderat. Ob diese Entscheidung Bestand hat, wird sich in der kommenden Sitzung des Gremiums zeigen. Michael Soltys