Bietigheim-Bissingen Brüder Rombach holt die NS-Zeit ein

Von Uwe Mollenkopf
Eine Tafel über Otto Rombach erinnert in der nach ihm benannten Bücherei in Bietigheim an ihn. Das Stadtarchiv prüft jetzt aufgrund einer Heilbronner Studie seine Rolle in der NS-Zeit. Foto: /Oliver Bürkle

In Heilbronn wird nach belastendem Material über den Schriftsteller Otto Rombach und seinen Bruder Hermann ein Umbenennungsverfahren eingeleitet. In Bietigheim wird jetzt geprüft.

Auch 80 Jahre nach dem Ende der NS-Zeit wird in den Kommunen immer wieder – oder nun umso häufiger – darüber diskutiert, ob sich Namensgeber von Straßen und Plätzen im „Dritten Reich“ etwas zuschulden kommen ließen. In Heilbronn haben dazu eine Gutachterin und eine Expertenkommission unter Federführung des Stadtarchivs in einer Studie 39 Straßennamen unter die Lupe genommen. Laut Ergebnis sollten zehn davon wegen „deutlicher NS-Belastung“ umbenannt, die übrigen kommentiert werden. Anfang April hat der Gemeinderat der Stadt mit sieben Gegenstimmen beschlossen, in den empfohlenen Fällen ein Umbenennungsverfahren zu starten. Unter den zehn Persönlichkeiten auf dem Index sind auch zwei, die in Bietigheim-Bissingen hohes Ansehen genießen: der Schriftsteller Otto Rombach (1904 bis 1984) und sein Bruder, der Maler und Schriftsteller Hermann Rombach (1890 bis 1970).

Vorwurf: Propaganda im Dienst des Auswärtigen Amtes

Der Erzähler und Humanist Otto Rombach, der nach Stationen in Frankfurt und Berlin von 1964 bis zu seinem Tod in seiner Heimatstadt Bietigheim lebte, wurde mit hohen Ehren überhäuft: 1964 erhielt er das Bundesverdienstkreuz und die Ehrenbürgerwürde der Stadt Bietigheim, im gleichen Jahr sprach ihm die Stadt Heilbronn, in deren heutigem Stadtteil Böckingen er geboren wurde, die Ehrenmedaille zu. In Bietigheim ist die Bücherei seit 1984 nach ihm benannt, in Heilbronn gibt es ein Otto-Rombach-Stipendium und eine Rombachstraße. Dass sich Letzteres nun ändern soll, liegt an der Einschätzung der Heilbronner Studie, wonach Otto Rombach „aufgrund seiner NS-Vergangenheit“ und seines Verhaltens in der NS-Zeit als vorbildhafter Namensgeber nicht mehr tragbar sei.

Seine stärkste NS-Belastung resultiere aus seiner Mitarbeit in der Rundfunkpolitischen Abteilung des Auswärtigen Amtes in der Zeit von 1942 bis 1945. Rombach, der kein NSDAP-Mitglied war, sondern lediglich der Reichsschrifttumskammer angehörte, war dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Ressort „Chef vom Dienst“ in Berlin tätig – wie übrigens auch der spätere Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger. „Hier wurden ,Sprachregelungen’ für deutsche Radiostationen in aller Welt festgelegt. Die Verbesserung der Struktur der NS-Lügenpropaganda sowie die Intensivierung antisemitischer Propaganda, während der Holocaust im vollen Gange war, gehörte dort – ab 1943 noch einmal verstärkt – zur alltäglichen Arbeit“, heißt es dazu.

Bei der Entnazifizierung verschwiegen

Otto Rombach habe dies bei seiner Entnazifizierung und danach verschwiegen, er sei dadurch einem Spruchkammerverfahren entgangen. Eingeräumt wird allerdings, dass sich die alltägliche Arbeit in den Unterabteilungen Rundfunkpolitischen Abteilung kaum mehr rekonstruieren lasse. So habe bislang nur an einer Stelle im Jahr 1944 das Kürzel von Rombach festgestellt werden können.

Weiterhin wird angeführt, dass Rombach in der NS-Zeit, während der er seine schriftstellerisch größten Erfolge gehabt habe, zwar Erzählungen ohne NS-ideologische Inhalte publiziert habe, dies jedoch im Rahmen nationalsozialistischer Propagandaschriften geschehen sei. Er habe sich dadurch und mit der Annahme von Ehrungen wie dem Schwäbischen Dichterpreis 1941 „in ein völkisches und rassistisches NS-Weltbild als ,schwäbischer Dichter’ vereinnahmen“, so das Gutachten.

Hermann Rombach war Fördermitglied der SS

Zu seinem Bruder Hermann Rombach, der seit seinen Jugendjahren in Bietigheim lebte und 1965 mit der Erwin-Bälz-Medaille geehrt wurde, wird festgestellt, dass dieser mit seinem Beitritt in die NSDAP am 1. Mai 1933 formal belastet sei. „Überdies war er von 1935 bis 1939 Fördermitglied der SS.“ Im Spruchkammerverfahren sei Hermann Rombach bescheinigt worden, dass er als respektable Persönlichkeit in seinem Wohnort durch seine NSDAP-Mitgliedschaft und andere Mitgliedschaften in NS-Organisationen das Ansehen des NS gefördert habe. In Bietigheim ist die Hermann-Rombach-Straße nach ihm benannt.

Im Bietigheimer Rathaus ist man in der Angelegenheit inzwischen auch aktiv geworden. Wie Anette Hochmuth, die Sprecherin der Stadt, auf BZ-Anfrage mitteilt, prüft das Bietigheim-Bissinger Stadtarchiv derzeit die Unterlagen von Heilbronn. Hochmuth: „Wir werden dann mit dem Gemeinderat entscheiden, welche Konsequenzen sich für die Bücherei und die Hermann-Rombach-Straße daraus ergeben.“

 
 
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