Bietigheim-Bissingen 75 Jahre Ehe mit einer Prise Humor

Von Yannik Schuster
Wera und Helmut Mayer feiern die Kronjuwelenhochzeit nach 75 Jahren glücklicher Ehe. Foto: Privat

Wera und Helmut Mayer feiern die Kronjuwelenhochzeit. Kenngelernt haben sie sich einst aufgrund des Krieges.

Dass am 24. Juni 1950 die erste Fußball-Weltmeisterschaft seit zwölf Jahren eröffnet wurde, dürfte für Wera und Helmut Mayer höchstens das zweitwichtigste Ereignis des Tages gewesen sein. Denn an diesem Tag, um 8 Uhr, gaben sich die beiden das Ja-Wort. Heute leben Sie noch immer glücklich im Bietigheimer Stadtteil Buch und feiern ihre Kronjuwelenhochzeit.

Kennengelernt haben sich Helmut Mayer und seine Frau Wera (damals noch Hohloch) durch den Krieg. Als Mayers Schule in Stuttgart-Zuffenhausen 1943 wegen eines Fliegerangriffs evakuiert werden musste und nach Aalen verlegt wurde, quartierte man den Jugendlichen bei der Familie Hohloch ein. „Und dann habe ich deren Tochter entführt“, erinnert sich Mayer mit einem Schmunzeln im Gesicht. Deren Eltern seien anfangs nicht begeistert gewesen, sagt Weras Schwester Astrid Tegtmeier. Später aber seien sie sehr stolz gewesen.

Langer Weg bis zur Hochzeit

Bis zur Hochzeit war es noch ein langer Weg, doch die Liebe war schnell da zwischen den beiden Pflegegeschwistern, sagt der heute 97-Jährige. Auch als er mit 16 Jahren noch in den Krieg eingezogen wurde, tat dies der noch jungen Liebe keinen Abbruch. Wohl aber Mayers Berufswunsch: Er habe Chemiker werden wollen, wegen eines Durchschusses durch die Hand habe er diesen Traum jedoch begraben müssen. Stattdessen wurde er Pfarrer und war in Tübingen, Sigmaringen, Bräunisheim, Fürfeld, Oberndorf und Heilbronn tätig, ehe er 20 Jahre die Evangelische Tagungsstätte in Löwenstein leitete. Wera Mayer, die als Hausfrau und Mutter sechs Kinder großzog, half ebenfalls in der Erwachsenenbildung mit. Im Beruf sei ihr Mann voll aufgegangen.

Als im Rahmen der Pensionierung die Dienstwohnung wegfiel, haben sich die beiden nach einer neuen Bleibe umgesehen und landeten schließlich in Bietigheim-Bissingen, das zur neuen Heimat des Ehepaars wurde. Fremd haben sie sich nach eigener Aussage nie gefühlt, trotz anfänglicher Angst vor dem Wohnen in einem Hochhaus.

Vorträge und Seminare hielt Helmut Mayer, der eine Leidenschaft für Karikaturen hat, auch noch lange nach seiner Pensionierung. Noch heute zeichnet er verantwortlich für das „Bietigheimer Literaturcafé“ – die Musik und die Literatur sind eine gemeinsame Begeisterung des Ehepaares.

Gemeinsamer Glaube

„Sie ist ein Weltwunder, weil sie es mit mir ausgehalten hat“, sagt Helmut Mayer über seine Frau. Sie habe immer eine vermittelnde und versöhnliche Stimme gehabt. „Er war ein humorvoller Wegbegleiter“, sagt die 95-Jährige im Gegenzug über ihren Mann. Zu den schönsten Erinnerungen aus 75 Jahren zählen neben gemeinsamen Reisen die Familienfeste zu Weihnachten und Geburtstagen, von denen es bei sechs Kindern, zehn Enkeln und sieben Urenkeln reichlich gab. „Eine eigene Fußballmannschaft“, witzelt Helmut Mayer. Neben dem Humor sei auch der Glaube über all die Jahre ein verbindendes Element gewesen, das zum Erfolg der Ehe beigetragen habe.

Als Wera Mayer während der Goldenen Hochzeit des Paares beide Arme eingegipst hatte, musste ihr Mann, der nach ihrer Aussage kein geborener Hausmann war, sondern lieber gerne und gut gegessen habe, ordentlich mithelfen zuhause. Der Kochkurs, den er daraufhin nahm, habe zwar nicht nachhaltig gewirkt, „der Wille war aber da“, sagt Helmut Mayer. Und immerhin: „Ich war der einzige Mann im Kurs, der selber Spätzle geschabt hat.“

Gefeiert wird die Kronjuwelenhochzeit mit 52 Freunden und Familienmitgliedern im Gemeindehaus der Paulusgemeinde.

 Yannik Schuster

 
 
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