Bietigheim-Bissingen Jede Menge Pluspunkte vom Publikum für das VfB-Trio

Von Walter Christ
Schule trifft Wirtschaft am BSZ (vorne von links): Schulleiter Stefan Ranzinger, Landrat und VfB Präsident Dietmar Allgaier, VfB-Vorstandsvorsitzender Alexander Wehrle und der ehemalige VfB-Profi und Nationalmannschaftsspieler Cacau. Foto: /Martin Kalb

Unterhaltsames, zweistündiges Gastspiel von Cacau, Alexander Wehrle und Dietmar Allgaier im Beruflichen Schulzentrum. 

Profifußball – (k)ein Business wie jedes andere“. Der Titel verriet bereits Spannendes – und in der Tat war es wohl keinem der 350 Besucher im voll besetzten Beruflichen Schulzentrum Im Fischerpfad am Dienstagabend langweilig.

Für den hauptamtlichen Vorstandsvorsitzenden der VfB Stuttgart 1893 AG Alexander Wehrle, den kürzlich souverän gewählten VfB-Präsidenten Dietmar Allgaier und erst recht für den VfB-Markenbotschafter Cacau gab es jedenfalls immer wieder tosenden Beifall. Keine Frage: Der Schulleiter der 2000 Schüler großen Bildungseinrichtung Stefan Ranzinger hatte mit diesem Thema und diesen VfB-Sympathie-Trägern quasi einen Volltreffer gelandet. Der 17-jährige Schüler Frederick zum eben Erlebten: „Das war richtig gut, hochinteressant!“

Viele Pluspunkte beim Publikum

Der mit 140.000 Mitgliedern größte Verein Baden-Württembergs, der Cannstatter Bundesliga-Klub und fünffache Deutsche Meister, hat inzwischen offensichtlich den richtigen Kurs eingeschlagen. Strategien und Philosophie sind nachvollziehbar. Eine bodenständige, seriöse Führungsetage ohne selbstverliebte Egomanen leitet mit Hilfe von rund 450 Beschäftigten eine wirtschaftlich gesunde, vorausschauende Gemeinschaft. Und das brachte dem Trio bei dem mit Rhetorik, Kompetenz und viel Amüsement gestalteten Event beim Publikum auch entsprechend viele Pluspunkte ein.

Nach der pointierten Einstimmung durch Stefan Ranzinger und dem Grußwort von Auch-Landrat Dietmar Allgaier, der bezüglich Teamarbeit, lebenslangem Lernen, Disziplin, Vielfalt und Respekt mehrfache Kongruenz zwischen Profi-Fußball und Wirtschaft konstatierte, konnte der DFB- und DFL-gestählte gebürtige Bietigheim-Bissinger Alexander Wehrle zunächst Zahlen sprechen lassen.

140.000 Mitglieder

Demnach hat der VfB als eine Art mittelständisches Wirtschaftsunternehmen 2024 mit 300 Millionen Euro Umsatz und 15,4 Millionen Euro Jahresrechnungsergebnis Top-Zahlen bilanzieren können. „Tolle 60,9 Millionen Eigenkapital“, 140.000 Mitglieder und beispielsweise 36.000 verkaufte Dauerkarten nicht zu vergessen.

„Der VfB ist ein öffentliches Kulturgut, produziert Emotionen und hat eine sehr heterogene Anspruchsgruppe. Das ist komplex, aber managebar“, wies der VfB-AG-Boss auch auf den Zusammenhang von Wirtschaftlichkeit und sportlichem Erfolg und eine relevante Medienwirksamkeit hin. „Das tollste Ergebnis bringt nix, wenn du in die 2. Liga absteigst“, stellte er in Zusammenhang mit 30 Prozent Etat-Anteilen durch Medien-Erlöse und dem Hinweis darauf fest, dass ein solcher Abstieg einen Aderlass von 20 bis 25 Millionen Euro bedeutete.

Wehrle erinnerte in seinem Vortrag an die Zeit vor drei Jahren, als der VfB in der Gesellschaft völlig isoliert dagestanden habe, weshalb man inzwischen zu den Menschen hingehe, und zwar vom Jazz Open bis hin zum Weinstand. Rund ein Dutzend Handlungsfelder einschließlich Konsolidierung wurden genannt. Auch KI werde man in den Arbeitsalltag einbeziehen, hieß es.

Hatte Cacau – einst Mittelstürmer in seiner aktiven Karriere mit 346 Pflichtspielen und 109 Toren für den VfB und mit ihm 2007 Deutscher Meister sowie 23-facher deutscher Nationalspieler – bereits beim lustigen Torwandschießen über die Schülerin Alisa mit 3:1 Treffern gesiegt und für Stimmung gesorgt, so war das ganz besonders danach der Fall. Gemeint ist die von Stefan Ranzinger moderierte, mit gut einem Dutzend Fragen an Cacau und Wehrle verbal geradezu köstlich gewordene Talkrunde, bei der der nahe São Paulo geborene Claudemir Jerônimo Barreto auch viel Persönliches preis gab.

„Es ging ums Überleben“

Etwa über seine harte Zeit als Kind eines alkoholsüchtigen Vaters und einer Mutter als Putzfrau. Über seine energischen persönlichen Anstrengungen, sein Talent mit unbändigem Fleiß beim Ausweg Fußball zu optimieren („Es ging ums Überleben“). Oder seine enge Beziehung zum christlichen Glauben, der ihm täglich offenbare, wie viel wichtiger ein Herz für den Mitmenschen und Humanität seien als Geld.

Zum täglichen Einkommen von 68.000 Euro des Jahrhundert-Talent wie Jamal Musiala erklärte Cacau, dies sei eine Frage von Angebot und Nachfrage. Man müsse sich nicht immer nur an den nur sehr wenigen Spitzenverdienern orientieren, sondern sich auch mal die steil abfallende Gehaltspyramide der Profi-Kicker vor Augen halten. „Am Ende gehen doch viele Menschen ins Stadion, um genau solche Super-Talente zu sehen.“ Bemerkenswert auch, wie sehr es der Familie Cacau in Deutschland offenbar gefällt, wie sie die Bundesrepublik genau so als Heimat schätzt wie das Herkunftsland Brasilien. „Wir sind sehr dankbar, dass Deutschland mich adoptiert hat. Wir fühlen uns hier, entgegen den damaligen Warnungen vor Rassismus und dergleichen, sehr, sehr wohl, haben hier Wurzeln geschlagen und eben zwei Herzen in der Brust“, sagte er unter erneut anhaltendem Beifall.

Ähnlich wie Alexander Wehrle, der sich als junger Sportler beim TV Möglingen „als guter, schneller Linksaußen“ fand und über ein Praktikum zum VfB kam, sieht Cacau in Sachen Entscheidungen Teamwork von Funktionär und Coach als richtigen Mix an, wobei er Sebastian Hoeneß als Glücksfall für den VfB lobte und den VfB insgesamt auf bestem Wege sieht.

Auf die Frage aus Schüler-Kreisen, warum er Aufgaben wie die Schirmherrschaft des Stuttgarter Christopher Street Days übernehme, sagte der VfB-Sportmanager, dass es in der Gesellschaft immer noch Menschen gebe, die, leider auch im Fußball, nicht bereit seien, etwa Homosexualität anzunehmen. Und deshalb greife neben dem DFB auch der VfB Stuttgart bereits im Nachwuchs-Leistungs-Zentrum die Thematik auf und gehe sie an. Die Resonanz: starker Beifall.

 
 
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