Bei dieser Sommerhitze ist Wilfried Schlenker aus Besigheim am liebsten morgens in seinem Garten und kümmert sich um den Wildwuchs. „Mich hält nicht viel im Haus und im Sommer schon gar nicht“, erklärt der Besigheimer. Der 87-Jährige liebt Bewegung, die Natur und sein freies Leben. Geboren ist er in Schwenningen am Neckar, 1935 – ein Kriegskind, das weiß, wie es sich anfühlt, Kohlen klauen zu müssen, damit man es im Winter warm hat. Sein Vater hatte eine Bäckerei, starb früh und Wilfried Schlenker konnte aufgrund seiner Bronchitis den Laden nicht weiterführen. So zog er aus, sich Arbeit und Ausbildung zu suchen und fand ein Leben voller Fülle und Farbe.
Besigheim Mit 87 noch aktiver Wanderer und Radfahrer
Wilfried Schlenker aus Besigheim hat schon viele Länder bereist. Auch im hohen Alter ist das Mitglied des Schwäbischen Albvereins Gemmrigheim umtriebig und äußerst aktiv.
Wegwart beim Albverein
Seit 1983 lebt er in Besigheim. Wilfried Schlenker ist ein Urgestein im Schwäbischen Albverein Gemmrigheim. Zusammen mit seiner Frau engagiert er sich dort seit Jahren, nimmt an Wanderungen teil, geht mit dem Verein auf Reisen und hilft in der Organisation mit. „Das war früher natürlich mehr als heute“, erklärt Schlenker bescheiden. In Spitzenzeiten hat der Verein gemeinsam Wanderwege betoniert und Wilfried Schlenker war Wegwart.
Er lenkte als Wanderfreund seinen Blick auf Pilgerstrecken und wanderte etappenweise den Jakobsweg allein und mit anderen aus den Reihen des Vereins. Besonders gern denkt er an die Strecke von Rothenburg ob der Tauber nach Murrhardt zurück. Sein sportlicher Begleiter in den letzten Jahren war vor allem das Fahrrad. „Ich bin nicht nur ein Vereinsmensch, sondern teilweise auch ein Einzelkämpfer“, beschreibt Wilfried Schlenker sich selbst. Deshalb ist er in den letzten Jahren auch zusammen mit seiner Frau mit dem Fahrrad durchs ganze Ländle gefahren.
Und das war nur der Anfang. Wilfried Schlenker entdeckte auch Thailand und Tunesien mit dem Fahrrad. Er kaufte sich auf Reisen einfach ein Rad und änderte die Perspektive. Schlenker: „6000 Kilometer sind wir an der Donau entlang gefahren, meine Frau und ich, und waren dreieinhalb Monate unterwegs. Wir waren in Bulgarien, dem damaligen Jugoslawien, in der Türkei und in Griechenland.“ 2012 war Schlenker zehn Wochen alleine in Südamerika unterwegs und wusste morgens nie, wo er abends schläft.
Pionier in Marokko
Das Reisen auf eigene Faust steckte dem heute 87-Jährigen im Blut seit er ein Teenager war. Schon in den 50er-Jahren war er als Deutscher mit Pioniergeist in Spanien und Marokko unterwegs. „Im marokkanischen Ceuta bin ich damals volljährig, also 21 Jahre alt geworden“, erinnert sich Schlenker noch genau. „Meine Mutter hat mir 50 Mark geschickt, damit wir feiern können. Wilfried Schlenker nennt die jungen Jahre seine Vagabundenzeit und denkt sehr gern an sie zurück. Schließlich hat er damals die Weichen gestellt für das reisefreudige und bewegte Leben, das er bis ins hohe Alter liebt.
Schlenker war in manchen Jahren vier Monate und mehr unterwegs, hat im Amazonasgebiet in der Hängematte geschlafen und trotzdem auch ein solides Familienleben mit drei Kindern geführt. „Gott hat mich beschützt“ ist er sicher und schaut heute gern auf die Welt hinaus von seinem Garten aus. Doch nicht immer: Mit dem Neun-Euro-Ticket erkundet Wilfried Schlenker als 87-Jähriger am liebsten die Gegend. Einmal auf Reisen, immer auf Reisen.