Müssen wir damit zum Arzt? Diese Frage stellen sich so ziemlich alle Eltern, wenn das Kind mit ersten Krankheitssymptomen in ihren Armen liegt. „Was für die Eltern dann ein Novum ist, ein Thema das sie nicht kannten, ist für die Kinderärzte der Alltag. Ein Kind mit der Hand-Fuß-Mund-Krankheit haben wir zum Beispiel regelmäßig in der Praxis“, sagt der Bissinger Kinderarzt Dr. Oliver Harney.
Bietigheim-Bissingen Bissinger Kinderarzt schreibt Ratgeber für Eltern
Dr. Oliver Harney gibt in seinem Buch Antwort auf die oft gestellte Frage „Müssen wir damit zum Arzt?“.
Bereits seit 23 Jahren arbeitet er als niedergelassener Kinderarzt in Bietigheim-Bissingen. Zuerst im Stadtteil Buch, dann zog er mit seiner Praxis in die Rommelmühle in der er gemeinsam mit seiner Kollegin Dr. Eva Verstege rund 10.000 Kinder pro Jahr behandelt.
Über die Jahre fiel ihm auf, dass viele Eltern immer unsicherer wurden mit welchen Krankheiten sie denn nun in der Praxis vorstellig werden müssen. Und so wuchs eine Idee heran ein Buch zu schreiben, das kurz und übersichtlich erklärt, was bei den verschiedenen Kinderkrankheiten zu tun ist und ab wann der Besuch in der Arztpraxis unumgänglich wird. Der Titel? Natürlich „Müssen wir damit zum Arzt?“.
Am Anfang anonym
Das Schreiben gehört schon seit einiger Zeit zu Harneys Alltag. 2006 fing er mit dem Bloggen an. Auf kinderdok.blog verarbeitete er seinen Praxisalltag als Kinderarzt. „Damals habe ich das noch komplett anonym geschrieben. Die Geschichten waren immer verfremdet. Ich wollte damit einfach auch Infos medizinischer Art rüberbringen“, erzählt der 58-jährige Mediziner. Dafür erhielt er 2017 sogar den „Goldenen-Blogger“ Preis.
Für seine Patienten und deren Eltern erstellt er auch selbst Übersichtsflyer zu verschiedenen Themen rund um die Kindergesundheit. „Ich wollte schon immer mal gut zeichnen können und weiß, dass kleine Sketchnotes helfen Dinge zu veranschaulichen“, erklärt Harney. Online stieß er dann auf die Visualisierungsexpertin Nadine Roßa, die unter anderem Schulungen gibt wie man Sketchnotes zeichnen kann. Ihre Zeichnungen gefielen dem Bissinger Kinderarzt und so fragte er sie an, ob sie denn nicht Lust hätte mit ihm ein Buch zu schreiben: Er füllt die Seiten mit medizinischen Informationen und sie gestaltet pro Thema eine Übersichtsseite mit den wichtigsten Infos als Sketchnotes.
Die Idee kam an und so trafen sich Nadine Roßa und Oliver Harney vor zweieinhalb Jahren auf einen Kaffee in Berlin. Dort lebt Roßa nämlich. Und dann wurde das Buchprojekt „aus der Taufe gehoben“, erinnert sich Harney. Per online Dropbox wurden Bilder und Texte zwischen Berlin und Bietigheim-Bissingen geteilt und so wuchs die Seitenzahl. „Das Mammutwerk hat Nadine gezeichnet“, betont Harney. Eineinhalb Jahre arbeiteten die beiden an ihrem Buch und machten sich dann mit ihrer Rohversion auf die Suche nach einem Verlag. Beim Beltz Verlag, bei dem Roßa bereits Bücher der Pädagogin Susanne Mierau illustriert hat, kamen sie dann an.
Und so erschien im März nun das Buch. „Wir wollen die Eltern damit nicht von der Praxis fernhalten“, betont Harney. Mit kurzen, prägnanten Informationen sollen die Eltern eine gewisse Sicherheit bekommen. „Grundsätzlich ist das ja so, dass Kinder spüren, wenn die Eltern unsicher sind. Sie haben ein Urvertrauen und gehen deshalb auch davon aus, dass ihre Eltern im Krankheitsfall immer das Richtige entscheiden“, erklärt der Kinderarzt.
„Der beste Beruf der Welt“
Das Buch sei eine Art Handreichung mit Basiswissen, dass sowohl für Eltern, aber auch für Kindergärten oder Hebammen geeignet sei. Das Schreiben habe ihm Spaß gemacht. „Manchmal war es schon eine Herausforderung eine komplexe Krankheit wie ADHS auf drei Seiten zu erklären. Aber vielleicht ist es gerade auch ganz gut, es so knapp zu machen“, sagt Harney.
Das Schreiben, Sketchen und die Social Media Betreuung macht Harney in seiner Freizeit. Den Kinderarztkittel will er dafür nicht an den Nagel hängen: „Das ist einfach der beste Beruf der Welt“, schwärmt der 58-Jährige. Im Gegensatz zu seinen Kollegen, die sich um die Erwachsenen kümmern, habe er eben nicht ausschließlich mit kranken Patienten zu tun, die unter Umständen kurz nach einer Diagnose, die nächste erhalten. „In den Vorsorgeuntersuchungen habe ich gesunde Kinder vor mir, die total unverfälscht und ehrlich sind. Auf die Kinder kann man sich immer verlassen. Schwere Erkrankungen gibt es eher selten.“