Besser Heizen Heizen ohne eigene Anlage

Von Claudia Mocek
So funktioniert die Versorgung über ein Wärmenetz: Das Haus ist über einen Hausanschluss an die Hauptleitung angeschlossen. Quelle: IBS Ingenieurgesellschaft mbH, Bietigheim-Bissingen

Wärmenetze sind ein Schlüssel für die künftige Versorgung, ist Energieberater Gruseck überzeugt. Die BZ hat ihn nach Vor- und Nachteilen gefragt.

Lösen Wärmenetze künftig die Gasleitungen ab? Wenn es nach Raphael Gruseck geht, sind sie einer der Schlüssel für die künftige Wärmeversorgung. Aber was sind Wärmenetze überhaupt? Die BZ hat bei dem Projektleiter Wärmewende von der Energieagentur Kreis Ludwigsburg (LEA) nachgefragt.

Bei einem Wärmenetz wird die Wärme zentral erzeugt. Heißes Wasser fließt durch ein Verteilnetz in der Straße und wird an Übergabestationen in die Häuser geleitet, die an das Netz angeschlossen sind. In der Wärmeübergabestation wird die Wärmeenergie vom Wasser im Wärmenetz an das Heizungswasser im Gebäude übergeben. Das heiße Wasser wird von der Wärmeübergabestation aus durch die Heizkörper gepumpt, erwärmt die Wohnung, und fließt anschließend abgekühlt zurück in die Rücklaufleitung. Die Verbraucher benötigen keine eigene Heizanlage mehr. „Und sie sparen viele Kosten – vom Schornsteinfeger über Strom für einen Brenner bis hin zu einem Tausch der Heizung“, sagt Raphael Gruseck.

Effiziente Versorgung ganzer Quartiere

Solarthermie, Biomasse, Wärmepumpen oder Geothermie: In Wärmenetzen können verschiedene Quellen aus Erneuerbaren Energien kombiniert werden, ohne dass die angeschlossenen Verbraucher dafür ihre Heizung tauschen müssten. „Wärmenetze können effizient ganze Quartiere versorgen“, erläutert Gruseck.

Einmal erzeugte Wärme, die nicht unmittelbar verbraucht wird, muss nahe am Entstehungsort gespeichert werden. Zurzeit wird dafür oft ein Pufferspeicher genutzt, der die Wärme bedarfsgerecht zur Verfügung stellt. Gruseck geht davon aus, dass künftig auch andere Speicherformen eingesetzt werden – wie zum Beispiel Erdsonden oder Erdbeckenspeicher. Damit lässt sich Wärmeenergie über die Jahreszeiten hinaus speichern. In andere Länder wie Dänemark werden solche Speicherformen bereits in Verbindung mit großen Solarthermie-Anlagen genutzt.

Wo gibt es bereits Wärmenetze in der Region?

Im Unterschied zur Stromversorgung gibt es im Kreis Ludwigsburg kein flächendeckendes Wärmenetz. „Die Nachfrage in den Kommunen nach Wärmenetzen ist groß und sie wird steigen“, schätzt Gruseck. Derzeit erstellen viele Kommunen eine kommunale Wärmeplanung. Dabei stehe die Frage im Vordergrund, welche Wärmeversorgung 2040 die wirtschaftlichste und klimafreundlichste sein wird. Der Energieberater ist davon überzeugt, dass der Kreis Ludwigsburg mit seiner hohen Siedlungsdichte und den kompakten Ortskernen gute Voraussetzung für Wärmenetze bietet. Diese Art der Versorgung sei sowohl für Ein- als auch für Mehrfamilienhäuser interessant.

Hauseigentümer, die sich an ein Wärmenetz anschließen wollen, sollten prüfen, ob es bei ihnen bereits ein Wärmenetz gibt oder eines geplant ist. Oft wird sich jedoch erst durch die kommunale Wärmeplanung klären, wo ein Wärmenetz in den nächsten Jahren gebaut wird, dies werde noch ein- bis eineinhalb Jahren dauern. Zusätzlich braucht es dann durch die Gemeinde, Stadtwerke oder einen privaten Akteur den Beschluss zur Umsetzung.

Engagement der Kommunen gefragt

Treibende Kraft bei der Umsetzung von Wärmenetzen können Kommunen sein, die so für ihre Bürger eine langfristig preis stabile und klimaneutrale Wärmeversorgung sicherstellen. „Die Zeit bis zur Umsetzung der Wärmenetze wird noch eine große Herausforderung. Die Hauseigentümer und -eigentümerinnen brauchen möglichst schnell Planungssicherheit“, sagt der Energieberater. Hierbei habe er besonders die Gesetzesankündigung der Bundesregierung im Blick, nach der bei einer Heizungssanierung ab 1. Januar 2024 65 Prozent aus Erneuerbaren Energien gewonnen werden müssen.

Vor diesem Hintergrund ist er überzeugt, dass Wärmenetze für viele Kommunen – und damit auch für viele Bürgerinnen und Bürger – noch attraktiver sein werden. Zumal er davon ausgeht, dass mittelfristig Gasleitungen abschnittsweise zurückgebaut werden. „Wenn ein Großteil des Gasverteilungsnetzes nicht mehr gebraucht wird, wird es stillgelegt“, sagt Gruseck und weist auf steigende Kosten hin. In Zürich-Oerlikon zum Beispiel passiere das schon heute. „Das steht in den nächsten Jahren auch bei uns an“, sagt Gruseck. Gesamtgesellschaftlich müsse entschieden werden, welches Gasnetz wann nicht mehr benötigt werde.

Kein Anschlusszwang für Verbraucher

Bei den meisten Wärmenetzen gebe es keinen Anschlusszwang. Deshalb rät Gruseck allen Verbrauchern, die die Möglichkeit dazu bekommen, einen Hausanschluss an ein entstehendes Wärmenetz legen zu lassen. „Ein späterer Anschluss an ein Wärmenetz ist allein wegen der aufwendigen Erdarbeiten immer teurer“, sagt Gruseck. Außerdem müssen nicht mehr die einzelnen Verbraucher ihre Heizung auf Erneuerbare Energien umstellen. Diese Aufgabe übernehme der Betreiber für das Wärmenetz – das sei eine erhebliche Entlastung für die Hauseigentümer.

„Mehr Sicherheit“

In Beratungen hat Gruseck die Erfahrung gemacht, dass manche Haus- oder Wohnungseigentümer an ihrer eigenen Heizanlage hängen. Mit Blick auf die Wärmenetze hebt er aber die professionellen Akteure in Kommunen, Stadtwerken und bei den Wärmenetzbetreibern hervor. Zudem betont er die regionale Wertschöpfung, die die Wirtschaft vor Ort stärke. Anders als beim Gas sei bei einem erneuerbaren Wärmenetz letztlich auch die Preisstruktur an lokale Entwicklungen gekoppelt: „Das gibt viel mehr Sicherheit.“

Unsere Artikelserie zum Thema Besser Heizen

1. Welche Heizung ist die richtige?

2. Pellets: Zum Verheizen zu schade

► 3. Heizen ohne eigene Anlage

4. Wärmepumpe: Nicht nur mit Fußbodenheizung

5. Solarthermie: Von der Sonne verwöhnt

6. Erster Schritt: Sanierungsfahrplan

Fern- oder Nahwärme

In Zusammenarbeit mit der Energieagentur Kreis Ludwigsburg (LEA) stellt die BZ Heizungsalternativen zu Öl und Gas vor. Die LEA bietet in Kooperation mit der Verbraucherzentrale Energieberatungen an.

 
 
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