Besigheim Stadt streitet mit Freikirche

Von Michael Soltys
Das Gelände der Gemeinde steht zum Verkauf. Foto: Michael Soltys

Die Evangelisch-methodistische Kirchengemeinde hat das Gotteshaus und Gelände in der Wörthstraße an einen Investor verkauft. Die Stadt wirft ihr Wortbruch vor.

Es sind harte Worte, die Heike Eckert-Maier, Beigeordnete der Stadt Besigheim, in ihrer Vorlage an den Gemeinderat wählte: „Die Stadtverwaltung bedauert sehr, dass die Kirche hier kein verlässlicher Gesprächspartner war.“ Gemeint ist die Evangelisch-methodistische Kirchengemeinde in Besigheim, der Bürgermeister Steffen Bühler in der letzten Sitzung des Gremiums sogar Wortbruch vorwarf, obwohl der Begriff selbst nicht fiel.

Es geht um das Grundstück der kleinen Freikirche in der Wörthstraße, mehr als 1600 Quadratmeter groß, in direkter Nähe zur Altstadt und damit äußerst attraktiv für eine Wohnbebauung. Die Kirchengemeinde, die sich jüngst neu organisiert hat und zusammen mit den Gemeindemitgliedern in Bietigheim-Bissingen und Ottmarsheim einen Bezirk bildet, möchte es verkaufen.

Angebot über eine Million Euro

Die Stadt hatte ein Angebot von knapp einer Million Euro abgegeben. Das ist der Wert, den der Gutachterausschuss ermittelt hat. Doch es seien eine ganze Reihe weiterer Anfragen und Angebote eingegangen, berichtet Pastor Martin Schneidemesser, der im Auftrag der Freikirche in ganz Süddeutschland mit Grundstücksgeschäften betraut ist, höher als das Angebot der Stadt. Schließlich sei die Wahl auf die Firma „Layher Wohnen GbR“ gefallen.

Die Stadt hatte sich erhofft, als Eigentümer auf dem Grundstück ihre baulandpolitischen Grundsätze umsetzen zu können. Mindestens 20 Prozent der dort möglichen Wohnungen sollten zu günstigen Preisen vermietet werden, so die Hoffnung. Aktuell erlaubt der Bebauungsplan lediglich eine Kirche und einen Kindergarten, er müsste also geändert werden. Weil das Gelände im Sanierungsgebiet liegt, hat die Stadt ein gesetzliches Vorkaufsrecht, eine anderweitige Nutzung sei ohne Zustimmung der Stadt nicht möglich, betonte Eckert-Maier.

In dieser Situation hatte die Stadt ein städtebauliches Konzept entwickeln lassen, das eine „städtebaulich verträgliche Wohnnutzung“ erlauben würde. In mehreren Varianten wird darin aufgezeigt, wie 700 bis 900 Quadratmeter Wohnfläche entstehen könnten, verteilt auf 13 bis 15 Wohnungen. Es sei vereinbart worden, dass die Kirche nach einem Investor suche, der sein Konzept im Gemeinderat vorstellt und zwar vor Abschluss des Kaufvertrages über das Grundstück. Gerade daran habe sich die Kirche nicht gehalten, behauptet Eckert-Maier, die unvermutet die Nachricht über die notarielle Beurkundung des Kaufvertrages auf ihrem Schreibtisch fand.

Auf den Vorwurf des Wortbruches wollte Pastor Schneidemesser im Gespräch mit der BZ nicht eingehen. Die Kirche sei weiter an einem „gemeinsamen und vertrauensvollen Weg“ mit der Stadt interessiert, sagte er lediglich. Mit dem städtebaulichen Konzept sei bereits eine gemeinsame Grundlage für die weitere Nutzung des Grundstücks der Kirche geschaffen worden. Allen Interessenten an dem Grundstück sei klargemacht worden, welche Auflagen für die Bebauung bestehen.

Verteidigung der Entscheidung

Schneidemesser verteidigte die Entscheidung zum Verkauf in eigener Verantwortung: „Wir haben die Aufgabe, die Interessen unserer Kirche zu bewahren.“ Hätte die Stadt das Grundstück erworben, wäre ein Investor mit der Bebauung beauftragt worden, dann hätte die Stadt den Mehrerlös verbuchen können. „Dann können wir als Kirche gleich an jemanden verkaufen, der baut“, sagte er.

Kirche wählt Käufer sorgfältig aus

Der Immobilienbeauftragte betonte allerdings auch, dass die Kirche den Käufer sorgfältig ausgewählt habe und eben nicht an die Wohnbaufirma Layher verkauft habe, sondern an den familiären Ableger des Unternehmens, der seine Wohnungen vermiete. Aus den Gesprächen mit dessen Vertretern habe er den Eindruck gewonnen, dass die Bebauung sich durchaus an die Vorgaben der Stadt halten werde.

Die Stadt befürchtet, dass durch den höheren Kaufpreis das Ziel des preisgünstigen Wohnraums nicht umgesetzt werden könne. Das kann Schneidemesser nicht nachvollziehen. Die Entscheidung über die Gestaltung des Areals liege schließlich weiter bei der Stadt, argumentierte er, „es muss einen städtebaulichen Vertrag geben“. Das ist der eine Weg, den die Stadt einschlagen könnte. Ein anderer wäre es, das Vorverkaufsrecht auszuüben. Der Gemeinderat beschloss in seiner letzten Sitzung einstimmig, das städtebauliche Konzept als Sanierungsziel für das Grundstück festzuschreiben, um die rechtliche Position der Stadt zu verbessern.

Wohin die Reise geht, wird jetzt Gegenstand der Verhandlungen und Beratungen, machte Eckert-Maier gegenüber der BZ deutlich. Wird der Kaufvertrag gültig, ist die Evangelisch-methodistische Kirche aus dem Spiel. Übt die Stadt ihr Vorkaufsrecht zu einem niedrigeren Preis aus, als im Kaufvertrag steht, hat die Freikirche die Möglichkeit vom Verkauf zurückzutreten. „Dann stehen wir wieder ganz am Anfang“, sagte Schneidemesser.

 
 
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