In den vergangenen Wochen haben die Bietigheim-Bissingerin Natalia Schenker und ihre Mitstreiter Unterschriften für mehr Sicherheit am Bietigheimer Bahnhof gesammelt (die BZ berichtete). Knapp 700 sind zusammengekommen, welche am 28. Juli an Oberbürgermeister Jürgen Kessing überreicht wurden. Dieser bittet nun in einem offenen Brief die hiesigen Bundestags- und Landtagsabgeordneten um Unterstützung in Sachen Videoüberwachungsanlagen, welche Stadtverwaltung und Gemeinderat am Bahnhof und an der B 27-Unterführung beim Enzpavillon installieren wollen.
Bietigheim-Bissingen Kessing wendet sich an Abgeordnete
Knapp 700 Bürger haben sich mit ihrer Unterschrift für mehr Sicherheit ausgesprochen.
Besorgnis wegen Kriminalität
Rechtsgrundlage ist Paragraf 44, Absatz 3, des Landespolizeigesetzes, wonach die Ortspolizeibehörde an öffentlich zugänglichen Orten Bild- und Tonaufzeichnungen von Personen anfertigen kann, wenn sich die Kriminalitätsbelastung dort von der des übrigen Gemeindegebiets deutlich abhebt und auch zukünftig mit Straftaten zu rechnen ist. „Aus Sicht der Stadt Bietigheim-Bissingen sind diese Voraussetzung erfüllt“, schreibt Kessing. Dagegen lehnten sowohl das Polizeipräsidium Ludwigsburg als auch die Bundespolizei eine Videoüberwachung in diesen Bereichen ab, da die Statistiken keine Kriminalitätsschwerpunkte aufweisen würden, sodass der Stadt die Hände gebunden sind.
Die Unterschriften zeigten nun „die große Besorgnis über die zunehmenden Überfälle und sicherheitsrelevanten Vorfälle im Bereich des Bahnhofs“, schreibt Kessing an die Abgeordneten. Der Bahnhof sei ein zentraler Ort mit hohem Verkehrsaufkommen, an dem es leider immer wieder zu Vandalismus, Diebstählen und anderen schwerwiegenden Straftaten komme. „Die Videoüberwachung könnte nicht nur zur Abschreckung potenzieller Täter beitragen, sondern auch die Aufklärung von Straftaten erheblich erleichtern“, sagt der Oberbürgermeister. „Damit würde sie einen wichtigen Beitrag zum objektiven Schutz der Bürgerinnen und Bürger sowie zur deutlichen Verbesserung des subjektiven Sicherheitsgefühls leisten.“
Die Stadt respektiere die Bedeutung des Datenschutzes und sei sich der Herausforderungen bewusst, die mit der Installation solcher Systeme einhergehen, so Kessing weiter. Doch: „Ich frage mich ernsthaft: Soll der Schutz der Privatsphäre wirklich über den Schutz der Allgemeinheit gestellt werden - und somit unbeabsichtigt einen gewissen Täterschutz bedeuten?.“ Datenschutz dürfe nicht zum Schutz von Straftätern führen, so Kessing. „Eine Videoüberwachung dient nicht dazu, unschuldige Bürgerinnen und Bürger zu überwachen, sondern ist ein gezieltes Instrument zur Prävention und Aufklärung von Straftaten.“ Mit Maßnahmen wie der anonymisierten Speicherung von Bildmaterial und der strikten Begrenzung des Zugriffs, könnten Datenschutz und Sicherheit Hand in Hand gehen.
„Die Menschen wollen nicht nur sicher von A nach B kommen, sondern sich auch vor Übergriffen und Kriminalität geschützt fühlen. Bedauerlicherweise kann die Stadt diesem Bedürfnis aufgrund der vorliegenden Entscheidungen der Polizei nicht im angemessenem Maße entgegengekommen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt werden können“, so Kessing an die Abgeordneten. „Aus diesem Grund bitte ich Sie, unser Anliegen an geeigneter Stelle vorzutragen und sich dafür einzusetzen, dass die rechtlichen Voraussetzungen zur Einrichtung von Videoüberwachung deutlich erleichtert werden und insbesondere den Kommunen im Interesse ihrer Bürgerschaft die notwendige Handlungsfreiheit und -befugnis erhalten können.“
Die Maßnahmen, die die Stadt in eigener Zuständigkeit ergreifen könne, wie beispielsweise die Einrichtung eines Kommunalen Ordnungsdienstes sowie die Ausleuchtung dunkler Bereiche, seien bereits durch entsprechende Beschlüsse der zuständigen Gremien initiiert worden.
Vogt sichert Hilfe zu
Eine Antwort auf den Brief ist bereits eingegangen. Darin sichert der CDU-Landtagsabgeordnete Tobias Vogt der Stadt Bietigheim-Bissingen seine volle Unterstützung zu, um die geplante Videoüberwachung am Bahnhof und am Enzpavillon doch zu ermöglichen. „Wenn das Gesetz solche Videoüberwachungen nicht zulässt, muss das Gesetz schleunigst geändert werden“, erklärte der CDU-Abgeordnete. Die Sicherheit der Bürger müsse oberste Priorität haben. Er habe auch bereits Innenminister Strobl gebeten, die Entscheidung der Polizei umgehend zu überprüfen. „Dass es anderswo vielleicht schlimmer ist, darf doch nicht dazu führen, an diesen unübersichtlichen und hoch frequentierten Örtlichkeiten Abstriche bei der Sicherheit machen zu müssen“, sagt Vogt.
Der CDU-Politiker erklärt weiter, dass er den Innenminister außerdem gebeten habe, kurzfristig einen Vorschlag zu unterbreiten, wie die bestehenden gesetzlichen Grundlagen zur Videoüberwachung geändert werden können, und kündigt an, dass die CDU-Landtagsfraktion eine Gesetzesänderung auf den Weg bringen werde.
