Besigheim Neues Finanzierungsmodell für Anna Unverpackt

Von Helena Hadzic
Ladenbesitzerin Natalie Almeras setzt sich mit ihrem Anna Unverpackt-Kaufladen dafür ein, Müll zu reduzieren. Durch die Corona-Krise sind allerdings die Kosten gestiegen und die Kundenzahlen eingebrochen. Foto: /Oliver Bürkle

Kosten und Einnahmen sind in keinem Verhältnis mehr – eine Solidargemeinschaft durch Mithilfe der Kunden soll für mehr Planungssicherheit sorgen.

Corona hat schon viel verändert“, sagt Nathalie Almeras vom Anna Unverpackt-Kaufladen in Besigheim. Wo heute täglich um die 50 Kunden den im Jahr 2019 eröffneten Laden besuchen, waren es vor der Pandemie noch circa 40 Prozent mehr. Zudem sind die Fixkosten gestiegen, Almeras benötigt immer mehr liquide Mittel, um den Laden überhaupt halten zu können. „Verhältnismäßig geht es uns sogar noch gut – denn es gibt uns noch“, meint die Ladenbesitzerin. Lange werde sich dieser Zustand aber so nicht mehr halten können. Als Deadline hat sich Almeras den März 2024 gesetzt – hat sich bis dahin die Situation nicht verbessert, müsse sie den Laden schließen. Eine Solidargemeinschaft soll Abhilfe schaffen – doch was bedeutet das eigentlich konkret? Die BZ hat nachgefragt.

„Das heißt, dass die Kunden mitanpacken und solidarisch den Laden mittragen“, meint Almeras. Genauer bedeutet das, dass sich Kunden dazu entschließen können, zum Monatsanfang einen Betrag an den Laden leisten, für den sie im laufenden Monat im Laden einkaufen, wie etwa für 50 Euro. „Das bietet Planungssicherheit, weil ich weiß, mit wie viel Einnahmen ich schon mal rechnen kann“, betont sie.

Kundenkarten mit Kaufbetrag

Das Ganze soll durch das neue Kassensystem möglich gemacht werden, das sie seit Juni im Laden hat. Dieses stammt von der Firma Conema aus Murr, dessen Geschäftsführer Marc Höhnes Unverpackt-Läden unterstützt. Die Kunden, die mithelfen wollen, bekommen Kundenkarten, auf die der jeweilige Betrag geladen wird, dieser wird per Lastschrift zum Monatsbeginn eingezogen. Dabei könne man beispielsweise zwischen einem viertel, einem halben oder einem vollen Beitrag wählen – mindestens jedoch werden wohl 50 Euro gefordert werden, schätzt die Ladenbesitzerin. „Durch die anfallenden Kosten, etwa für den Lastschrifteinzug, rechnet es sich bei niedrigeren Beträgen wahrscheinlich nicht“, sagt sie weiter. Die Beitragshöhen werden jedoch noch berechnet werden. Der Vertrag einer solchen solidarischen Vereinbarung sei auf ein halbes Jahr angesetzt – Almeras wolle dennoch flexibel bleiben. Bei Umzug, Krankheit oder sonstigen Ausnahmefällen könne man auch früher aus der Vereinbarung heraus, ist man mal im Urlaub, könne ein Monat ausgesetzt werden. „Ich möchte. dass sich die Kunden weiterhin wohlfühlen“, betont sie.

Den Anstoß zu der Idee gab Attila Flörike, ein Unternehmensberater vom Unverpackt-Verband. Dieser habe Almeras bei dem Entschluss unterstützt und begleitet. An der Informationsveranstaltung zu der Solidargemeinschaft am 22. November, 19.30 Uhr, im Hotel am Markt in Besigheim wird Flörike die Idee vorstellen und erläutern, wie der Ablauf sein wird. Dabei ist das fertige Konzept noch nicht in Stein gemeißelt. „Die Details werden an dem Info-Abend besprochen und entwickelt – gemeinsam mit den Unterstützern“, erklärt Almeras. Zwischen 30 und 40 Kunden haben sich bereits zu der Veranstaltung angemeldet, der Aufruf dazu kam per E-Mail. „Ich bin natürlich überwältigt, dass die Resonanz so positiv ist“, sagt sie. Auch in persönlichen Gesprächen mit Stammkunden sei die Idee gelobt worden, es sei toll, dass sie nicht einfach aufgebe, sondern versuche, auf diesem Wege den Kaufladen zu retten.

Für Almeras sei es eine Herzenssache. Mit dem Laden wolle sie ein Zeichen setzen, denn bereits im Kleinen könne man etwas tun – und sei es auch nur, die Brezel beim Bäcker direkt in die Hand zu nehmen statt in ein Tütchen einpacken zu lassen. „Aber Idealismus allein reicht nicht, es braucht auch Wirtschaftlichkeit.“

 
 
- Anzeige -