Bietigheim-Bissingen Ein neues Wahrzeichen für die Stadt

Von Yannik Schuster
Das Green Building der Bietigheimer Wohnbau wirkt mit seiner Schiffsform als Blickfang. Für das Lothar-Späth-Carré dient es der Abschottung zur B 27. Foto:  

Das Green Building der Bietigheimer Wohnbau soll eines der nachhaltigsten Gebäude des Landes werden. Die städtische Tochtergesellschaft will ihren neuen Besitz 2025 beziehen.

Mit seiner Schiffsform ist das sogenannte Green Building, das zukünftige Bürogebäude der Bietigheimer Wohnbau, ein echter Blickfang. Dass es sich dabei nach der Fertigstellung um eines der nachhaltigsten Gebäude des Landes handeln wird, sieht man dem Komplex jedoch noch nicht an.

Für den Grünen-Landtagsabgeordneten Tayfun Tok ein „super spannendes Projekt“. Mit dem Arbeitskreis Landesentwicklung und Wohnen der Grünen Landtagsfraktion und der Staatssekretärin Andrea Lindlohr machte er sich am Montag selbst ein Bild des Projekts.

Erste Pläne für das Green Building kamen deshalb zustande, weil das bisherige Bürogebäude der Bietigheimer Wohnbau in der Berliner Straße aus den 60er-Jahren nach aktuellen Statuten aufwendig hätte saniert werden müssen. 23 Millionen Euro hätte diese Maßnahme gekostet, hinzu kämen die Umzugskosten während des Umbaus, erklärte der Geschäftsführer der Bietigheimer Wohnbau, Carsten Schüler. Da das Grundstück an der B 27 bereits in Besitz der städtischen Tochtergesellschaft war, entschloss man sich schließlich für einen modernen Neubau in unmittelbarer Bahnhofsnähe.

Energie einsparen und erzeugen

Sahen erste Entwürfe noch ein gewöhnliches, kubisches Gebäude vor, brachte das Stadtplanungsamt im Laufe des Planungsverfahrens die Schiffsform ins Spiel. „Wir streben CO2-Neutralität an an. Und zwar nicht nur beim Betrieb, sondern auch beim Bau“, sagte Schüler. Er zitierte Bauleiter Thomas Lehner: „Einer muss anfangen und sich engagieren, sonst kommen wir in der Baubranche nicht weiter.“ So wolle man Energie nicht nur einsparen, sondern auch produzieren. Wo möglich, setze man daher auf nachhaltige, recycelbare Materialien. Unter anderem habe man zu 90 Prozent auf Recyclingbeton mit CO2-gemindertem Zement aus der Region gesetzt. Der koste zwar 20 bis 30 Prozent mehr, habe dafür eine bessere CO2-Bilanz als herkömmlicher Beton. Bei nicht-tragenden Deckenteilen habe man hier Material einsparen könne, indem 34.000 Hohlkörperelemente in die Decke eingebracht wurden – jede einzelne spare rund 30 Kilogramm Beton und damit zwei Kilo CO2. Auch verzichte man vollständig auf Putz, stattdessen wird im Gebäudeinneren Sichtbeton verwendet. Auch Rohre und Kabelkanäle werden später sichtbar bleiben, die Decke wird nicht abgehängt.

Durch eine umfangreiche Begrünung der Außenwände – insgesamt werden fast 40.000 Stauden und Zwiebeln gepflanzt, dazu kommen fast 400 Sträucher, Kleingehölze und Kletterpflanzen – schaffe man zudem Flächen für Flora und Fauna. Zusammen mit dem Regenwasser nutze man für deren Bewässerung das eigene Grauwasser, das in einer Schilfrohr-Kläranlage direkt im Komplex aufbereitet werde, erklärte Schüler. Für die Pflege habe man mit einem externen Dienstleister einen Fünfjahresvertrag über 16.000 Euro jährlich abgeschlossen, für alle Teilnehmer eine überraschend geringe Summe.

Platz für bis zu 310 Arbeitsplätze

Etwa 31,6 Millionen Euro lässt sich die Bietigheimer Wohnbau ihr neues Hauptquartier kosten. Schüler räumt jedoch ein, dass man das Projekt mit den aktuellen Zinssätzen wohl nicht so angegangen wäre. Theoretisch bietet das Green Building auf einer Nutzfläche von 9891 Quadratmetern (2000 davon sind jedoch für eine Kita in den unteren beiden Stockwerken vorgesehen) Platz für bis zu 310 Arbeitsplätze, ausgestattet wird es zunächst jedoch nur für 160. Flexible Trennwandsysteme würden zudem ermöglichen, die vorgesehenen Einzelbüros für mehr Mitarbeiter umzurüsten. Sollte es finanziell nötig werden, könne man Teile der Bürofläche extern vermieten, so Schüler. Vom erwarteten Stromverbrauch von 160.000 Kilowattstunden jährlich sollen die Photovoltaik-Elemente entlang der Fassade bis zu 120.000 selbst produzieren. Zum Vergleich: Im bisherigen Bürogebäude liege dieser bei etwa 560.000 Kilowattstunden. Der Energiebedarf wird im Green Building auf rund 500.000 Kilowattstunden geschätzt, derzeit sind es 1,4 Millionen Kilowattstunden.

Tayfun Tok zeigte sich beim Abschluss der Führung auf der Dachterrasse mit Blick auf das Lothar-Späth-Carré beeindruckt vom Projekt der Bietigheimer Wohnbau: „Wir brauchen solche Gebäude, um zu zeigen, was technisch möglich ist.“

Im Frühjahr 2025 soll das Green Building fertiggestellt werden, der Umzug der Bietigheimer Wohnbau soll dann ab Mai beziehungsweise Juni erfolgen. Das bisherige Bürogebäude wird dann zunächst interimsweise von der Stadtverwaltung genutzt, während das Bissinger Rathaus saniert wird (die BZ berichtete), soll im Anschluss jedoch als Wohnstandort weiterentwickelt werden – ob als Neubau oder im Bestand ist derzeit noch offen.

 
 
- Anzeige -