Sonnenschirme, Lounge-Sessel und Blumenkübel statt parkenden Autos: Seit Anfang des Monats hat der Besigheimer Marktplatz ein völlig neues Gesicht: Frank Land und Sebastian Maier haben die Bewirtung ihrer Gaststätte „Marktwirtschaft“ auf die andere Seite ausgedehnt und eine weitere Terrasse angelegt. Dazu hatte der Gemeinderat wie in der BZ berichtet vor kurzem sein Einverständnis gegeben.
Besigheim Viele Fragen wegen Marktwirtschaft
Für einige Anwohner am Marktplatz ist die Grenze des Erträglichen erreicht. Sie fordern bei der Bürgerfragestunde im Gemeinderat mehr Rücksichtnahme.
Stärkere Beteiligung an Entscheidungen gefordert
Doch für einige Anwohner ist damit die Grenze des Erträglichen in der Altstadt erreicht. Das wurde in der Bürgerfragestunde des Gemeinderates am Dienstag deutlich. Ihr Unmut richtet sich allerdings weniger gegen die Expansion der Bewirtung selbst als gegen die allgemeine Überlastung der historischen Innenstadt: durch mehr und mehr Touristen und immer weniger Parkplätze. Sie forderten mehr Rücksicht auf die Anwohner und eine stärkere Beteiligung an den Entscheidungen, die sie betreffen.
Die Fragen, die die Anwohner beschäftigen: Ob die Marktwirtschaft sich noch weiter ausdehnen werde? Ob genügend Platz für Veranstaltungen oder Demonstrationen von Bürgern bleibt? Ob ein Probejahr vereinbart wurde? Warum weitere Parkplätze „Auf der Mauer“ gestrichen wurden? Junge Frauen müssen nachts lange Wege gehen, um vom Parkplatz „Kleines Neckerle“ zur Wohnung zu gelangen, klagte ein Anwohner. Der Marktplatz sei zu einem „Restplatz“ geworden, hieß es von anderer Seite.
Die Marktwirtschaft hat mit dem jetzigen Umfang der Bewirtung ihre Grenzen erreicht, entgegnete Hauptamtsleiter Mahmoud Qasem. Für Veranstaltungen und Demos, die 14 Tage vorher bekannt seien, werden die Schirme, Bänke und Stühle auf der neuen Terrasse abgebaut. Nach einem Jahr werde das Konzept überprüft.
„Im Interesse einer attraktiven Innenstadt“
Bürgermeister Florian Bargmann versicherte, dass sich die Stadt durchaus mit der Situation der Anwohner auseinandergesetzt habe. Die Entscheidung für die Umgestaltung des Marktplatzes sei vom Gemeinderat im Interesse einer attraktiven Innenstadt getroffen worden.
Mit deutlichen Worten wies Hauptamtsleiter Qasem Vorwürfe von Charlie Pflumm, dem Betreiber der Buchhandlung im Dreigiebelhaus am Marktplatz, zurück. Pflumm bewirtschaftet auf dem Platz vor der Buchhandlung ebenfalls Gäste. Er deutete in der Bürgerfragestunde an, der Antrag der Marktwirtschaft sei unter Ausschluss der Öffentlichkeit beraten und beschlossen worden. Keineswegs, entgegnete Qasem. Der Gemeinderat habe zwar nicht-öffentlich vorberaten, den Antrag aber in öffentlicher Sitzung diskutiert und beschlossen. Er selbst habe Pflumm zeitnah über das Vorhaben der benachbarten Marktwirtschaft unterrichtet und ihn gefragt, ob er Ähnliches plane, so der Hauptamtsleiter. Die Antwort sei „Nein“ gewesen.
Grundsätzliche Bedenken am touristischen Kurs der Stadt äußerte Schauspieler und Regisseur Rüdiger Erk. Er sprach von „Horden einfallender Radler“ und fragte, wie viel Tourismus Besigheim noch vertragen könne, „bevor das kippt“? Es müsse als Anwohner möglich sein, weiter seinen Alltag in der Altstadt zu gestalten.
„Keineswegs nur von Touristen geschätzt“
Gastronom Frank Land versicherte in der Bürgerfragestunde, dass die Marktwirtschaft um ein partnerschaftliches Verhältnis zu den Anwohnern bemüht sei. „Wir werden die Sperrzeiten einhalten“, versicherte er. Weitere Mülleimer für die Abfälle vom Verkauf des Speiseeises werden aufgestellt. Mit einem Betrag von 2000 Euro werden sich die Gastronomen beteiligen, um Aufenthaltsmöglichkeiten am Marktplatz für die Besigheimer zu schaffen. Im Gespräch mit der BZ machte Land deutlich, dass er sein Vorhaben über Jahre hinweg angekündigt habe. Die Bewirtung auf dem Marktplatz werde keineswegs nur von Touristen geschätzt, sondern auch von sehr vielen Besigheimern.