Der gestrige erste Markt zeigte ein lebhaftes, verheißungsvolles Bild. Aus der näheren und weiteren Umgebung kamen Verkäufer, Käufer und Interessenten für die Markttage herbei. Es war wieder ein großer Tag für Bietigheim...“ So hieß es am 2. September 1925 im Enz- und Metterboten über den Bietigheimer Pferdemarkt am 1. September, der den Auftakt zu der Veranstaltung in neuerer Zeit bildete. Was vor 100 Jahren begann, findet in diesem Jahr zum 89. Mal statt – bedingt durch Unterbrechungen aufgrund von Krieg und Corona-Pandemie. Ein Rückblick.
Bietigheim-Bissingen „Ein dringender Wunsch der Bürgerschaft“
Vor 100 Jahren, am 1. September 1925, fand erstmals der Bietigheimer Pferdemarkt in neuerer Form statt. 450 Pferde und einige Tausend Besucher wurden gezählt.
Rossmarkt als Vorläufer
Als Vorläufer des Pferdemarkts gilt der „Ross- und Viehmarkt“, für den die Stadt Bietigheim die Konzession von Herzog Karl-Eugen von Württemberg erhielt. Er fand erstmals 1793 auf den Brühlwiesen statt und schlug laut Hermann Römer („Geschichte der Stadt Bietigheim“) so gut ein, dass bald weitere Viehmärkte hinzukamen. „Die Stadt hält am 4. März, 24. Juni und 4. Dezember Vieh-, Krämer- und Flachsmärkte“, heißt es beispielsweise in der Oberamtsbeschreibung von 1853.
Der Erste Weltkrieg von 1914 bis 1918 brachte einen tiefen Einschnitt für Veranstaltungen, Handel und Gewerbe, und auch danach dauerte es noch Jahre, bis sich die Wirtschaft von den Kriegs- und Inflationsfolgen wieder erholte. Bis 1925 hatte sich der gewerbliche Mittelstand soweit berappelt, dass zum 60-jährigen Bestehen des Bietigheimer Gewerbevereins eine „Bietigheimer Gewerbe- und Industrieausstellung“ durchgeführt werden sollte. Termin sollte der 22. August sein.
Mit Bauerntag und Heimatabend
Gleichzeitig existierte laut Enz- und Metterbote „ein allgemeiner, dringender Wunsch der Bürgerschaft“ nach einem Pferdemarkt. Bürgermeister Christian Schmidbleicher gelang es mit Unterstützung des Gemeinderats, das frühere Recht zur Abhaltung eines Rossmarkts wiederzuerlangen und man beschloss, den Pferdemarkt, wie er nun hieß, im Zuge der Ausstellung am 1. September zu veranstalten. Drumherum wurde damals ein ganzes Festprogramm auf die Beine gestellt, zu dem neben Gewerbeausstellung, Jubiläumsfeier des Gewerbevereins und Pferdemarkt auch ein Bezirkshandwerkertag am 23. August, ein Heimatabend am 26. August, ein Bauerntag am 29./30. August, ein Viehmarkt am 3. September und eine Tagung des Deutschen Werkmeisterverbands sowie der Deutschen Demokratischen Partei am 6. September gehörten. In Bietigheim war richtig was geboten.
Beim Pferdemarkt selbst wurden laut Enz- und Metterbote 450 Pferde gezählt, die Zahl der Besucher wurde auf einige Tausend geschätzt. Bei einem „anfänglich etwas ruhigeren, hernach aber lebhafter gewordenen Handelsgeschäft“ seien viele Käufe abgeschlossen und gute Preise erzielt worden. Leichtere Pferde wurden damals für 500 bis 1000 Mark, mittelschwere für 1200 bis 1600 Mark, schwere für 1500 bis 3000 Mark gehandelt.
Am Pferdemarkt-Nachmittag fand ein Festzug statt, der damit auch eine 100-jährige Tradition hat. Bei „prächtigem Sonnenglanz“ bewegte sich der Zug von der inneren Bahnhofstraße zum Festplatz. Erwähnt werden Herolde an der Spitze, eine Damen- und Herrenreiterabteilung und in Gruppen circa 60 Pferde. Weiter zählten zum Zug unter anderem die Stadtkapelle, Ehrenwagen für Festausschussmitglieder, landwirtschaftliche Gespanne, ein Wagen der „Chokoladenbranche“ und ein Fischerwagen. Nach der Ankunft auf dem Festplatz folgte die Verteilung von Preisen an prämierte Pferde.
Abends Theater und Gesang
Auf einen Vergnügungspark mussten die Besucher damals noch verzichten, aber auf einer Freilichtbühne spielte eine Theatergruppe aus Großingersheim das Stück „Herzog Ulrich und der Pfeifer von Hardt“, und im vollbesetzten Bierzelt gab es Gesang zur Unterhaltung.
Laut Enz- und Metterbote war zunächst vorgesehen, den Pferdemarkt danach immer im März abzuhalten, aufgrund des Erfolgs der Premiere entschied man sich aber, den Pferdemarkt jedes Jahr am 1. September zu wiederholen. Nach einer zehnjährigen Unterbrechung aufgrund des Zweiten Weltkriegs wurde das Fest am 2. September 1949 wiederbelebt. Seit diesem Zeitpunkt findet der Bietigheimer Pferdemarkt jährlich von Freitag bis Dienstag um den ersten Montag im September statt.
Zum diesjährigen Pferdemarkt, welcher dann seit 100 Jahren besteht, aber erst die 89. Auflage seit Wiedereinführung 1925 darstellt, sei bisher nichts Besonderes geplant, sagt Anette Hochmuth, die Sprecherin der Stadt, auf BZ-Anfrage. Aber vielleicht habe man bis dahin noch eine Idee. Der Geschichtsverein veranstaltet zu dem Thema am 10. Juli, 19.30 Uhr, in Enzpavillon einen Vortrag.