Bietigheim-Bissingen Brandstifter muss in die Psychiatrie

Von Petra Häussermann
Am 9. September 2024 musste nach einer Brandstiftung in einem Wohnhaus in der Gartenstraße in Bietigheim-Buch die Freiberger Straße gesperrt werden. Foto: /Martin Kalb

Der 50-Jährige hat mehrere Menschenleben im Buch n Gefahr gebracht, eine Wohnung verwüstet und drei Familien ins Unglück gestürzt. Der Angeklagte ist vermindert schuldfähig.

Nach sieben Verhandlungstagen hat die 1. Schwurgerichtskammer im Prozess um den schweren Brand in einem Mehrfamilienhaus in der Gartenstraße am Freitag ihr Urteil gesprochen und den Angeklagten wegen versuchten Mordes, schwerer Brandstiftung und gefährlicher Körperverletzung in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen.

Keine Einsicht gezeigt

Mehrere Menschenleben in akuter Gefahr, eine verwüstete Wohnung und drei Familien im Unglück: Das alles hat der 50 Jahre alte Angeklagte verursacht und bis heute nach Überzeugung des Gerichts keine Einsicht in seine Krankheit und die daraus resultierende Tat. „Wenn Sie nicht die Hilfe annehmen, die Ihnen in der Klinik angeboten wird, dann sieht es tatsächlich schlecht für Sie aus“, wandte sich der Vorsitzende Richter Dr. Martin Liebisch bei der Urteilsbegründung direkt an den Angeklagten, der trotz Übersetzer nicht zu begreifen schien, was gerade entschieden worden war. „Die Voraussetzungen für eine Einweisung in eine psychiatrische Klinik liegen glasklar vor“, sagte Liebisch weiter.

Der 50 Jahre alte Syrer leidet laut einem medizinischen Gutachter an einer wahnhaften Störung, die bei ihm dazu führt, dass er sich grundlos verfolgt und beobachtet und deshalb zum Handeln gezwungen fühlt. Weil die Erkrankung, die seit mindestens 2023 vorliegt und sich über die Zeit zu einem Wahnsystem aufgebaut hat, fortdauert, sind der Kammer zufolge weitere schwere Straftaten zu erwarten.

Der Familienvater hatte am frühen Morgen des 9. September vergangenen Jahres bewusst ein Feuer in seiner Wohnung in einem Mehrfamilienhaus im Bietigheim-Bissinger Stadtteil Buch entfacht. Mit einer Kerze zündete er herumliegende Textilien an und legte ein Stück im Wohnzimmer an das Sofa und ein anderes Stück im Schlafzimmer ab.

Der Brand breitet sich schnell aus, und griff auch Fenster, Türen und Fassade an und stand kurz davor, auf den Dachstuhl und dessen schlafende Bewohner überzugreifen. Das Gericht wertete dies als Tötungsvorsatz und versuchten Mordanschlag auf die im Dachstuhl wohnende Frau und ihre beiden Kinder. Die Hausbesitzer, die das Erdgeschoss bewohnten, wollten am Morgen des 9. September Bilder von den Schäden machen, die der Angeklagte bereits am Abend zuvor bei einem Streit an Fenster und Türen sowie an den Autos der Familie verursacht hatte. Dabei bemerkten sie den Brandgeruch, alarmierten die Mieter des Obergeschosses, die sich mit Hilfe eines Feuerwehrmannes noch rechtzeitig retten konnten. Im Gegensatz jedoch zu den Sachschäden und einigen leichten körperlichen Verletzungen hat die Tat bei allen Hausbewohnern erhebliche psychische Folgen hinterlassen.

Das Mehrfamilienhaus der aus dem Irak stammenden Eheleute ist in Teilen verwüstet und auch nach einer Renovierung für sie nicht mehr bewohnbar. Mit massiven Schlaf- und Angststörungen schlägt sich seither auch die 63 Jahre alte Syrerin aus dem Dachgeschoss herum. Und nicht zuletzt hat der Angeklagte seine 16 und 22 Jahre alten Töchter, die zum Zeitpunkt des Brandes zuhause waren, in akute Gefahr gebracht.

Gefahr für die Allgemeinheit

„Angesichts der Taten scheint ein Freispruch nicht passend“, sagte Liebisch in Richtung der Nebenkläger. Die psychische Erkrankung führe jedoch zu einer verminderten Schuldfähigkeit, darin stimmten auch sämtliche Plädoyers der Verfahrensbeteiligten überein. Nach deutschem Strafrecht kann der Angeklagter daher nicht mit einer Gefängnisstrafe zur Verantwortung gezogen werden. Da die Wahnvorstellungen nicht nur auf eine bestimmte Person, sondern beliebige Menschen konzentriert sind, stellt er eine Gefahr für die Allgemeinheit dar und wird zu deren Schutz in einer psychiatrischen Klinik eingewiesen.

 
 
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