Aufgeben ist keine Option für das Bauunternehmen Karl Köhler aus Besigheim. Davon, dass es im vergangenen Jahr keine neuen Auszubildenden gab, lässt sich die Firma nicht beirren. „Es muss weitergehen“, sagt der Ausbildungsleiter Marcell Erwerle. Diese Einstellung wurde belohnt: Karl Köhler Besigheim hat den Ausbildungspreis 2024 der Handwerkskammer Stuttgart gewonnen. Zudem fingen in diesem Jahr drei neue Auszubildende als Maurer oder Stahlbetonbauer in der Firma an.
Besigheim Praxiserfahrungen vor dem Studium
Die Firma Karl Köhler erhält den Ausbildungspreis 2024. Der Azubi Tim Tränkle und der Ausbildungsleiter Marcell Erwerle berichten von der Ausbildung in ihrem Bauunternehmen.
Auszeichnung für Engagement
Die Handwerkskammer Stuttgart zeichnet jährlich jeweils den besten Ausbildungsbetrieb der sechs Landkreise aus. Damit soll besonderes Engagement im Handwerk belohnt werden. Die Karl Köhler GmbH hat die Auszeichnung für den Landkreis Ludwigsburg gewonnen. Die Firma bildet seit 1943 junge Handwerker aus.
Am 19. September dieses Jahres wurde der Preis im Rahmen der Freisprechung der Handwerkslehrlinge in Bietigheim-Bissingen verliehen. Das Bauunternehmen, vertreten durch den Geschäftsführer, Horst Köhler, sowie den Ausbildungsleiter, Marcell Erwerle, nahm den Preis entgegen. Zusätzlich erhielt der Betrieb einen Bericht in der Deutschen Handwerkszeitung sowie ein Videoporträt auf dem YouTube-Kanal der Handwerkskammer.
Mit dem Elektro-Smart zur Schule fahren
Die Auszubildenden bekommen zudem von der Handwerkskammer einen Elektro-Smart zur Verfügung gestellt, mit dem sie in die Schule gefahren werden, oder selbst fahren können. Mit jenem Elektro-Smart fährt der 20-jährige Azubi Tim Tränkle immer wieder zur Berufsschule. „Ich war schon immer vom Handwerk begeistert. Da mein Vater in der Baubranche tätig ist, habe ich das von klein auf mitbekommen“, berichtet er. Aktuell befindet er sich im dritten Lehrjahr als Stahlbetonbauer. Aufgrund seines Abiturs konnte Tränkle das erste Jahr überspringen, in dem ausschließlich theoretische Inhalte vermittelt werden.
Nach der Ausbildung ins Studium
„Ich habe mich bewusst dazu entschieden, erst eine Ausbildung vor dem Studium zu machen“, erklärt er. Nach seiner abgeschlossenen Ausbildung ist ein nahtloser Übergang zum Studium an der DHBW angedacht. „Ich finde diesen Weg gut, um vor dem Studium Praxiserfahrungen zu sammeln“, sagt er.
Anfangs hatte er Bedenken, ob ihm die zweijährige Ausbildung zu lang gehen würde. Doch schon jetzt blickt er auf eine abwechslungsreiche Zeit mit Spaß auf der Baustelle zurück. Besonders interessieren ihn die organisatorischen Aufgaben wie die der Bauleitung. Tränkle und der Ausbildungsleiter Erwerle sind sich einig: Vielerlei Projekte auf verschiedenen Baustellen machen die Abwechslung in der Ausbildung aus.
Die betriebliche Ausbildung wechselt mit verschiedenen Einheiten im Blockunterricht an der Oscar-Walcker-Schule in Ludwigsburg. Der letzte Teil findet innerhalb der überbetrieblichen Ausbildung statt – in einer Akademie der Bauwirtschaft, entweder in Geradstetten oder Aalen, wird den Azubis die Praxis der verschiedenen Bautechniken beigebracht.
Da die Zeit auf der Baustelle körperlich anstrengend ist, sei Tim Tränkle froh über die Abwechslung durch theoretische Inhalte. „Zudem schreiben wir Tages- und Monatsberichte“, sagt er, „dadurch reflektiert man das Gelernte.“
Marcell Erwerle erklärt, dass diese Berichte nötig seien, um zur Abschlussprüfung zugelassen zu werden. „Sie bereiten auch auf die Bautagebücher der Poliere vor. Diese dokumentieren die tägliche Arbeit auf der Baustelle.“
Präsentation auf Berufsmessen
Das Bauunternehmen präsentiert sich vor allem auf Berufsmessen, beispielsweise auf der Messe „BANE“ in Besigheim und der „bam“ in Ludwigsburg. „Messen sind wichtig, um Auszubildende zu gewinnen. Wir wollen nicht nur unsere Firma vorstellen, sondern das Handwerk generell attraktiv machen“, sagt Marcell Erwerle. Weiterhin werden Berufsinfoabende an Schulen veranstaltet, auch Schulpraktika sind bei der Firma möglich. Als Einstieg in die Ausbildung absolvieren alle Azubis mindestens eine Woche lang ein Praktikum, bevor sie eingestellt werden. Erwerle vermutet, dass die geringe Abbruchquote der Firma, die bei maximal zehn Prozent liegt, auf diese Praktikumszeit zurückzuführen ist.
Unter dem Motto „Die Bauwelt ist klein“ bildet Karl Köhler viele junge Menschen aus, auch, wenn sie nicht in der Firma bleiben. Erwerle findet diese Einstellung wichtig, weil die Ausbildung „der Bauwelt gute Arbeitskräfte bringt.“
Das jährliche Azubi-Wochenende, das dieses Jahr in Beilstein stattfand, bereitet auf den weiteren Verlauf der Ausbildung vor und dient vor allem dazu, die anderen Azubis kennenzulernen. Zudem werden die Ausgebildeten, die in der Firma bleiben, durch das Programm „Junge Talente“ gefördert und sogar bis zur Führungskraft auf der Baustelle unterstützt.
Preis für den Jahrgangsbesten
Jedes Jahr erhält der Ausbildungsbetrieb mit dem Jahrgangsbesten den „Bildungs-Oscar“ der Oscar-Walcker-Schule. Erwerle spricht von einer „Dauerserie“. Zehn Jahre in Folge konnte die Karl Köhler GmbH den Preis gewinnen, insgesamt elf „Bildungs-Oscars“ stehen im Betrieb.
Sowohl Marcell Erwerle, als auch Tim Tränkle wissen eine gewisse Sinnhaftigkeit innerhalb der Baubranche und das Arbeiten mit den eigenen Händen zu schätzen. „Es ist toll, nach längerer Arbeit zu sehen, was man geschaffen hat. Wenn da eine Halle steht, wo vorher nur ein Fundament war“, sagt Tränkle. Auch, wenn lange Arbeitszeiten und körperliche Arbeit herausfordernd sein können, ist der junge Azubi bei Karl Köhler zufrieden und hat auch vor, nach dem Studium in der Firma zu bleiben.