Bietigheim-Bissingen Café Blatter schließt zum Jahresende

Von Frank Ruppert
Blick in die Backstube Foto:  

Die vierte Inhaber-Generation wird die letzte sein. Bäcker- und Konditormeister Eberhard Blatter schließt den Betrieb an der Stuttgarter Straße in Bietigheim zum 31. Dezember. Warum er sich mit 55 dazu entschieden hat, wie es in dem Laden weitergeht und was Blatter selbst plant, verrät er der BZ.

Es ist mir wichtig, dass es ein Abschied im Positiven ist“, sagt Eberhard Blatter. Der 55-Jährige betreibt zusammen mit seiner Frau Bettina in vierter Generation die gleichnamige Bäckerei. Nach 40 Jahren in der Backstube zieht er nun zum Jahresende aber einen Schlussstrich. Gründe: Zum einen stecken dem Stadtrat die Jahrzehnte körperlicher Arbeit in den Knochen. „Noch geht es mir gesundheitlich gut, aber das soll auch so bleiben“, sagt er. Zum anderen ist seit einiger Zeit klar, dass keines seiner drei Kinder den Betrieb übernehmen wird.

Kaum ein freier Tag für den Chef selbst

Für Eberhard Blatter und seine Frau Bettina eröffne sich durch das Ende des Betriebs die Gelegenheit, den nächsten Lebensabschnitt frei gestalten zu können. Eine völlig neue Erfahrung, Eberhard Blatters letzter freier Tag war im Dezember 2021, wie er erzählt. Dennoch ist Blatters die Entscheidung nicht leicht gefallen, wie auch Seniorchefin Renate Blatter verrät.

Der Betrieb war nicht nur für sie ein großes Stück des Lebens. Sie erzählt von Familien, die man mit Backwaren und Kuchen über Jahrzehnte und zu diversen Familienfesten begleitete. „Mein Mann hat immer gesagt, dass er gar nicht wegfahren will“, erinnert sich Renate Blatter an ihren verstorbenen Mann Eberhard Blatter Senior.

Das gleiche Herzblut steckt auch die vierte Generation in die Bäckerei. Eberhard Blatter berichtet von Sieben-Tage-Wochen und davon, dass er manchmal direkt von einer Gemeinderatssitzung in die Backstube gegangen ist.

Startpunkt war im Zabergäu vor 142 Jahren

Angefangen hat die Blatter-Familientradition schon 1880 mit der ersten Backstube und Bäckermeister Albert Blatter in Meimsheim. Es folgte Sohn Eugen Blatter und dann Eberhard Blatter Senior.

Der Bäcker- und Konditormeister verlegte das Geschäft nach Gemmrigheim und startete 1961 – frisch verheiratet mit Frau Renate – in Bietigheim. 1992 übernahm sein Sohn Eberhard das operative Geschäft. Er baute den Betrieb weiter aus, beliefert täglich rund 90 Stationen wie Altenheime, Krankenhäuser, Schulen und Hotels. Daneben gab es mehr als 20 Jahre lang eine Filiale im Kaufland in Bietigheim, im Buch und bis heute im CAP-Markt in Bissingen. Bis zu 80 Mitarbeiter beschäftigten Blatters im Familienunternehmen.

Abverkauf, Weiterbetrieb oder neue Nutzung

Für die derzeit noch 52 Mitarbeiter wurde gesorgt, alle seien angesichts des Fachkräftemangels schnell bei anderen Betrieben untergekommen. Bereits vor eineinhalb Jahren hat der Betriebswirt das Haus an der Stuttgarter Straße inklusive der acht Wohnungen verkauft und ist seither nur noch Mieter im Stammsitz. Was nun aus den Räumen wird? Das steht noch nicht fest, sagt Eberhard Blatter, der sich auf alles vorbereitet. Bis vor einigen Tagen gab es noch Verhandlungen über eine Fortführung des Betriebs mit einem Interessenten. Diese seien ohne Einigung beendet worden. Eberhard Blatter ist weiterhin offen für Interessenten, plant aber einen Abverkauf von Dekorationsartikeln und Einrichtungsgegenständen ab Januar.

Bis 31. Dezember läuft der Betrieb wie gewohnt weiter, einzig den Stand auf den Wochenmärkten habe er derzeit wegen des gestiegenen Arbeitsaufwands beendet. Die Kunden erwarte bis Silvester noch die eine oder andere Überraschung, sagt Eberhard Blatter. Sollte es nicht mit einer Bäckerei weitergehen in dem Gebäude, eigneten sich die Räume für einen Gastronomiebetrieb, meint Eberhard Blatter. Das habe dann aber der Hauseigentümer zu entscheiden.

Wie geht es für Blatter persönlich weiter?

Das Handwerk liegt ihm im Blut, deshalb will er weiterhin Back- und Pralinen-Kurse geben und Kollegen beratend zur Seite stehen. Vielleicht gibt es so auch nächstes Jahr eine Chance auf Pferdemarkt-Taler vom Blatter. Sicher ist nur, dass Eberhard Blatter sich mehr Zeit nehmen will für die Familie und für seine Hobbys. Der Triathlet kann sich auch einen weiteren Iron-Man vorstellen, und der Silvesterlauf in diesem Jahr ist ohnehin fest eingeplant.

 
 
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