Besigheim Medizin gegen ernste Lage

Von Susanne Yvette Walter
Willy Astor war in der Alten Kelter in Besigheim der „Jäger des verlorenen Satzes“. ⇥ Foto: Richard Dannenmann

Der Kabarettist und Entertainer, Musiker und Wortschöpfer Willy Astor füllt die Alte Kelter Besigheim mit seinem „Programm für Wortgeschrittene!“

Silbenfischen statt Silberfischchen - Willy Astor klaumaukt sich auf seine Weise seit Jahrzehnten durch die deutsche Sprache.

Er tut es noch oder besser gesagt wieder - mit großem Erfolg in Besigheim in der Alten Kelter am Samstagabend. Der Saal platzt fast aus den Nähten. Für Willy Astor ist das der perfekte Rahmen um durchzustarten. Er gibt sich als „Jäger des verlorenen Satzes“ aus, meint natürlich den Wortschatz, schnallt die Gitarre um und legt los.

Alles, was er heute an der deutschen Sprache vermisst oder was er hinter ihr vermutet, kommt auf den Tisch, charmant verpackt vom Podest-Protest-Sänger Willy Astor. Sein Publikum kennt ihn so und liegt von der ersten Minute auf der Lauer. Perspektivenwechsel sind die Spezialität des Kleinkunst-Helden und so schaut er die Welt mal kurz aus der Perspektive einer Klopapierrolle an: „Na wie ist die Lage? Ah von der Rolle!“.

Hymne auf die Sauberkeit

Aus dem Ohrwurm der 70er Jahre über den Mongolenführer Dschingis Khan wird „Sak-Sak-Sakrotan“ eine Hymne auf die Sauberkeit in Zeiten der besonders sensiblen Keim- und Virenwahrnehmung. Aus der Modern Talking Schnulze „Cheri Cheri Lady „wird „Steril Steril sein“. Astor ist bekannt für abstruse Gedankengänge, die er in wortschöpferische Komik verwandelt. In immer neuer Wortgaudi grast er die Grammatik ab, baut Sätze mit Subjekt, Objekt und Glutamat, was ja auch so ähnlich klingt und befreit seine Zuhörer einmal mehr von der Vorstellung, dass alles was über eine Kabarettbühne rollt, immer Sinn machen muss, politisch oder sonst wie. Gleich wird klar, dass Schein und Sein ganz nah beieinander liegen, genauso wie Sens und Nonsens, und dass hier Raum ist für all die Sätze, die schon immer mal gesagt werden sollten. Der „Jäger des verlorenen Satzes“ nimmt nur zu gern die Fährte auf. Der Wortschöpfer und Silbenfischer liebt Tiefgang im Speziellen ohne Tiefe im herkömmlichen Sinn herbeizureden. Er verleiht seinen Worten neue Inhalte, parallel zur bestehenden Bedeutung.

Humor direkt vom Erzeuger

Dazu gehört auch eine Hommage an die Frauen in New York, die bei Donner kehren. Wieder einmal kommt der Humor „Direkt vom Erzeuger“. Zitate aus allen Ecken der Gesellschaft in ein neues Licht zu setzen ist eine der großen Spezialitäten von Willy Astor. Wie ein Mechaniker montiert er seine Geschichten zusammen. Es sind einzigartige Storys, die eigenwillig Sinn machen.

Wer den abstrusen Spaßpropheten und philosophierenden Musiker einmal erlebt, weiß, warum Stadthallen wie die Alte Kelter in Besigheim so voll werden, wenn Willy Astor kommt. Krisenerprobt hält er jetzt seine Fahne besonders hoch und hat im charmanten Plauderton die Lacher auf seiner Seite. In dieser aus den Fugen geratenen Welt braucht es genau dieses Programm, so Astors Standpunkt. „Albernheit ist die beste Medizin gegen den Ernst der Lage, der uns von allen Seiten einholt“, stellt er fest. Da lässt man sich doch gern drauf ein, einfach abschalten und sich anstecken lassen.

 
 
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