Betreuung von Flüchtlingen in Besigheim Corona stellt Sozialarbeit auf den Kopf

Von Michael Soltys
Das Flüchtlingsheim in Besigheim besteht aus vier Gebäuden mit je zwei Baukörpern. Drei gehören bisher dem Landkreis, eines der Stadt. Insgesamt leben hier  138 Menschen.⇥ Foto: Werner Kuhnle

Caritas-Mitarbeiter berichten in Besigheim über ihre Arbeit mit Flüchtlingen.

Um die Flüchtlinge ist es beinahe still geworden, seit Corona die öffentliche Wahrnehmung beherrscht. Dabei hat die Pandemie in den Flüchtlingsunterkünften und in der Betreuung der Flüchtlinge für schwierige Bedingungen gesorgt und die Betreuer und Sozialarbeiter vor Herausforderungen gestellt. Das wurde auch im Bericht der beiden Caritas-Mitarbeiter Ann-Kathrin Fischer und Matthias Engel deutlich, der jetzt im Verwaltungsausschuss der Stadt Besigheim vorgestellt wurde.

Exakt 190 Flüchtlinge sind derzeit in Besigheim regiesriert. Die meisten von ihnen leben im Flüchtlingsheim auf dem Wasen. Drei der vier Wohnblöcke – hier leben 103 Flüchtlinge – werden bekanntlich vom Landkreis betreiben, im vierten hat Besigheim 35 Flüchtlinge untergebracht, die der Stadt zugewiesen wurden. In Privatwohnungen leben 44 Personen, in einer weiteren Asylunterkunft acht.  Sie kommen aus Afghanistan, Syrien, Indien, der Türkei, Iran, Nigeria, Eritrea, Kamerun, Gambia und weiteren Ländern des afrikanischen Kontinents.

Alltägliche Hilfen

Die Beratung in den kleinen Dingen des Alltags wie der Mülltrennung und der Kehrwoche bis hin zur Begleitung auf die Ämter und zu den Gerichten, die Koordination mit Ehrenamtliche, die Konfliktlösung innerhalb der Unterkunft  – das alles und noch mehr ist die Aufgabe der Caritas-Mitarbeiter, die bis zum Beginn der Corona-Krise in täglichen Sprechstunden im Heim selbst zu erreichen waren, erläuterte Ann-Katrin Fischer, die als Sozialarbeiterin tätig ist. Danach waren Telefon und Internet die wesentlichen Konatktmittel.

Die Folge: „Unser ganzes Arbeitsleben und das der Flüchtlinge wurde auf den Kopf gestellt“, sagte Matthias Engel, der bei der Caritas das Thema Flucht und Asyl betreut. Als die ersten positiven Corona-Fälle erkannt wurden, habe es „keine Pläne, keine Konzepte, keine Masken“ gegeben. Kinder mussten unterstützt werden, die nicht in die Schule durften. Eigene Computert hatte die Kinder häufig nicht, doch seien sie von der Friedrich-Scheling-Schule schnell versorgt worden. Mit einem Einkaufsservice halfen die Sozialarbeiter Flüchtlingen, die in Quarantäne mussten. Weniger als eine Handvoll positiver Corona-Fälle hat es in der Unterkunft gegeben, sagte  Fischer auf BZ-Nachfrage. „Im Verhältnis hatten wir nur wenige Infizierte“, ergänzte  Engel.

Insgesamt, so stellte der Caritas-.Mitareiter fest, seien die Probleme in den vergangenen 16 Monaten gut bewältigt worden. Betreuer und Stadt „haben an einem Strang gezogen“. In den Unterkünften konnten Bäder und Küchen weiter aufgeteilt werden. Zimmer seien jetzt mit zwei, statt wie zu Beginn üblich mit drei Personen belegt.

Von den Flüchtlingen in der Stadt sind 25 in Arbeit. Warum nicht mehr, wollten Stadräte wissen? In der Krise seien die ersten Arbeitskräfte, die gekündigt werden, die ungelernten, entgegnete Engel. Je nach dem Stand des Asylverfahrens liege häufig auch keine Arbeitserlaubnis vor, so Fischer.

Ehrenamtliche fehlen

Was die Caritas-Mitarbeiter besonders schmerzt: Wegen des Kontaktverbotes mussten die ehrenamtlichen Mitarbeiter über Monate hinweg ausgesperrt werden. Die Folge: Jetzt, wo wieder ein halbwegs normales Leben in den Unterkünften möglich ist, fehlt die Hilfe der Ehrenamtlichen. Die Hausaufgabenbetreuung, der Ausflug in die Wilhelma, ein Sommerfest oder wie in der Vergangenheit ein Fußballturnier,– das lasse sich nicht mit wenigen hauptamtlichen Kräften organisieren. Ein Mangel sei auch die lückenhafte psychologische Betreuung. Bei akuten Problemen könne möglicherweise geholfen werden. Bei tief sitzenden Traumata als Folge der Flucht sei dies kaum zu leisten, machte  Engel deutlich.

 
 
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