Bietigheim-Bissingen Junger Meister trainiert in der Arena

Von Sandra Bildmann
Der achtjährige Profi-Eiskunstläufer aus Südafrika Vincent Grün übt in der Bietigheimer Eishalle Pirouetten und Sprünge. Foto: / Martin Kalb

Elegant gleitet er auf dem Eis, nimmt Anlauf für den Flip, landet sicher. Akrobatisch dreht er sich vielfach um die eigene Achse: Der achtjährige Vincent Grün wohnt in Südafrika und amtiert in seiner Altersklasse im Eiskunstlauf an der Spitze. Derzeit ist er zu Besuch im Kreis und trainiert in der Bietigheimer Eishalle.

Elegant gleitet er auf dem Eis, nimmt Anlauf für den Flip, landet sicher. Akrobatisch dreht er sich vielfach um die eigene Achse. Zum Schluss läuft er ein paar Runden aus: Dreieinhalb Stunden hat er an diesem Morgen geübt. In der Bietigheim-Bissinger Ege-TransArena trainiert ein amtierender südafrikanischer Meister. Vincent Grün ist acht Jahre alt.

Aktuell ist er zu Besuch im Kreis. Nach einem Wettkampf in Budapest reiste die Familie ins Ländle, um Weihnachten hier zu verbringen. Die Eltern seiner Mutter wohnen in Besigheim, Papa Christian ist eigentlich Kleinsachsenheimer. Seine Arbeit als Diplomat in Entwicklungsländern führte die Familie nach Afrika. Vincent wurde in Namibia geboren, seit drei Jahren lebt er mit seinen Eltern und der elfjährigen Schwester Ava in Südafrika.

Von großer Schwester inspiriert

Sie inspirierte ihren Bruder zu dem außergewöhnlichen Sport. Als Vincent einst ihre Eiskunst beobachtete, war er hingerissen. Er hatte es natürlich auch mit Fußball probiert. Doch während andere kickten, pflückte er daneben Blumen, erzählt seine Mutter. Der Achtjährige, der Deutsch und Englisch muttersprachlich beherrscht, ergänzt trocken: „Das war also keine gute Idee.“

Auch die Paarlauf-Karriere sieht der nationale U11-Landesmeister im Einzel und im Mixed gespalten: „Sie konnte alles, ich konnte nix“, sagt Vincent über seine Eislauf-Partnerin. Da habe er nicht hinten anstehen wollen: „Also habe ich mehr geübt.“

Sein Trainer Dantin Broodryk ist überzeugt, dass Vincents große Karrierechancen in der Einzelkonkurrenz liegen, denn seine Leidenschaft für das Tänzerische sei eine auffällige Stärke. Während die meisten Jungs schlicht komplexe Sprungkombinationen aneinanderreihten, liege Vincents Talent in der tänzerischen Präsentation. „Er ist ein großartiger Performer“, lobt Broodryk und glaubt, dass sein Schützling eines Tages bei den Olympischen Spielen auflaufen kann. Vincents Ziele? „Vierfachsprünge!“, ruft er strahlend. Es sind die Höchstschwierigkeiten in der Männerkonkurrenz.

Vincents Hobby ist teuer

Vincent hat mit seinen acht Jahren bereits eine bemerkenswerte Persönlichkeit: selbstbewusst, aber herzlich. Der Junge weiß, was er will, drückt sich klar aus. Als er eines Tages Dantin Broodryk an der Bande beobachtete, beschloss er, dass Broodryk sein Trainer werden sollte. Seit Juni arbeiten sie zusammen und trainieren aktuell in der Bietigheim-Bissinger Eishalle. Sie seien dankbar, dass das möglich sei, erzählt Mama Emese Schönfeld. Sie dürften zum normalen Eintrittspreis exklusiv die Halle nutzen, berichtet sie. Ein Luxus.

Denn Vincents Hobby ist teuer. Förderung erhalte er keine, sagt seine Mutter. Die Familie bezahlt alles aus eigener Tasche. Da hilft es sehr, dass Schönfeld ihre Arbeit am Johannesburger Goethe-Institut teils erledigen kann, während ihr Sohn trainiert. Dann sitze sie an einem Eck in der Eishalle oder in einem Café gegenüber, erzählt sie. Die logistischen Umstände sind herausfordernd. Hunderte Kilometer Autofahrt summieren sich jede Woche auf. Essen, Umziehen und Hausaufgaben durch Homeschooling passieren oftmals auf der Rückbank.

Die Schule unterstütze seine Karriere, berichtet die Mama. Obwohl die Familie in der Hauptstadt Pretoria wohne, müssten sie längere Strecken zurücklegen. Eiskunstlauf ist in Südafrika nicht die populärste Sportart. Eishallen sind kleiner und befinden sich in Einkaufszentren. Schönfeld vergleicht: „Das wäre so, als wäre die Eishalle im Breuningerland.“

Vincents Eltern wechseln aktuell mit ihrer Präsenz in Deutschland und Südafrika ab – ein Lebensstil, der die Familie in Atem hält. Emese Schönfeld, die 1987 von Ungarn nach Deutschland geflohen war und ihre Ballettkarriere aufgeben musste, betont: „Für mich war klar: Wenn meine Kinder etwas finden, das sie genauso gerne mögen, werde ich das unterstützen.“ Momentan verfügen sie über ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Südafrika. Solange die Familie dort wohnt, wird Vincent Grün für dieses Land starten. Je nach Aufenthaltsort seiner Eltern kann sich das ändern. Vincent Grün hat nur die deutsche Staatsbürgerschaft.

 
 
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