Der Haushalt 2026 werde schlechter als 2025, aber besser als 2027 – so beschreibt Oberbürgermeister Jürgen Kessing die angespannte Finanzlage in Bietigheim-Bissingen. Die Zahlen für das kommende Jahr, die Kessing gemeinsam mit dem Ersten Bürgermeister Michael Hanus am Dienstagabend im Gemeinderat präsentierte, weisen im Ergebnishaushaushalt ein Defizit von 14,9 Millionen Euro aus, nach minus 11,5 Millionen im laufenden Etat. Das Problem: „Die Personalkosten laufen uns davon, die Einnahmen halten damit nicht Schritt“, sagte Kessing bei einer Pressekonferenz im Vorfeld der Ratssitzung.
Bietigheim-Bissingen Angespannte Finanzlage: „Best of Music“ wird verschoben
OB Jürgen Kessing und Erster Bürgermeister Michael brachten den Etat für 2026 ein. Das Ergebnis beträgt minus 14,9 Millionen Euro.
Laut Hanus belaufen sich die Ausgaben fürs Personal im nächsten Etat auf fast 59 Millionen Euro. Das sei ein Drittel des Gesamtvolumens von 179 Millionen Euro. Allein 38,4 Millionen Euro der Personalausgaben entfallen auf den Kindergartenbereich, wovon nur 3,4 Millionen Euro aus Elternbeiträgen gedeckt seien. 8,2 Millionen Euro kommen vom Land, den Rest muss die Stadt selbst aufbringen. Innerhalb von zwölf Jahren hätten sich die Ausgaben mehr als verdreifacht.
„Party“ ist vorbei
Bei der Gewerbesteuer hat Kämmerer Jens Dörr knapp 45,6 Millionen Euro eingeplant, doch ob diese Prognose zutrifft, sei unsicher. Denn aufgrund der vielen negativen Nachrichten aus der Wirtschaft seien Einbrüche zu befürchten. Kessing zitierte in seiner Rede im Gemeinderat den Volkswagen-Chef Oliver Blume: „Die Party, die wir in der Automobilindustrie über Jahrzehnte gefeiert haben, die ist in dieser Form vorbei.“ Daher dürften Kommunen, die wie Bietigheim-Bissingen viele Jahre auf gute Steuereinnahmen von Unternehmen der Automobilbranche und den damit verbundenen Firmen vertrauen durften, „leider in naher Zukunft nicht mit einem schnellen Anstieg der Gewerbesteuereinnahmen rechnen“.
Hilfspaket bringt nur etwas Luft
Der Abbau von Arbeitsplätzen wirke sich im übrigen auch auf den kommunalen Anteil an der Einkommen- und Umsatzsteuer aus, sagte Dörr. Hier plant der Kämmerer 2026 mit rund 48,5 Millionen Euro. Die durch den Bund zugesagte Anpassung des kommunalen Anteils an der Umsatzsteuer dürfte sich in Bietigheim-Bissingen laut Kessing in einem Ausgleich von einer guten Million für 2026 niederschlagen.
Das aktuelle Hilfspaket des Landes mit 8,75 Milliarden Euro aus Bundes-Sondervermögen für alle Kommunen in Baden-Württemberg für die nächsten zehn Jahre und weitere Entlastungen verschafften der Stadt laut Hanus etwas Luft, änderten aber nichts an der strukturellen Unterfinanzierung des Haushalts. Man sei „mit hoher Geschwindigkeit in eine Überlastung des kommunalen Haushalts gerast“, beschrieb Kessing im Gemeinderat die Situation der Kommunen.
An Investitionen stehen im kommenden Jahr in der Stadt Ausgaben von knapp 26,4 Millionen Euro an, wobei die größten Brocken Schulbaumaßnahmen, der Um- und Neubau des Feuerwehrhauses in der Mühlwiesenstraße und die Zuführung einer Kapitalrücklage an die Tochtergesellschaften sind. Insgesamt ergibt sich laut Kessing ein Finanzbedarf von über 34 Millionen Euro, den man noch über die vorhandene Liquidität ohne Kreditaufnahme decken könne.
Keine Themen tabu
Nötig sei ein Spar- und Konsolidierungskurs, den auch das Regierungspräsidium Stuttgart als Aufsichtsbehörde verlange, sagte der Oberbürgermeister, um das Defizit im Etat zumindest teilweise auszugleichen. Dabei dürften keine Themen tabu sein. Bereits konkret sind die Sparvorschläge bei der Kultur. Wie Kessing ankündigte, wird die „Best of Music“-Veranstaltung, die turnusmäßig 2026 an der Reihe wäre, auf 2027 verschoben. In der Vergangenheit hatte die Reihe die Stadt rund 250.000 Euro gekostet. Das Wunderland, das bisher alle zwei Jahre stattfand, soll zukünftig alle vier Jahre und damit erst wieder 2029 stattfinden. Zur Kompensation plant das Kulturamt für den kommenden Sommer kleinere und deutlich günstigere Veranstaltungen.
Weitere Schließtage
Für das Stadtmuseum Hornmoldhaus und die Städtische Galerie soll ab 2026 ein weiterer Schließtag festgelegt werden, darüber hinaus werden die Sommerkonzerte durchgehend donnerstags stattfinden, sollen aber weitere kostenlos sein. Unter anderem werden die Mittel für die Sportlerehrung reduziert und Ersatzbeschaffungen verschoben. Auch eine Beteiligung der Nutzer von Sporthallen an den Kosten sei beabsichtigt, kündigte Kessing an, Details stünden aber noch nicht fest.
Ferner sind eine Reihe von Investitionen mit Sperrvermerk versehen – unter anderem die Sanierung des Bissinger Rathauses, der Neubau des Funktionsgebäudes im Ellental und eine Fahrradstraße in der Holzgartenstraße. Zu den künftigen Investitionen soll es auch eine Klausurtagung des Gemeinderats geben.
Insgesamt handle es sich bei der Haushaltskonsolidierung um keinen Sprint, sondern einen Prozess, der Monate und nicht nur ein paar Tage dauere, erklärte Kessing. Eine Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer sei derzeit nicht vorgesehen, könne aber rückwirkend nötig werden, sollten die Steuern zeitnah wegbrechen.
