Zwei aus der Ukraine stammende Männer bekommen in der Besigheimer Unterkunft „Am Wasen“ Streit. Ein 75-Jähriger soll den 64-jährigen Kontrahent mit einem Stuhlbein tot geprügelt haben. Jetzt sitzt der 75-Jährige auf der Anklagebank des Heilbronner Landgerichts.
Besigheim Mit einem Stuhlbein tot geprügelt
75-jähriger Ukrainer muss sich nach Streit in der Besigheimer Unterkunft wegen Totschlag verantworten.
Das grausige Geschehen soll in der Nacht zum 11. Januar stattgefunden haben. Im Zuge dieses Streits soll der Angeklagte ein Stuhlbein genommen und mehrfach wuchtig auf den Körper und den Hals- beziehungsweise Nackenbereich des Opfers eingeschlagen haben. Die Folge seien multiple Verletzungen vor allem im Bereich des Nackens und am Körper, heißt es in der gestern verlesenen Anklageschrift.
Am Tatort verstorben
Ein ebenfalls aus der Ukraine stammender Bewohner des Zimmerflures, der die Schreie vernommen hatte, rief die Polizei. Nachdem die Polizei kam und gleichzeitig auch die Rettungskräfte mit dem Notarzt, konnte dem Mann allerdings nicht mehr geholfen werden. Noch am Tatort war er an den schweren Verletzungen und an einem zentralen Kreislaufversagen verstorben.
Am gestrigen ersten Verhandlungstag schwieg der Angeklagte noch zu dem Tatgeschehen. Auskunft gab der 75-Jährige hingegen über seine Person: Er sei in der Ukraine geboren und in einem Kinderheim aufgewachsen, danach sei er als Pflegekind bei einem Ehepaar gelandet.
Seit 2022 in Deutschland
Er habe als Radiomechaniker gearbeitet, sei dann aber im Winter bei Glatteis gestürzt und habe sich dabei einen Wirbel eingeklemmt. Mit einem eigens konstruierten medizinischen Gerät zur Streckung der Wirbelsäule unter Wasser, welches er als Patent angemeldet hat, konnte er nicht nur sein Leiden lindern, sondern als Berater in Kliniken auch anderen Patienten helfen. Er habe geheiratet und seine beiden Söhne seien im Ukraine-Krieg gefallen. Im Mai 2022 sei er in der Flüchtlingsunterkunft Besigheim einquartiert worden.
Im Wege der Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft offensichtlich bei dem Angeklagten Hinweise auf einen psychischen Ausnahmezustand zur Tatzeit erhalten. Daher hat das Gericht vorsorglich einen Sachverständigen in den Prozess hinzugezogen. Am ersten Prozesstag teilte der Vorsitzende Richter mit, dass der Angeklagte in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden kann, falls sich der Verdacht eines psychischen Defekts erhärtet.
Am 16. Juli werden die ersten Zeugen vernommen. Ein Urteil soll nach weiteren sechs Prozess-Terminen am 13. September verkündet werden. Bernd Winckler