Die chronisch defizitäre Krankenhaus-Landschaft ist deutschlandweit in Bewegung. Knapp 50 Millionen Euro beträgt das Defizit der regionalen Krankenhaus-Holding RKH im vergangenen Jahr, berichtete deren Geschäftsführer Dr. Marc Nickel kürzlich im Gemeinderat von Bietigheim-Bissingen. In diesem Jahr wird ein Verlust von 44 Millionen Euro erwartet. In den Häusern besteht Sanierungsbedarf. Neubaupläne für die Krankenhäuser in Ludwigsburg und Bietigheim wurden schon vor einiger Zeit wegen der knappen Kassen zurückgestellt.
Bietigheim-Bissingen Auftakt für den Kampf ums Krankenhaus
Die CDU befürchtet einen schleichenden Abstieg der Klinik in Bietigheim-Bissingen und setzt sich für ein Herzkatheterlabor ein.
Gleichzeitig sorgt die Gesetzgebung des früheren Gesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) für Unsicherheit und Geschäftigkeit bei den Krankenhaus-Trägern und den Ärzten. Ein Kernpunkt: Krankenhäuser sollen sich spezialisieren, um bestimmte Behandlungsmethoden besser, sicherer, effektiver und kostengünstiger erbringen zu können.
Welche Leistungen bleiben?
Im Herbst will das baden-württembergische Sozialministerium auf Basis der neuen Gesetzgebung einen Vorschlag machen, welche Krankenhäuser künftig welche Leistungen noch anbieten dürfen.
Welche Rolle und welche Aufgaben übernimmt also das Krankenhaus Bietigheim-Vaihingen? Aus Sicht der CDU in Bietigheim-Bissingen droht der schleichende Abstieg. Denn die Klinik könnte durchaus auf dem untersten Level der drei definierten Stufen im Krankenhaus-System eingeordnet werden, fürchtet der CDU-Ortsverband.
Das aber kommt für die Christdemokraten im Gemeinderat von Bietigheim-Bissingen, im Kreistag und im Aufsichtsrat der Kliniken-Holding nicht in Frage. Für sie ist es Zeit, Druck zu machen, um im Bietigheimer Krankenhaus eine qualifiziertere Versorgung für die 220.000 Menschen im nördlichen Landkreis zu sichern. Zu einer Art Auftaktveranstaltung trafen sie sich deshalb am Montagabend in einer Gaststätte am Bietigheimer Marktplatz.
Was dem Bietigheimer Krankenhaus bei einer Einstufung auf „Level 1“ droht, machten Michael Jacobi, der Vorsitzende des CDU-Ortsverbandes, und Dr. Ulrich Gronwald, der Leiter des Endoprothetik-Zentrums in Bietigheim deutlich: Verlust an Personal, mangelnde Attraktivität für höher qualifizierte Ärzte, Verlust an Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. „Wir wollen verhindern, dass wir immer weiter abrutschen“, sagte Jacobi im Gespräch mit der BZ. Er verwies auf ein Vetorecht des Bietigheimer Gemeinderats, das vor 31 Jahren bei der damaligen Fusion mit dem Krankenhaus in Ludwigsburg vereinbart wurde, dem Vorläufer der heutigen RKH.
Der Bund wird die Umgestaltung der Kliniken über einen Transformationsfonds in Höhe von 50 Milliarden Euro fördern. Darauf verwies der Referent des Abends, Dr. Michael Preusch, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion und selbst praktizierender Arzt. „Die Kliniken brauchen jetzt Entscheidungen, um planen zu können“, sagte er.
Kooperationen zwischen Kliniken
Die Grund- und Regelversorgung soll in allen Stadt- und Landkreisen garantiert werden. Doch bestimmte medizinische Leistungen sollen dort erbracht werden, wo die Erfahrung am größten und das Risiko am geringsten ist. Priesch verwies auf die Möglichkeit der Kooperationen zwischen einzelnen Kliniken, beispielsweise zwischen den Kliniken in Ludwigsburg und Bietigheim bei der Behandlung von Herzanfällen. Für die Doppelung von Leistungen sei oft gar kein Personal vorhanden. Durch die Struktur der RKH-Kliniken seien im Kreis gute Voraussetzungen für Kooperationen gegeben. Um dies rechtlich zu ermöglichen, seien aber Nachbesserungen am Gesetz notwendig. Für Bietigheim sei er „gar nicht so pessimistisch“, sagte Priesch.
Der Druck, den die CDU aufbauen will, dient der Einrichtung eines Herzkatheterlabors zur Behandlung von Herzanfällen. Das Krankenhaus in Bietigheim sei in gewisser Weise nicht auf der Höhe der Zeit, so Ulrich Gronwald, dies sei versäumt worden. Um im höheren „Level 2“ eingestuft zu werden, sei ein Herzkatheterlabor Voraussetzung, argumentierte der Zentrumsleiter am Krankenhaus. Die reinen Investitionskosten für die Räume und Gerätschaften bezifferte er mit drei Millionen Euro. Aktuell erfülle das Krankenhaus wegen des Fehlens nur die Voraussetzungen für die Basis-Notfallversorgung. Da die Reform erst ab 2026 in Kraft treten soll, bleibe Zeit, die Weichen zu stellen.
Aus dem Publikum kam prompt der Vorwurf, lediglich die alten Strukturen bewahren zu wollen. Und das trotz des hohen wirtschaftlichen Drucks und mangelnder Finanzmittel in den Kassen des Landkreises und der Kommunen. Doch diese Meinung erntete heftigen Widerspruch.
CDU-Stadtrat Axel Westram kündigte an, alles dafür tun zu wollen, den Krankenhaus-Standort zu erhalten. Unterstützung auf Landesebene für ein Klinikum mit breitem Spektrum im nördlichen Landkreis Ludwigsburg versprach auch Landtagsabgeordneter Tobias Vogt. Aus Sicht von Kreisrat Joachim Kölz steht mit „Level 1“ eine funktionierende Notfallversorgung in Bietigheim-Bissingen auf der Kippe. Für Michael Jacobi wären wiederum Kooperationen nur die „zweitbeste Lösung“.