Sobald ich mich ins Auto setze, blende ich alles aus. Dann gibt es nur noch mich, das Auto und die Rennstrecke.“ Fabian Helwig aus Bietigheim-Bissingen will Rennfahrer werden und den Sprung vom Simulator auf den echten Asphalt wagen.
Bietigheim-Bissingen Der Traum vom Nürburgring
Bietigheim-Bissingen
Fabian Helwig will den Sprung vom Simulator auf die echte Rennstrecke wagen. Sein Ziel: Das 24-Stunden-Rennen auf der Nordschleife.
Die Faszination für den Motorsport hat bei dem 26-Jährigen ähnliche Wurzeln wie bei vielen seiner Generation. Zurückzuführen lassen sich diese auf die goldene Zeit des Michael Schumacher. Jeden Sonntag habe er mit seinem Vater zusammen die Formel 1 geschaut und deshalb früh eine Leidenschaft für den Sport entwickelt. Als Kind malte er die Formel-1-Boliden nach, später setzte er sich selbst ans Steuer, wenn auch zunächst nur an der Konsole. 2016 stieg er um auf einen Simulator, den sein Vater aus einem Bürostuhl zusammengezimmert habe, später wurde dieser durch einen professionelleren ersetzt. Tausende Stunden sei er so digital über die Rennstrecken der Welt gefahren, sagt Helwig. Doch er will mehr: „Mein absoluter Traum ist die Teilnahme am 24-Stunden-Rennen am Nürburgring, dem größten Autorennen der Welt.“
Hobby zum Beruf
Erste Schritte dafür hat Helwig bereits getan: Nach der Ausbildung heuerte der gelernte Kaufmann für Büromanagement bei der HWA AG in Affalterbach an, die für den Kundensportbereich von Mercedes AMG zuständig ist. Dort könne er den großen Simulator, den auch die professionellen Rennfahrer nutzen, fahren und habe bereits erste Kontakte in den Motorsport geknüpft. Helwig sagt, er habe im Sim-Racing bereits wertvolle Erfahrungen für die echte Rennstrecke sammeln können: Strecken, Einlenkpunkte, Brems- und Schaltpunkte verinnerlicht, gelernt wie man sich verteidigt oder andere Fahrzeuge überholt. „Es gibt keine Ausrede. Wenn man zu langsam ist, dann liegt es an einem selbst.“ Neu sei hingegen vor allem der körperliche Aspekt mit den starken G-Kräften, die auf den Körper wirken.
Hinzu komme der Respekt davor, einen Unfall zu bauen. „Im Simulator kann nichts passieren, in der Realität kann es aber schon wehtun und schnell sehr teuer werden.“ Den Nürburgring und die Nordschleife kenne er ebenfalls bereits, einerseits durch Touristenfahrten im eigenen Auto, andererseits durch die Fahrt mit einem Formel-4-Fahrzeug – ein Erlebnis, das ihm seine Freundin zu Weihnachten geschenkt habe. „Das live zu erleben, was man jeden Tag im Simulator macht, war schon etwas Besonders.“ Er erzählt, dass es dabei durchaus auch Menschen gebe, die sich in ein Rennauto setzen und direkt wieder rauswollen. Es sei beklemmend und eng, man werde so stark festgeschnallt, dass selbst das Atmen schwer fällt. Doch Helwig fühlte sich wohl: „Ich hätte den ganzen Tag darin sitzen können.“
Auf Sponsorensuche
In diesem Jahr hat Helwig zwar seine Rennlizenz absolviert, für die Nordschleife sei jedoch eine weitere Lizenz erforderlich, die Helwig durch die Teilnahme an der Rundstrecken-Challenge Nürburgring (RCN) erhalten will. Dafür müsse er erfolgreich an vier Rennen teilnehmen, also ohne Unfälle oder sonstige Vorfälle das Rennen beenden. Einen Platz im Bongiovanni Racing Team aus der Nähe von Böblingen habe er dafür bereits in Aussicht. Doch die Teilnahme ist mit hohen Kosten verbunden. Pro Rennen würden 3000 Euro anfallen, 700 Euro davon für die Versicherung, auf die Helwig jedoch nicht verzichten will.
Motorsport sei „leider ein bisschen zu einem Reichensport“ geworden, sagt Helwig. Die meisten Profi-Rennfahrer wurden entweder sehr früh von einem Hersteller entdeckt und gefördert oder kommen aus einem reichen Elternhaus. Er habe diese Möglichkeiten nicht und sei daher auf Sponsoren angewiesen. Alleine könne er sonst höchstens ein Rennen pro Jahr stemmen. Mit dem ambitionierten Zeitplan, den sich der 26-Jährige gesetzt hat, ist das nicht vereinbar: Schon 2027 will er am 24-Stunden-Rennen teilnehmen.