Ausgesprochen ruhig ging es an diesem Freitag bei der Hauptversammlung der Dürr AG in Bissingen zu. Die Reihen in den Räumen des Anlagenbauers waren spärlich besetzt. Lediglich zwei Aktionärsvertreter stellten einige Fragen, einer von ihnen in einem ungeordneten und schwer zu verfolgenden Vortrag. Die Aktionäre können mit einer Dividende in Vorjahreshöhe von 70 Cent rechnen.
Bietigheim-Bissingen Dürr AG: Konzentration auf drei Bereiche
Die Aktionäre der Dürr AG trafen sich zur Hauptversammlung. Vorstandschef Weyrauch erläuterte die Perspektiven bis 2030.
Dabei steckt die Dürr-Gruppe in einem spannenden Transformationsprozess, wie Vorstandschef Jochen Weyrauch in seiner Rede an die Aktionäre deutlich machte. Es geht um den Umbau Dürrs „zu einem klar fokussierten Spezialisten für Automatisierung und nachhaltige Produktionsprozesse“, sagte er. „Wir stellen uns organisatorisch effizienter auf und verschlanken den Konzern.“
Umwelttechnik soll verkauft werden
Dürr will sich künftig auf drei statt bisher fünf Geschäftsbereiche konzentrieren. Die gesamte Umwelttechnik mit einem Umsatz von rund 400 Millionen Euro und etwa 1300 Beschäftigten soll verkauft werden. Der Geschäftsbereich sei erfolgreich, stehe aber nicht mehr im Zentrum. Dürr hatte dies bereits im vergangenen Jahr angekündigt, einen Vollzug konnte Weyrauch aber gestern noch nicht melden. Verkauft wurde 2024 die dänische Tochter Agramkow (Befülltechnik) zu einem Preis von 36 Millionen Euro.
Eine tragende Rolle im Konzern hat der Geschäftsbereich „Automotive“. Anfang des Jahres wurden der Bau von Lackieranlagen und von Lackier-Robotern zu dieser neuen Division zusammengefasst. Mit der Bündelung will Dürr seine Stellung als „klarer Weltmarktführer“, so Weyrauch, stärken und mehr Schlagkraft entwickeln.
Ähnlich will Dürr mit der Homag-Gruppe verfahren. Das Beteiligungs-Unternehmen aus Schopfloch, ein weltweit tätiger Hersteller von Maschinen für die Holzbearbeitung, war im vergangenen Jahr das Sorgenkind der Dürr-Gruppe. Der Umsatz sank wegen der Marktschwäche um rund 80 Millionen Euro. Etwa 600 Stellen wurden abgebaut, um die Fixkosten um rund 50 Millionen Euro zu senken. Weyrauch sieht Homag jetzt in der Position, bald wieder das Margenziel von acht bis zehn Prozent zu erreichen.
Das „Kompetenzzentrum für die Automatisierung“ innerhalb der Dürr-Gruppe bilden die Tochterfirmen BBS Automation, die 2023 gekauft wurde, Teamtechnik und Hekuma. Sie sorgen aktuell für etwa eine halbe Milliarde Euro Umsatz. Der Fokus liegt auf Montage- und Prüfsysteme für Antriebe in Elektroautos und auf der Automatisierung der Herstellung medizinischer Produkte. Die Unternehmen sollen weiter integriert werden und mittelfristig für einen Umsatz von 800 Millionen Euro und eine Marge von zehn Prozent sorgen.
Ziel: Sechs Milliarden Umsatz ab 2030
Perspektivisch will die Dürr-Gruppe ab dem Jahr 2030 einen Umsatz von mehr als sechs Milliarden Euro und eine Marge von mindestens acht Prozent erreichen, kündigte Weyrauch an. Für das Wachstum sollen unter anderem neue Techniken bei der Produktion von Batterie-Elektroden und von Holzhäusern sorgen.
Vom langfristigen Ziel ist die Dürr-Gruppe mit aktuell 4,7 Milliarden Euro Umsatz und einer Marge von 5,5 Prozent noch ein Stück entfernt. Diese Zahlen aus dem Jahr 2024 sprechen aus Sicht von Weyrauch dennoch für die „Robustheit unseres Konzerns“, gerade angesichts der aktuellen Probleme bei Homag.
Mit 5,14 Milliarden Euro lag der Auftragseingang 2024 auf Rekordniveau. Das ist einem Auftrag von Mercedes zu verdanken. Der Autobauer möchte in Sindelfingen eine neue Autolackiererei errichten.
Von den Auswirkungen der US-Zollpolitik ist Dürr bisher verschont geblieben. Weyrauch hält Dürr in dieser Hinsicht für widerstandsfähig. Alle Wettbewerber seien gleichermaßen von den Zöllen betroffen, da sie aus dem Ausland in die USA liefern. Zölle können deshalb an die Kunden weitergegeben werden. Bei laufenden Großaufträgen sei dies vertraglich abgesichert. Das größere Risiko allerdings erwachse aus der Unsicherheit, die der Zollstreit in der Wirtschaft auslöse.