Bietigheim-Bissingen Fahrradtraining wird Teil des Sportunterrichts

Von Uwe Mollenkopf
Fahrradtraining an der Waldschule. Hinten von links: Schulleiter Markus Nutz, Kultusministerin Theresa Schopper, Landesverkehrswachtpräsident Burkhard Metzger, Wendelin Wiedeking von der gleichnamigen Stiftung und Lehrerin Birgit Wagner. Foto: /Martin Kalb

An der Waldschule wurde im Beisein von Kultusministerin Theresa Schopper am Mittwoch ein landesweites Pilotprojekt gestartet.

Der Schulhof der Bissinger Waldschule war am Mittwoch zum Radfahr-Parcours umfunktioniert worden. Schüler übten an den verschiedenen Stationen, die mit Kreide, Kegeln und anderen Markierungen gekennzeichnet waren – und hatten sichtlich ihren Spaß daran. Dabei hat das Ganze einen ernsten Hintergrund: Fast jeder zweite Jugendliche zwischen zehn und 15 Jahren verunglückt laut einer Studie mit dem Rad im Straßenverkehr. Dem soll das landesweite Projekt entgegenwirken, das gestern an der Waldschule gestartet wurde.

Kompetenzen vermitteln

„Für das sichere Fahrradfahren im Straßenverkehr werden viele Kompetenzen und Fähigkeiten benötigt, die bei Kindern noch nicht ausgebildet sind“, erklärte dazu Burkhard Metzger, der Präsident der Landesverkehrswacht Baden-Württemberg, die das Vorhaben federführend mit dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg und dem Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung umsetzt. Zwar können die Kinder in Klasse 4 der Grundschule den Radfahrführerschein erwerben, doch so richtig beherrschten sie ihr Rad danach oft noch nicht, sagte Metzger. So soll nun in dem Projekt für Schüler der Sekundarstufe I unter anderem geübt werden, wie man eine Vollbremsung macht, wie man sehr langsam fährt ohne umzufallen oder was bei einem „Reifenknutscher“, der Berührung zweier Räder, zu beachten sei. Er freue sich, dass das Vorhaben auch seitens der Lehrer begrüßt worden sei, sagte Metzger.

Zum Projektauftakt war auch Theresa Schopper (Grüne), die Kultusministerin des Landes Baden-Württemberg, nach Bissingen gekommen. Sie sagte, in der 5. Klasse werde der Radius weiter, in dem sich die Schüler bewegen. Deshalb brauche es vorausschauendes Handeln, schnelle Reaktionen und eine gute Balance. Und das solle nun im Rahmen des Projekts mit Übungen wie Spurfahren oder Radbiathlon trainiert werden.

Wiedeking-Stiftung hilft

Die Waldschule ist eine von acht Schulen im Land, an denen Schüler der Klassen 5 und 6 dazu in die Pedale treten sollen – und zwar im Sportunterricht. Ab April beginnt dazu eine dreimonatige Vortest-Phase, danach werden erste Ergebnisse erhoben, die in die eigentliche Pilotphase im Schuljahr 2025/26 einfließen sollen. Im gesamten Schuljahr 2025/26 sollen zehn Lerneinheiten in den Sportunterricht integriert werden. Die Lehrer durchlaufen dazu eine praktische Fortbildung. Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) wird das Projekt danach evaluieren. Fällt der Test positiv aus, solle das Training dann hoffentlich an vielen Schulen umgesetzt werden, sagte die Kultusministerin.

Ein Problem war laut Burkhard Metzger die Anschaffung von Fahrrädern, die für das Projekt benötigt werden. Hier sprang die Wiedeking Stiftung ein, über die insgesamt 120 Räder, 15 pro Schule, plus Technik-Unterstützung beschafft wurden. Der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Dr. Wendelin Wiedeking, hatte nur eine Bedingung: Eine Schule aus Bietigheim-Bissingen müsse dabei sein. „Wichtig ist, dass das Projekt erfolgreich ist. Es geht um das Leben unserer Kinder“, sagte Wiedeking beim Projektstart in der Waldschule. Oberbürgermeister Jürgen Kessing sprach der Stiftung dafür seinen Dank aus und empfahl den Kindern: „Nicht zu schnell fahren und auf die Autofahrer aufpassen.“ Für die Helme sorgte die Landesverkehrswacht.

Für Markus Nutz, den Schulleiter der Waldschule – einer Gemeinschaftsschule – geht es nun an die praktische Umsetzung bei der Integration des Trainings in den Sportunterricht. Vieles müsse noch austariert werden. Etwa, was man mache, wenn es regne und der Schulhof nicht genutzt werden könne. Oder wo die Räder lagerten und wie man bei 70 Anmeldungen fürs neue Schuljahr und 15 Fahrrädern gewährleiste, dass jeder zehn Einheiten absolviere. Laut Nutz tut die Schule jetzt schon einiges fürs Radfahren. So gebe es in Klasse 5 eine Rad AG. Das neue Projekt ist aus seiner Sicht wichtig, weil es auch eine Frage der Teilhabe sei. Denn es gebe Schüler, die kein eigenes Rad hätten beziehungsweise denen die Unterstützung von zu Hause fehle – Tendenz steigend. Er hoffe nun, dass das Training gut angenommen werde, „und wir nicht zu viele Probleme haben“.

 
 
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